Dell will mehr vom Servicemarkt

06.05.2005
Das Geschäft mit hardwarenahen Arbeiten birgt für Dell viel Potenzial. Marktkenner bemängeln jedoch fehlende Branchen- und Lösungskompetenz.

Der Einstieg in den Servicemarkt hat sich für Dell gelohnt. Zwar erzielt der Direktanbieter nach wie vor rund 90 Prozent seines Gesamtumsatzes mit Hardware. Mit der Implementierung, Installation und Wartung von Systemen konnte er seine Serviceeinnahmen jedoch in den vergangenen Jahren verdreifachen. "Dieses Geschäft ist einer unserer wichtigsten Wachstumsmärkte", erklärt Stefan Bachmann, Director Services bei Dell.

Nicht mehr nur einfache Services

Mittlerweile bietet Dell auch professionelle Infrastrukturservices in den Bereichen Windows, Storage, Datenbanken und Linux an. Themen sind hier vor allem Migrations- und Konsolidierungsprojekte im Server- und Speicherumfeld. Darüber hinaus übernimmt der Direktanbieter im Rahmen von Managed Services Outtasking-Aufgaben, die vorher von der IT-Abteilung des Kunden erbracht wurden. So betreut Dell für den Finanzdienstleister Axa in Deutschland rund 8000 Desktop-PCs - gegen eine monatliche Gebühr pro System. Abgerundet wird das Portfolio von Support-Tätigkeiten (Reparaturen, Call-Center, Hotline) sowie Installations- und Implementierungsservices.

Als entscheidendes Erfolgsrezept gilt dabei die Partnerstrategie: Um Überkapazitäten zu vermeiden, unterhält Dell kein eigenes "Heer" von Technikern und Beratern, sondern tritt als Generalunternehmer auf, der die Services je nach Auftragslage bei Partnerfirmen einkauft. Derzeit sind bei Dell Services Deutschland rund 400 Mitarbeiter für das Projekt- und Partner-Management, den Support für Business-Kunden sowie für Infrastrukturberatung beschäftigt. Einfachere, personalintensive Dienstleistungen, die im Feld erbracht werden - von der Installation über den gesamten Lebenszyklus hinweg bis hin zur Wiederverwertung von Altgeräten - kauft Dell nach Bedarf hinzu.

Die Verantwortung trägt grundsätzlich Dell. Ein Beispiel ist der Bereich Deployment, in dem Dell mit Unisys und Getronics zusammenarbeitet: "Da wir die Systeme fertigen, ausliefern und installieren, liegt die Kontrolle über die gesamte Prozesskette bei uns. Egal, worum es geht - der Kunde hat nur einen Ansprechpartner", betont Bachmann. Auch Fixkosten durch Mitarbeiter, die zeitweise nicht im Einsatz sind, ließen sich so vermeiden.

Generell gilt Kostensenkung als oberstes Prinzip. Je nach Dienstleistung, dem Grad der Standardisierung und der Art und Weise, wie die jeweilige Tätigkeit vorher erledigt wurde, profitiert der Kunde laut Bachmann von Einsparungen zwischen 20 und 50 Prozent. Ein weiteres Argument sei die Servicequalität: "Wir arbeiten mit zertifizierten Partnern zusammen, die wir einem regelmäßigen Benchmarking unterziehen".

Das Partnerkonzept bringt für Dell aber nicht nur Vorteile. Insbesondere die Verwaltung der assoziierten Dienstleister verursacht Kosten, die andere Wettbewerber nicht haben. Der Aufwand ist nach Ansicht von Heiko Miertzsch, Berater bei Techconsult, unerlässlich: "Negative Schlagzeilen über Dell-Partner würden schnell die Runde machen." Auch Christophe Chalons, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Pierre Audoin Consultants (PAC), hält das Partner-Management angesichts der unterschiedlichen Firmenkulturen und Herangehensweisen an Projekte für keine leichte Aufgabe.

Vor allem im Hinblick darauf, dass die Partner auch für andere Auftraggeber tätig seien und teilweise mit lokalen Anbietern zusammenarbeiteten, um die Leistungen vor Ort kostengünstig erbringen zu können, müsse Dell genau darauf achten, dass diese am Ende noch den eigenen Vorstellungen entsprächen.

