Auch wirtschaftliche Aspekte sind bei der Informationsbeschaffung relevant:

Der Anwender zahlt nur für erfolgreiche Recherchen

27.11.1987

Informationsbeschaffung über Online-Datenbanken muß für ein Unternehmen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten akzeptabel sein. Einer der wichtigsten Punkte ist es folglich, zunächst einmal ein exaktes Pflichtenheft zu erstellen. Ulrich Grosse* gibt Tips. was potentielle Nutzer bei dieser Aufgabe beachten müssen.

Die Frage, inwieweit die Existenz der einzelnen Datenbankpools, und ihre Organisationsformen, Inhalte sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten auf das betriebliche Geschehen den Bedarfsträgern bekannt sind, ist ein Thema für sich. Untersuchungen in Großbritannien zeigen, daß die Akzeptanz von Datenbanken dort hoch ist, wo die Datenbank dem "Informations-Verbraucher" bekannt ist oder einmal zufriedenstellende Ergebnisse von Datenbankrecherchen vorgelegen haben.

Gründe für die bisherige Zurückhaltung liegen vermutlich bei der in Deutschland hohen Qualität der vorhandenen Informationsinfrastruktur und ihren herkömmlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Fachmessen, Verbände, Unternehmensberatungen etc.) Traditionell werden diese Informationen und Informationsprodukte meist "kostenlos" abgegeben. In der Öffentlichkeit entstand somit das Bild von der kostenfreien Verfügbarkeit unternehmensrelevanter Daten oder zumindest durch Subventionen verbilligter Informationen. Weitere Gründe liegen in der Unaufmerksamkeit gegenüber Veränderungen im IV-Bereich. Diese Einstellung dürfte allerdings binnen kurzem einem völlig veränderten Denken und Verhalten der "Generation unter 40" Platz machen.

Viele Unternehmen scheuen den Schritt nach vorne

Tatsache ist: Viele Firmen scheuen sich, eine Datenbankrecherche und weitere Datenbankdienste aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten in Auftrag zu geben. Im Vergleich zu dem Potential an Bedarfsträgern, den Führungskräften und Mitarbeitern, gibt es auch nur wenige Unternehmen, die riskieren, jetzt schon Erfahrungen mit diesem innovativen Werkzeug zu machen; also einen unternehmenseigenen Zugriff auf die Datenbanken einzurichten beziehungsweise ein Budget für diese ..Wagnisse aufzustellen. Informationsvorsprung als Träger des Unternehmensfortschritts oder der Vergleich von herkömmlicher, manueller mit der computerunterstützten Informationsbeschaffung - bisher endeten solche Gedankengänge noch nicht in einer realistischen Kosten/Nutzen-Betrachtung, wie sie in den anderen Ländern schon seit längerem üblich ist.

Kosten können hier auf zweierlei Weise entstehen: Das Unternehmen kauft die Datenbankrecherche, also die gewünschte Information, ihre Aufbereitung sowie weitere Dienste als Produkt. Oder die Datenbanken werden planmäßig und kontinuierlich in eigener Regie durchsucht und somit die Suchergebnisse eigenständig erarbeitet und aufbereitet. Hierbei sollte unterschieden werden, ob eine innerbetriebliche Informationsvermittlungsstelle aufgebaut wird oder ob der eigentliche Bedarfsträger, also der Endnutzer, die Recherchen selbst vornimmt.

Die Frage lnformationsvermittlung durch einen externen Informationsbroker oder intern durch einen unmittelbaren Online-Zugriff auf die unternehmens- oder aufgabenspezifischen Datenbanken" stellt sich für ein Unternehmen ähnlich wie die Frage nach einer eigenen Transportkapazität versus Speditionsbeauftragung. Es sind also auch Mischformen denkbar, oft abhängig von der Struktur, den Standorten und den Aufgabenstellungen des einzelnen Unternehmens beziehungsweise seiner Einheiten.

Wie bei der Entscheidung für oder gegen den PC-Einsatz im Unternehmen sollte auch der Nutzung von Online-Datenbanken eine gründliche Analyse vorausgehen: Es ist zu prüfen, ob die Informationsbeschaffung nicht extern über qualifizierte Informationsbroker oder ähnliche Stellen wirtschaftlicher ist als der Direktzugriff über einen eigenen Online-Anschluß.

Abhängig davon muß der Informationsbedarf und die Beschaffenheit der Fragestellung festgelegt werden. In diese Entscheidung sollten auch die Fachbereiche miteinbezogen sein, auf die sich die Fragen beziehen. Weiter ist festzustellen, bei welchen Hosts die jeweils geeigneten Datenbanken verfügbar sind und mit welchen Abfragesprachen beziehungsweise Retrieval-Systemen in ihnen gesucht werden muß.

