Interview/

Dem Power-User reicht der PC nicht aus

09.08.1996

CW: Obwohl Sun mit Java im Vorjahr eine revolutionäre und sehr erfolgreiche Technik vorstellte, betrug das Umsatzwachstum nur rund 20 Prozent. Microsoft steigerte sich um mehr als 40 Prozent. Hängt die Gates-Company die Branche ab?

Krings: Das glaube ich nicht. Sie vergleichen Firmen, die in der Form eigentlich nicht vergleichbar sind. Microsoft macht seinen Umsatz insbesondere mit Lizenzen für Applikationssoftware, in diesem Markt sind wir überhaupt nicht aktiv. Wenn Sie Sun als Ganzes nehmen, erzielen wir rund 75 Prozent unserer Einnahmen mit dem Verkauf von Hardware. Als Systemlieferant sehen wir unsere Zahlen vor dem Hintergrund, wie entwickelt sich der IT-Systemmarkt? Und da habe ich schon den Eindruck, daß wir überdurchschnittlich gut abschneiden und nach wie vor Marktanteile hinzugewinnen.

CW: Aber Ihre Java-Kampagne...

Krings:...ist gar nicht als Softwaregeschäft gedacht. Wir lizenzieren an unsere Mitbewerber die Rechte, dem Endanwender stellen wir die Software kostenlos zu Verfügung. Nur derjenige, der das Produkt kommerziell nutzen möchte, muß uns etwas bezahlen. Es gibt ja fast noch keine Java-basierenden Produkte zu kaufen, und das wäre erst der Zeitpunkt, von dem an wir Lizenzeinnahmen erzielen könnten.

CW: Auf der anderen Seite haben Sie Intel als Konkurrenten, der sein Platinengeschäft zunehmend ausweitet.

Krings: Die Erregung einiger großer Intel-Kunden in den letzten Jahren beweist, daß Intel dabei ist, einigen seiner Kunden die Basis zu entziehen. In der Kombination seiner Chips mit NT ist Intel natürlich für uns schon ein Konkurrent. Das Geschäft mit Arbeitsplatz-Servern, denken Sie an die Erfolge von Compaq, hätte vor einigen Jahren primär im Unix-Umfeld stattgefunden. Dieser Teil des Marktes ist nun mehr oder weniger in Intels Hand. Aber parallel dazu ist Unix nach oben abgewandert als, wenn Sie so wollen, die Mainframe-Alternative.

CW: Wieso hört man dann nichts mehr von Unix, während alle Welt von NT spricht?

Krings: Ja, es ist ruhig geworden. Es gibt zwar eine Reihe von Firmen, die nach wie vor eine Unix-Produktlinie haben, aber einige von denen sind eben auch PC-Hersteller.

CW: Wen meinen Sie damit?

Krings: Wenn ich an HP denke oder an die IBM oder DEC, dann sind die als PC-Anbieter gut beraten, die NT-Fahne hochzuhalten. Sonst wären sie dabei, einen exotischen PC zu verkaufen.

CW: Die Genannten leben aber doch nicht nur von PCs.

Krings: Aber wesentliche Teile des Umsatzes stammen aus dem PC-Umfeld.

CW: Andererseits hat Intel mit dem Pentium Pro einen Prozessor auf den Markt gebracht, der sich sehr gut für Workstations eignet.

Krings: Generell haben PCs in den vergangenen Jahren an Leistung dazugewonnen und erledigen heute Aufgaben, die früher in die Workstation-Domäne fielen. Gleichzeitig brauchen die klassischen Workstations-Anwendungen heute mehr Rechen- und Grafikleistung. Dem Power-User reicht die Leistungsfähigkeit der PCs nicht aus.

CW: Sun setzt beim Betriebssystem weiter ausschließlich auf Solaris und liebäugelt nicht mit NT?

Krings: Wir wissen, daß wir im heterogenen Umfeld mit NT kooperieren werden müssen, wie mit einigen anderen Betriebssystemen auch. Sun hat aber keinerlei Absicht, ein anderes Betriebssystem außer Solaris anzubieten. Wohlgemerkt vermarkten wir es sowohl für unsere eigene Plattform, die Sparc-Architektur, als auch für die Intel-Plattform und den Power-PC.

CW: Sun will die dominierende Server-Company werden. Wo müssen Sie die Leistungsfähigkeit erhöhen, wie ist die Marschrichtung?

Krings: In Deutschland werden heute zwei Drittel der Server im Unix-Umfeld von SNI geliefert. Das Ziel von Sun ist, bei wachsendem Geschäftsvolumen den Server-Anteil am Gesamtgeschäft systematisch auszubauen.

CW: Mit welchen Wachstumsraten rechnen Sie?

Krings: Das angestrebte Marktwachstum von 15 bis 25 Prozent je nach Region ist allein mit Workstations nicht zu erzielen. Dazu brauchen wir auch die Server.

CW: Das ist aber ein etwas anderes Geschäft.

Krings: Das haben wir in den vergangenen Jahren gelernt. Sie benötigen eine Vertriebsorganisation, die die Sprache des Kunden spricht, die Service- und Wartungskonzepte müssen den Ansprüchen dieser Kunden gerecht werden. Und das alles gilt es erst einmal aufzubauen.

Mit Helmut Krings von Sun Microsystems sprach CW-Redakteurin Kriemhilde Klippstätter.