Den Zahlungsverkehr automatisieren

12.09.1975

Franz Axtner, Leiter der EDV-Abteilung der Rechenzentrale Bayerischer Genossenschaften (RZBG), München

Es war schon immer Bestreben der Banken für den Problemkreis Zahlungsverkehr bessere Abwicklungsmöglichkeiten zu finden. Der Rationalisierungsgrad und der Rationalisierungserfolg erreichte bei diesen Bemühungen je nach den gegebenen Möglichkeiten die verschiedensten Stufen. Von einer dieser Stufen spricht man seit etwa einem Jahrzehnt. Es ist dies der Begriff des Belegclearings oder der Belegautomation.

Belegautomation

Ziel dieses Belegclearings ist es, den Massenzahlungsverkehr, wie z. B. Schecks und Überweisungen, nicht mehr in der bisherigen manuellen Form, sondern maschinell zu bearbeiten. Der gewünschte Erfolg bei Diesen Bemühungen konnte größtenteils erreicht werden. Warum kein 100prozentiger Erfolgt erreicht wurde, liegt daran, daß dieses Verfahren zeitaufwendig und kostspielig ist. Der Vorteil gegenüber dem herkömmlichen Verfahrensmodus ist darin zu sehen, daß in gewissem Umfang Personalkosten durch Sachkosten ersetzt werden. Das gewinnt bei längerfristiger Betrachtung an Bedeutung. Nachteil dieses technisierten Verfahrens ist es, daß ein kostengünstigerer Einsatzpunkt erst erreicht wird, wenn entsprechende Mengen darüber verarbeitet werden.

Das Problem

Was muß getan werden, um den Einsatz eines derartigen Systems zu rechtfertigen und dessen Effektivität zu steigern?

1. Problem: Um als Gesamtsystem funktionsfähig zu sein, muß ein geschlossener Kreislauf erreicht werden. Der Kreislauf kann aber nur mit der Durchsetzung der generellen Codierpflicht geschlossen werden. Dieser Prozeß ist zur Zeit voll im Gange und muß noch weiterhin verstärkt betrieben werden.

2. Problem: Neben der generellen Codierpflicht ist die Qualität des codierten Materials ausschlaggebend. In der Praxis stellt es sich sehr schwierig und langwierig dar, die Qualität des codierten Materials zu steigern.

3. und zugleich Hauptproblem bleibt der physische Transport des Beleggutes. Dieser Transport geschieht in der Regel durch die Bundespost. Da eine Abhängigkeit von diesem Faktor bestehen bleibt, kann keine schnellere maschinelle Abwicklung von Zahlungsverkehrsvorgängen mehr erreicht werden. Ausgehend von diesen 3 Problemen zeigen Teich ganz deutlich die Grenzen der Belegautomation.

Die Grenzen

Der Beleg und die Bearbeitung des Beleges sind absolut automationsfeindlich: denn er muß codiert, teilweise mehrfach erfaßt, mehrfach gelesen und mehrfach sortiert worden, bis er zum endgültigen Empfänger versandt werden kann.

Fazit: Kostengünstigere und vor allem auch schnellere Gesamtlösungen sind nicht mehr zu erreichen. Aus dieser Notwendigkeit heraus stellt sich die Frage nach einem Ausweg. Frage: Inwieweit läßt sich innerhalb des Zahlungsverkehrs auf den Beleg verzichten?

Der gangbare Weg wird im beleglosen Zahlungsverkehr bzw. Datenträgerclearing gesehen.

Datenträgerclearing

Der Grundgedanke des Datenträgerclearing beruht darauf, so viel Datenmaterial wie nur überhaupt Möglich beleglos zu verarbeiten. Es muß also als Ersatz für den Beleg ein anderes Ausgabemedium gefunden werden, auf dem dem Kunden in eindeutiger Form die erforderliche Information mitgeteilt wird. Die Lösung hierfür bietet der zusätzliche Text auf dem Tagesauszug der Bank.