Aus Kostengründen empfiehlt es sich, ein Pflichtenheft zu erstellen, das die für ein Unternehmen oder für bestimmte Aufgabenstellungen in Betracht kommenden Datenbanken erfaßt. Hierbei muß auch die zweckmäßigste Ansteuerung auf den Host festgelegt werden. In einem nächsten Schritt sind die Anforderungen für eine Übernahme der Ergebnisse in die eigenen Datenbank zu formulieren.

In einem solchen Pflichtenheft sollten ebenso die Anforderungen an die Hard- und Software auf der Anwenderseite enthalten sein. Sie können zu erheblichen Kosteneinsparungen beitragen. Erfahrungsgemäß nimmt die Anschaffung der Hardware, zum Beispiel eines Terminals, für den Direktzugriff auf die Datenbanken nur den geringsten Posten ein. Auch die einmal erworbene Kommunikations- und Weiterverarbeitungs-Software macht nur einen kleinen Teil der Kostenrechnung aus.

Das Datenbankangebot umfaßt weltweit derzeit schätzungsweise 3500 Datenbanken von 1000 Herstellern, die bei zirka 500 Datenbankanbietern (Hosts) verfügbar sind. Der Zugriff erfolgt über ein Netz, in der Bundesrepublik normalerweise über Datex-P. Von diesen Diensten sind für deutsche Unternehmen nur wenige hundert, von den Hosts vielleicht nur ein Dutzend interessant. Einige davon werden mit öffentlichen Mitteln unterstützt, andere wiederum arbeiten nach kaufmännischen Grundsätzen mit der Absicht der Gewinnerzielung.

Recherche-Aufträge werden VOII Informationsvermittlern je nach Fall zu einem Preis zwischen 200 und 2000 Mark durchgeführt; ein anerkannter Durchschnittswert liegt der zeit bei 850 Mark. Die Suchergebnisse werden in einer eigenen Ausarbeitung ("Broschüre") zusammengefaßt. Auf Wunsch werden auch Volltexte versandt, die gesondert berechnet werden; insbesondere dann, wenn es sich um schwer beschaffbare, teure Unterlagen handelt.

Will ein Interessent, zum Beispiel ein Unternehmen, eine eigene Informationsvermittlungsstelle aufbauen, muß er über die entsprechenden Anlagen und Geräte (Hardware) verfügen sowie über unterstützende Software, Fachpersonal, Know-how und über Beratungs- beziehungsweise Servicekapazität.

*Dr. Ulrich Grosse ist Geschäftsführender Gesellschafter der IRS Info-Institut GmbH: München.

Die Kostensituationen im Überblick

Einmalige Kosten

(Sie hängen nicht oder nur begrenzt von der Datenbanknutzung ab.)

- Analyse und Pflichtenheft

- Baumaßnahmen

- Büroausstattung (Möbel, Zubehör)

- Installationskosten

- Umstellungskosten (innerbetriebliche Werbeträger, Formulare, Abrechung)

- Erteilung der Host-Zugangsberechtigung

- Subskriptionsgebühr oder Pauschal- beziehungsweise Mindestgebühren (nur bei einigen Datenbanken oder Hosts)

- Schulungen (Einführungsseminare: Datenbanken und Hosts, Reisekosten)

- Hostcomputer-Schulungsmaterial (Systemhandbücher, Softwarehandbücher)

- Datenbank-lnstruktionsmaterial (Benutzungshilfen, Fachvokabular wie Klassifikationen und Thesauri, Firmen-/Quellenverzeichnisse)

- Handapparat (Sprachwörterbücher, Lexika, Fachwörterbücher)

Laufende Kosten pro Monat

Laufende Betriebskosten

- Maschinenbetrieb (zum Beispiel Strom)

- Datenbank-Nutzungsgebühr (sogenannte Royalties)

- Host-Nutzungsgebühr (wird meist zusammen mit den Royalties abgerechnet)

- Netzanschluß (Grundgebühr)

-Zusätzlicher Telefon-Hauptanschluß (Grundgebühr)

- Zusätzliche Telefongebühr (Netzbetrieb für die Datenübertragung und Telefongespräche, zum Beispiel mit dem Help-Desk, einer Unterstützung der Datenbankanbieter bei Recherchierschwierigkeiten)

- Online- und Offline-Zielinformationen (Ausdrucke der Datenbankergebnisse am eigenen Drucker oder am Hostdrucker)

- Abonnement-Recherchen (sogenannte SDI = selective dissemination of information; individuelle oder Standardprofile)

- Zusätzliches Porto

- Online-Volltextbestellungen (Kopien oder Originalveröffentlichungen, die in den Datenbanken in Kurzform gefunden wurden)

- Büromaterial (Papier, Thermopapier für TerminaIs, Farbbänder)

