Dem Itanium fehlt die kritische Masse

29.06.2005
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Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Der Itanium kämpft nicht nur gegen AMD, sondern auch gegen Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Darin sehen Experten ein Kernproblem. Beim Betrieb von 32-Bit-Anwendungen, der in den meisten Unternehmen noch die Regel ist, biete der Itanium ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis, erklärt Gartner-Analyst John Enck die Entwicklung. Diese Schwäche habe es dem Erzrivalen AMD erst ermöglicht, den Opteron-Prozessor im Markt zu etablieren. Das schlagende Argument für den Opteron heißt Investitionsschutz: Er verarbeitet sowohl 32-Bit- als auch 64-Bit-Programme ohne Modifikationen, eine Eigenschaft, die der Itanium nur mit erheblichen Einschränkungen vorweisen kann. Um die gleichen Vorzüge bieten zu können, sah sich Intel gezwungen, die AMD-Strategie nachzuahmen, und den 32-Bit-Xeon per EM64T aufzurüsten.

Intel-Sprecher Hans-Jürgen Werner räumt "Überlappungen" im Produktportfolio ein. Die habe es immer schon gegeben. Im Lowend hänge eine Kundenentscheidung zugunsten des Itanium stets von den Anwendungen ab, argumentiert er. Überschreite beispielsweise eine Datenbank die Speichergrenze von 4 GB, werde der Itanium interessant. Dessen ungeachtet positioniere Intel den Chip "in erster Linie als Risc-Replacement". Daran habe sich nichts geändert.

Starke Risc-Konkurrenz

Um langfristig erfolgreich zu sein, muss Intel den Itanium als bevorzugte Alternative zu IBMs Power- und Suns Sparc-Prozessoren entwickeln, kommentiert Gartner-Analyst Andrew Butler. Doch dazu fehle dem Chip die kritische Masse. Seiner Ansicht nach braucht Intel noch Jahre, bis der Itanium wenigstens die laufenden Kosten deckt.

Ob der Chipkonzern den etablierten Risc-Anbietern Paroli bieten kann, ist zumindest zweifelhaft. FSC-Manager Reger etwa verweist auf die große installierte Sparc-Basis mit Anwendungen unter dem Sun-Betriebssystem Solaris: "Die verschwinden nie." Bei genauer Betrachtung erscheint FSCs Itanium-Bekenntnis denn auch halbherzig: Um die Marktchancen seiner eigenen Sparc-Server nicht zu beeinträchtigen, positioniert der Hersteller Itanium-Server lediglich für zwei eng eingegrenzte Kundengruppen: einerseits TK-Unternehmen, die Linux-Plattformen für geschäftskritische Anwendungen nutzen, andererseits Kunden, die Windows-Umgebungen konsolidieren möchten. "Auf Itanium-Servern von FSC läuft nur Linux und Windows, auf Sparc ausschließlich Solaris", stellt Reger klar. Noch weniger Chancen gibt IBM-Manager Wendt dem Intel-Chip: "Sobald eine Installation eine bestimmte Größe erreicht, wählen Kunden lieber Unix." In diesem Fall kommen IBMs "P-Series"-Server ins Spiel, die fest mit den hauseigenen Power-Prozessoren verbunden sind.

Wachstum bis 2010