In der Praxis sieht das so aus: Neben dem Betrag und den sonstiger Angaben auf dem Tagesauszug der Bank für den Kunden wird zusätzlich im Klartext, zum Beispiel Miete Monat August, Süddeutsche Zeitung 3. Quartal, Bausparkasse Vertragsnummer 123 usw., angeschrieben.

Diese Information reicht von der Aussagefähigkeit her aus. Für den Kunden ergibt sich zugegebenermaßen ein gewisser Umgewöhnungseffekt, da er keinen Beleg mehr erhält. Der Kunde muß davon überzeugt und daran gewöhnt werden, daß er nur noch dann einen Beleg erhält, wenn der Tagesauszug der Bank mit seinen Möglichkeiten als Informationsträger nicht mehr genügend Platz bietet.

Die Realisierung

Um ein derartiges Verfahren realisieren und bundesweit einführen zu können, war es erforderlich, eindeutige Konventionen für den Datenträgeraustausch festzulegen. Erste Voraussetzung hierfür war die Entwicklung eines einheitlichen Datenträgersatzes. Dies war bei der Geburtsstunde des Datenträgerclearings nicht möglich, da die einzelnen Bankgruppen verbissen an der Idee des eigenen Lagers festgehalten haben. Erst im jetzigen Kindesalter des Datenträgeraustausches wurde Einigung darüber erzielt, daß ein Einheitssatz ab 1. 1. 1976 zum Einsatz gelangt.

Die Möglichkeiten

Welche Möglichkeiten bietet das Datenträgerclearing?

Besonders geeignet hierfür ist der sogenannte Massenzahlungsverkehr, der nach heutigen Erfahrungswerten zirka 30 Prozent des gesamten Überweisungs- und Lastschriftvolumens umfaßt. Darunter versteht man zum Beispiel Renten, Kindergeld, Rundfunkgebühren, Versicherungsbeiträge usw. Diese können problemlos und eindeutig gekennzeichnet werden, was die Voraussetzung für ein belegloses Weiterverarbeiten schafft.

Die Abwicklung

Wie wird der beleglose Zahlungsverkehr abgewickelt?

Der Datenaustausch erfolgt in der Regel über Magnetbänder.

Voraussetzung hierfür ist, daß diese Medien nach den bundeseinheitlichen Datenträgeraustausch-Konventionen beschriftet sind. Anstelle des Versandes der Belege tritt der Austausch der Magnetbänder. Auf dem Magnetband sind die Daten in komprimierter Form bei gleichem Inhalt aufgezeichnet mit dem zusätzlichen Vorteil eines sicheren und schnellen Datenträgers. Die Weiterverarbeitung der Daten beim Empfänger vom Magnetband ist wesentlich schneller als die teueren Lese- und Sortierverfahren und Einrichtungen, die für die Bearbeitung der Belege erforderlich sind.

Ein Belegausdruck beim Empfänger erfolgt nur noch dann, wenn keine eindeutige Kennzeichnung für eine beleglose Verarbeitung gewährleistet ist. Das Problem bei diesem Verfahren bleibt nach wie vor, daß zwar nicht mehr die Belege, aber doch die Magnetbänder als Datenträger transportiert werden müssen.

Die Zukunft

Um dieses Verfahren gegenüber der heutigen Form noch weiter beschleunigen zu können, muß also ein Weg gefunden werden, daß der Transport der Magnetbänder wegfällt und das Magnetband am Entstehungsort verbleiben kann. In unserem genossenschaftlichen Sektor hat dies zu den Überlegungen geführt, daß ein genossenschaftliches Datenfernverarbeitungsnetz von und zu den einzelnen beteiligten Instituten über die Rechenzentralen aufgebaut werden muß. Erst mit diesem Schritt wird erreicht, daß die herkömmlichen, schwerfälligen Transportmittel umgangen werden können, was eine spürbare Beschleunigung des Zahlungsverkehrs nach sich ziehen würde.