Den IT-Dienstleistern geht es schlecht

09.10.2002
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Stimmung unter den IT-Dienstleistern ist trübe. Nachdem das Münchner Ifo-Institut in seiner vorletzten Befragung noch einen leichten Hoffnungsschimmer registrierte, zeigt sich die Branche in der neuesten Befragung enttäuscht vom Verlauf des zweiten Quartals 2002.
Geschäftserwartungen der nächsten sechs Monate: Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen rechnet im nächsten Halbjahr mit einer Verbesserung der Situation. 19 Prozent rechnen mit einem ungünstigeren Verlauf. Quelle: Ifo Institut
Geschäftserwartungen der nächsten sechs Monate: Etwa ein Drittel der befragten Unternehmen rechnet im nächsten Halbjahr mit einer Verbesserung der Situation. 19 Prozent rechnen mit einem ungünstigeren Verlauf. Quelle: Ifo Institut

Die positiven Erwartungen aus dem ersten Vierteljahr 2002 haben sich nicht erfüllt. Bei der Befragung der IT-Dienstleistungsbranche im April und Mai dieses Jahres hatte das Münchner Ifo-Institut erstmals seit langem wieder Optimismus erkennen können. Die Zahl der Unternehmen, die hoffnungsvoll in die kommenden sechs Monate blickten, hatte damals erstmals seit fünf Quartalen wieder zugenommen und erreichte den Wert von 45 Prozent. Doch das ist Schnee von gestern. Die aktuellen, zwischen Juli und August erhobenen Werte zeigen, dass die Branche wieder in die mittlerweile gewohnte Skepsis zurückgefallen ist: 33 Prozent der Unternehmen erwarten in den kommenden sechs Monaten zwar eine Verbesserung der Geschäftslage. Allerdings schätzen auch 19 Prozent den kommenden Verlauf als ungünstig ein. Immerhin besteht hier noch eine Mehrheit von Optimisten.

Die Großen sind zufrieden

Bei der Auswertung der Antworten zur aktuellen Geschäftslage ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Hier überwiegt die Zahl der negativen Urteile. Lediglich 18 Prozent der 301 teilnehmenden Unternehmen beurteilten den Geschäftsverlauf des zweiten Quartals 2002 als gut, 53 nannten ihn befriedigend, und 29 Prozent empfanden die Situation als schlecht. Damit hat sich binnen Jahresfrist der Anteil der negativen Einschätzungen verdreifacht und innerhalb einer Zweijahresfrist sogar verfünffacht - kein Wunder, denn per saldo registrierte jedes fünfte Unternehmen ein Umsatzminus.

Die Urteile fallen je nach Unternehmensgröße allerdings unterschiedlich aus. Große IT-Dienstleister mit einem Umsatzvolumen von mehr als 50 Millionen Euro verzeichneten einen leichten Zuwachs bei Umsatz und Nachfrage - hier überwiegt laut Ifo-Institut der Optimismus. Kleinere Anbieter hatten hingegen mit rückläufigen Einnahmen und Auftragseingängen zu kämpfen. Sie erwarten auch keine durchgreifende Wendung zum Besseren, sondern rechnen mit einem weiteren Umsatzverfall.

Bei all den schlechten Nachrichten gibt es nur einen schwachen Lichtblick: Das Minus beim Auftragseingang der gesamten Branche verringert sich. Im ersten Quartal 2002 war die Nachfrage noch um 20 Prozent eingebrochen. Im jüngsten Umfragezeitraum schmolz die Zahl auf minus zehn Prozent. Damit einher geht der Abbau der Auftragsbestände. Jedes zweite befragte Unternehmen erachtet die Reserven als zu klein. 60 Prozent beklagten fehlende Aufträge und bezeichneten dies als Gefährdung ihrer Geschäftstätigkeit.

Impulse für mehr Beschäftigung sind von der Branche in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Zwar stellte noch jeder zehnte Dienstleister Personal ein, 30 Prozent der Anbieter entließen jedoch. Besonders stark betroffen waren die Mitarbeiter in mittleren Unternehmen mit einem Umsatz von zehn bis 25 Millionen Euro. Hier war die Stellenzahl im Berichtszeitraum um mehr als vier Prozent rückläufig. Unterm Strich ging die Zahl der Arbeitnehmer im IT-Dienstleistungsgeschäft um zwei Prozent zurück, und sie wird weiter fallen (minus sieben Prozent). Die Klagen über den Fachkräftemangel sind nahezu vollständig verklungen.

Lediglich sechs Prozent der Unternehmen können Projekte nicht ohne weiteres besetzen, weil ihnen Spezialisten fehlen. Zu Spitzenzeiten, Ende 1998, waren es nahezu 60 Prozent. Aus den gesamten Ergebnissen der aktuellen Erhebung formulierte das Ifo-Institut folgendes Urteil: „Es gibt durchaus Anzeichen, dass die Talsohle im Lauf des Jahres 2002 durchschritten wird.“