Den Know-how-Transfer im Visier Daimler-Benz investiert in die Objekttechnik-Company Ontos

14.10.1994

MUENCHEN (qua) - Die Daimler-Benz AG, Stuttgart, hat sich mit fuenf Millionen Dollar an der Ontos Inc. beteiligt. Im Gegenzug wird der Anbieter des objektorientierten Datenbanksystems "Ontos/DB" dem schwaebischen Technologiekonzern Know-how und Kapazitaeten fuer die Entwicklung einer objektbasierten IT-Infrastruktur bereitstellen. Offenbar meinen es die Stuttgarter ernst mit ihrem Bekenntnis zur Objekttechnik (OT). Ende vergangenen Monats erst hatten sie ihre Mitgliedschaft in der Object Management Group (OMG) angekuendigt (siehe CW Nr. 40 vom 7. Oktober 1994, Seite 12). Knapp zwei Wochen spaeter teilen sie nun der Oeffentlichkeit mit, dass sie sich an einem kleinen US-amerikanischen OT-Spezialisten beteiligt haben.

Nach Angaben des bislang einzigen deutschen Ontos-Distributors, der Gopas GmbH, Muenchen, beteiligt sich Daimler trotz der Fuenf- Millionen-Dollar-Investition mit weniger als 20 Prozent an Ontos; das Unternehmen sei zur Zeit sehr hoch bewertet.

Wie die Vertragspartner mitteilen, haben sie ein "virtuelles" Unternehmen ins Leben gerufen, dessen Ziel es sei, Objekttechnik der naechsten Generation mit existierenden Informationssystemen zu verbinden. Auf diese Weise sollen die Benutzer in die Lage versetzt werden, "aktive" Netzanwendungen ueber das gesamte Unternehmen hinweg zu verteilen und gemeinsam zu nutzen.

Im Klartext: Ontos wird Daimler-Benz dabei behilflich sein, eine objektbasierte Infrastruktur fuer die unternehmensweiten Informationen zu erstellen. Die Amerikaner hoffen davon zu profitieren, indem sie Einblick in die unterschiedlichen Fachbereiche eines Grossunternehmens erhalten. Auf der Basis dieser Erfahrungen wollen sie im Rahmen ihrer "Object-Cohesive- Enterprise"-Strategie aehnliche Loesungen auch an andere Anwenderunternehmen vermarkten.

Object Cohesive Enterprise ist die Bezeichnung fuer ein Konzept, mit dem Ontos sowohl objektorientierte als auch konventionelle Systeme miteinander in Einklang bringen will. Dreh- und Angelpunkt dieser Strategie ist die kuerzlich angekuendigte Version 3.0 von Ontos/DB, deren "Virtual Information Architecture" (VIA) es laut Anbieter ermoeglicht, auch auf Daten aus nichtobjektorientierten DB-Systemen zuzugreifen.

Offenbar ist hier der Grund fuer das Interesse der Schwaben an der kleinen OT-Company zu suchen. "Unser Kerngeschaeft erfordert es, unmittelbar auf unsere Kunden zu reagieren, um schnell hochwertige und preisguenstige Produkte fuer wettbewerbsintensive Maerkte zu entwickeln", erlaeutert Gerhard Barth, Leiter des Forschungsbereichs Informationstechnik. "Deshalb muessen wir unsere Anwender mit robusten, leicht zu handhabenden Applikationen versorgen, die auf unterschiedliche Datenbanken innerhalb des Unternehmens zugreifen koennen."

Der groesste deutsche Industriekonzern hat Ontos seit dem vergangenen Jahr im Einsatz. Im Zusammenhang mit der "Prostep"- Initiative der deutschen Automobilindustrie arbeiten die Stuttgarter bereits seit 1991 mit dem Ontos-Vertriebspartner Gopas zusammen, dessen Werkzeug "Express Lab" sie mittlerweile ebenfalls nutzen. Eigenen Angaben zufolge will Gopas-Geschaeftsfuehrer Christoph Mathis das Ontos-Datenbanksystem weiterhin vermarkten. Ob er die Distributionsrechte kuenftig mit der Daimler-Tochter Debis teilen muss, sei noch Gegenstand der Verhandlungen.