Schwache Margen für Partner

"Die Partnerstrategie sieht auf dem Papier gut aus, ist aber oft nicht leicht umzusetzen", gibt Chalons zu bedenken. Zudem sei das Konzept für Partner wenig profitabel: "Wenn Dell mit seinen Lowend-Services noch Margen erzielen will, bleibt für die Partner nicht mehr viel übrig."

Dennoch sieht der Experte in Dells Strategie den einzigen Weg, um Anteile am IT-Servicemarkt hinzuzugewinnen, da sie es ermögliche, weltweit preisgünstige Dienstleistungen anzubieten. Die globalen Wettbewerber seien in der Regel deutlich teurer, den kleineren Anbietern wiederum fehle die weltweite Präsenz. "Dell kann mit seinem Partnernetzwerk beides - das ist der Vorteil", so Chalons. "Heutzutage wollen die Anwender einen Serviceanbieter für ihre PCs, einen für Server, einen für SAP - und das weltweit und möglichst kostengünstig."

Allerdings steht Dell mit einem Marktanteil von weniger als zwei Prozent erst am Anfang. Der Vorsprung der etablierten Wettbewerber - vor allem IBM, Siemens Business Services (SBS), Hewlett-Packard (HP), T-Systems, Sun - sowie großer Systemhäuser wie Computacenter und Bechtle ist nach wie vor riesig. Mit einem umfangreichen Serviceportfolio, das auch Outsourcing-Leistungen umfasst, können sie wesentlich mehr Kunden erreichen. Nach Ansicht von Techconsult-Berater Miertzsch wird es Dell daher nicht leicht fallen, den Markt aufzurollen. "Fehlende Branchen- und Lösungskompetenzen und ein Einstieg nur über den klassischen Hardwareverkauf - das sind denkbar ungünstige Ausgangsvoraussetzungen", urteilt der Experte. Es bleibe abzuwarten, wie stark Dell diese Defizite über Kostenvorteile wettmachen könne.

Auch Bachmann räumt ein, dass "ein Anbieter wie HP natürlich ein wesentlich ausgeprägteres Serviceimage als Dell hat." Mit einem Full-Service-Provider wolle sein Unternehmen aber - zumindest im Moment nicht - konkurrieren. Dell konzentriere sich auf Infrastrukturdienste für bestehende Hardwarekunden. "Da liegen unsere Stärken, diesen Mehrwert wollen wir aufzeigen", so der Manager.

Darüber hinaus biete dieses Segment für Dell enormes Potenzial: "Wenn man die Dienstleistungen nur auf unsere Hardware projiziert, haben wir das mögliche Servicegeschäft erst zu zehn Prozent ausgeschöpft", rechnet Bachmann vor. Hinzu komme, dass auch der Verkauf der Systeme zunehme und auf diese Weise für höhere Dienstleistungseinnahmen sorge. Er gehe daher davon aus, den Umsatz seines Bereichs in den nächsten zwei Jahren verdoppeln zu können.

Es mangelt an Erfahrung

Das ist laut PAC-Geschäftsführer Chalons durchaus realistisch: "Der Markt für technologienahe Dienstleistungen wird in den nächsten Jahren um jeweils drei Prozent zulegen. Damit gibt es für Dell noch genug Potenzial", prognostiziert der Experte. Und selbst wenn der Markt stagniere, könne der Direktanbieter dank seiner starken Position im Hardwarebereich und der guten Kundenbeziehungen Anteile hinzugewinnen. "Momentan besteht für Dell keine Veranlassung, das Service-Portfolio weiter auszubauen, das hat Zeit", meint Chalons. Um komplexere Dienstleistungen erbringen zu können, fehle es dem Unternehmen auch noch an Erfahrung. "Aber die wird sich Dell in den laufenden Projekten peu à peu aneignen."

Man müsse allerdings bedenken, dass Dell von einer sehr kleinen Basis gestartet sei: "Ein Marktanteil von sechs bis acht Prozent, dürfte in den nächsten Jahren zu erreichen sein. Interessant wird es aber erst im zweistelligen Bereich." Ähnlich sieht das Miertzsch: "Dell hat zwar eine große Stammkundschaft, die für seine Services offen ist und für anfangs hohe Steigerungsraten sorgen kann." Letztlich komme es jedoch auf die absoluten Zahlen an: "Ein Wachstum von null auf 100 Prozent ist alleine wenig aussagekräftig."