- Arbeitsplatz

Personal und Weiterbildung

- Informationsmaterial

- Fortbildungsveranstaltungen, Seminare, Tagungen (Datenbanken, Hosts, Berater und Verbände, Reisekosten)

- Fachzeitschriften, Fachbücher

- Vereinsbeiträge für Fachverbände

- Anwenderbetreuung

Abschreibungen

- Hardware: Terminal oder PC - Drucker

- Akustikkoppler oder Modem (für den Anschluß ans Netz)

- Software: Kommunikationssoftware

- Weiterverarbeitungsprogramme (Datenbankprogramme, Controlling, programmierte Unterweisung)

Leasingrate Finanzierungskosten (Zinsen)

Wartungsvertrag (Hardware und Software)

Versicherungen

Die durchschnittlichen Stundenpreise für die Recherche in den Datenbanken liegen weltweit ziemlich einheitlich zwischen 150 und 200 Mark. Online-/Offline-Ausdrucke werden mit etwa 60 bis 90 Pfennig je Stück berechnet. Es kann sich aber auch bei einigen Datenbanken um einzelne Geschäftsberichte handeln, die 100 Dollar und mehr kosten. Datenbankhersteller und Hosts geben unterschiedliche Preisnachlässe, die den jeweils gültige Preislisten zu entnehmen sind und meist im voraus vereinbart werden müssen (Mindestabnahme, Subskription der gedruckten Dienste).

Die Datenübertragungskosten sind abhängig von der gewählten oder möglichen Übertragungsgeschwindigkeit, von der Menge der übertragenen Daten und der Übertragungszeit, (innerhalb Europas zirka 20 Mark, bei außereuropäischen Verbindungen, normalerweise in die USA, zirka 50 Mark je Stunde).

Die Unterstützungssoftware kostet einmalig bis zu einige hundert Mark, ebenso die Benutzungshilfen. Oft schon nach ein bis zwei Jahren kommen neue Versionen auf den Markt. Schulungsveranstaltungen werden mit mehreren hundert Mark berechnet, Auffrischungskurse liegen niedriger.

Die Erfahrungen und Angaben über unternehmenseigene Datenbankrecherchen sind sehr unterschiedlich und schwanken zwischen 15 Minuten reiner Verbindungszeit und einer Stunde. Dies hängt vom Kenntnisstand, der Qualität der Vorbereitung und der technischen Einrichtung ab.

Bei der Analyse und der Erstellung des Pflichtenhefts, ferner bei der Auswahl der geeigneten Datenbanken, der Hard- und Software sowie der günstigsten Übertragungswege kann ein erfahrener Informationsberater wertvolle Hilfe leisten, auch um Kosten zu sparen.

Zur Ermittlung der Anforderungen ist es zweckmäßig, möglichst viele Mitarbeiter oder Einheiten im Betrieb auf ihren Informationsbedarf hin abzufragen und ein entsprechendes Informationsprofil -gegebenenfalls mit Hilfe des außenstehenden Beraters - zu erstellen. Der Informationsberater kann insbesondere abschätzen, wo der zentrale Informationsbedarf durch einen unternehmenseigenen Online-Zugriff sichergestellt ist. Periphere Fragestellungen, neue Problembereiche oder Entwicklungsfelder können hingegen durch Vermittlungsaufträge optimal abgedeckt werden.

Auf diese Weise lassen sich auch am besten Aussagen über die Wirtschaftlichkeit erzielen. Die Diskussion über die Kosten/Nutzen-Relation und ihre Bedeutung für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmen wird in der Fachwelt und in einzelnen Unternehmen bereits intensiv geführt und durch zahlreiche Untersuchungen immer wieder belebt. Gleiches gilt, wenn es um die Frage geht, ob herkömmliche manuelle Methoden der Informationsbeschaffung, wie sie meist noch in den Industrieunternehmen üblich sind, mit denen der elektronischen Informationsrecherche in Datenbanken zu vergleichen sind.

Angesichts des enorm gewachsenen Informationsangebots an und in den Datenbanken ist es erstaunlich, daß diese heißen Quellen in manchen Unternehmen trotz des hohen Informationsbedarfs noch so zögerlich genutzt werden. So viel steht fest: Informationsbedarf, Preis und Risiko beziehungsweise die Chance, die benötigte Information zu erhalten, werden die Entwicklung der Datenbanknutzung im Unternehmen in nächster Zukunft bestimmen.

Das rasche Wachstum von Online-Diensten beweist, daß viele Unternehmen Online-Recherchen für kosteneffektiv halten. Das heißt, daß für den Online-Kunden, der Datenbankrecherchen durchführt oder durchführen läßt, der Wert der gesuchten Information über den Kosten liegt. Denn letzten Endes bezahlt auch er nur das, was für ihn Wert hat.