Auch in Japan laeuft der Wettbewerb um die Gunst der PC-Kaeufer an

Dell setzt gegen IBM und Compaq sowie Apple auf den Direktvertrieb

05.02.1993

Viele Branchen-Insider zaehlen zu den ganz Grossen im PC-Geschaeft nach IBM, Apple und Compaq als Vierten im Bunde die Dell Computer Corp. mit ihrem Direktvertriebs-Konzept. Diesen organisatorischen Ansatz uebertraegt das Unternehmen jetzt nach Japan. Die Firma zeigt sich als dritter US-Computerhersteller auf dem japanischen Markt. Seit Mitte 1992 suchen Compaq und IBM ihre Chancen im Revier der NEC Corp., die bisher ueber 50 Prozent Marktanteil am PC-Geschaeft in Japan haelt. Als Reaktion hat NEC Anfang Januar 1993 die Preise seiner Rechner um mehr als 50 Prozent gesenkt.

Die amerikanische Konkurrenz bietet allerdings einen wesentlichen Vorteil: Unter dem DOS/V-Betriebssystem der US-Geraete laufen alle IBM-kompatiblen Programme, waehrend NEC seine Rechner mit einem speziellen Betriebssystem fuer die japanische Sprache ausliefert, so dass Standardprogramme nicht genutzt werden koennen. Nach einer IDC-Studie waechst die Zahl der PCs in Japan um ein Drittel schneller als in den USA - welchen Anteil amerikanische Firmen in diesem Markt erreichen, haengt nicht zuletzt davon ab, ob die Japaner das offene Betriebssystem DOS/V akzeptieren.

Dell setzt in diesem Wettbewerb auf seine Erfahrung als Direktanbieter mit eigenem Kundendienst und eigener Konzption der Geraete. Das Unternehmen verkauft seine Geraete um 25 bis 60 Prozent billiger als die vergleichbaren Angebote von NEC, Compaq und IBM und begruendet diesen Unterschied mit den eingesparten Margen fuer den Einzelhandel. Die amerikanischen Konkurrenten bezweifeln die Preisunterschiede nicht, verweisen allerdings auf die beim Verkauf durch selbstaendige Haendler ueblichen Rabatte von etwa 20 Prozent gegenueber dem Listenpreis.

Dells Strategie koennte dann Erfolg haben, wenn die japanischen Kunden den Direktvertrieb akzeptieren. In diesem Punkt signalisiert eine Umfrage des "Wall Street Journal" Positives: Die Zeitung wandte sich an die Systemverwalter der drei grossen Firmen Honda Motor Co., Nomura System Services Co. und Nippon Steel Corp. Alle sagten, sie wuerden Dells Angebot in Betracht ziehen, die Preise seien sehr attraktiv.

In den USA verkauft Dell ab sofort "Multimedia"-PCs. Eine "Soundblaster"-Adapterkarte erzeugt Toene in den Stereo- Lautsprechern, und ein SVGA-Monitor praesentiert die Information. Im Unterschied zu den beiden Geraeten fuer den Hausgebrauch verfuegt das Buerosystem zusaetzlich ueber ein Mikrofon und ein CD-ROM- Laufwerk.

In Zukunft ist Dell auch Systemintegrator

Welche Software Dell auf den Rechnern vorinstalliert, ist abhaengig von der Zielgruppe des Geraetes: Auf der 80-MB-Festplatte des 386SX-PC "Kidstation" befinden sich DOS, Windows, Microsoft "Works" und "Windows Draw" von Micrografx. