Den Unix-Stab im MVS-Tornister

22.06.1990

Boom in der Bundesrepublik: Die Arbeitslosenzahlen schrumpfen, die Unternehmensgewinne steigen, die Steuern sinken (vielleicht) und auch die IuK-Industrie darf aufhören zu jammern. Ganz normal, das heißt, ab und zu auch von Rückgängen heimgesucht, waren sich die einstigen Highflyer seit einiger Zeit schon vorgekommen.

Anlagen- sowie Hoch- und Tiefbau hatten die Hard- und Software-lndustriellen nach jahrelanger Wachstumsdominanz auf hintere Plätze verwiesen, von wo aus sie nun erneut auf immerhin mittlere und wieder ansteigende Margen hoffen können. Die Indikatoren für eine derartige Prognose liefert der Stellenmarkt.

Offensichtlich wird auch wieder in informationstechnisches Equipment investiert. An erster Position der Stellenangebote rangieren nämlich die für Vertriebsleute. Da sich die DV-Branche bisher nicht gerade durch antizyklisches Verhalten hervorgetan hat, muß dies auf einen vor Jahresfrist noch ungeahnten Nachfragestau hinweisen.

Glück im Unglück für so manchen Nixdorf-Geschädigten, und auch andere Outsourcing-Opfer dürfen wieder Hoffnung schöpfen, falIs sie in Cund Cobol programmieren können, falIs sie der Botschaft von den kommenden offenen Systemen nicht nur andächtig oder ungläubig gelauscht, sondern Unix-Aktivitäten ergriffen haben. Wenn sie nämlich neben MVS heute eine seriöse Grundlage in Unix vorzuweisen haben und inzwischen selbstverständliche PC-Kenntnisse, dann dürfte ihnen der nächste Senkrechtstart schon wieder ins Haus stehen, besonders dann, wenn sie sich auf dem glatten Management-Parkett bewegen können .

Alles klar, der erfolgreiche DV-Mann sieht derzeit so aus:

erste Berufserfahrung in der Elektro- oder Elektronikindustrie, Profilierung als Verkaufskanone in der Branche Banken und Versicherungen,

festverdrahtete Kenntnisse in MVS und Cobol, als MS-DOS-Experte siegreich aus einer Vater-Sohn-Konkurrenz hervorgegangen,

Unix-Fan seit Studienzeiten und seit fünf Jahren zuständig für strategische Produkte,

nur Marketing könnte noch als Herausforderung gelten.

Und Management war sein Hobby, seit er als Systemanalytiker ein Management-Informations-System auf der Basis von System V für den Chef-Trouble-Shouter der Freiwilligen Feuerwehr in Hoch-Traben-Trabach entwickelt hat.

Alles klar?