Design schützt nicht vor dem Verdrängungswettbewerb

Dell verbannt Web-PC aus dem Produktportfolio

14.07.2000
MÜNCHEN (CW) - Dell Computer hat den Verkauf seines blauen Web-PCs kurzerhand eingestellt. Die Rechnung, mit bunten Designer-modellen den PC-Markt aufzurollen, scheint nicht ganz aufzugehen.

Still und heimlich hat Dell Computer seinen Web-PC aus dem Angebot genommen. Seit Ende Juni werden die speziell für den Internet-Zugang ausgelegten Rechner, die erst im vergangenen November auf den US-Markt kamen, auf der Website des Direktanbieters nicht mehr angeboten. Der PC-Winzling im blauen Designergehäuse, mit dem die Texaner erstmals nicht Unternehmenskunden oder erfahrene Home-User, sondern PC-Einsteiger ins Visier nahmen, war gleichzeitig das Debütprodukt der Web Products Group, Dells Geschäftseinheit für Internet-Produkte.

Den kleinen Blauen überleben sollen aber eine Reihe von Technologien, die mit dem Web-PC eingeführt wurden. Nach Angaben des Unternehmens wird etwa der "E-Support-Button", der den Nutzer bei Bedarf mit einem Helpdesk von Dell verbindet, künftig in Server und Notebooks des Direktversenders integriert werden. Ebenso haben die farbigen Computerkabel des Web-PC Zukunft: Sie werden auch künftigen Dell-Kunden den Anschluss ihres Rechners erleichtern.

Das kurze Dasein des Web-PC deutet da-rauf hin, dass die allgemein erwartete Revolution in Sachen PC-Design nicht stattfindet. Demnach sollten sich unter anderem All-in-one-Geräte mit integriertem Flüssigkristall-Bildschirm und farbigem Gehäuse auf dem PC-Markt behaupten. Da Apple Computer mit seinen "Imacs" und auch Sony mit dem zierlichen Notebook "Vaio 505" beachtliche Erfolge erzielt hatten, hofften andere PC-Hersteller, auf den Zug aufspringen zu können. Erste Blessuren holte sich dabei Gateway. Der Direktanbieter musste seinen "Profile 1", ein All-in-one-Gerät mit integriertem Flachbildschirm, aus dem Angebot nehmen. Wenig später fuhr der Dell-Wettbewerber die Werbekampagnen für seine beiden vergleichbaren Modelle "Profile 2" und "Astro" stark zurück.

Marktexperten sind bezüglich der Perspektiven von Designer-PCs geteilter Meinung: Während einige Analysten sich überzeugt geben, dass die Tage der klobigen grauen Büroknechte gezählt sind, ist für andere weiterhin der Preis das überzeugendere Verkaufsargument. Da die Produktion von All-in-one-Geräten und Designercomputern im Normalfall teurer ist, bleibt abzuwarten, inwieweit sich die neuen modularen PCs von Hewlett-Packard, Compaq Computer und IBM mit ihren farbigen Akzenten auf dem Markt durchsetzen werden.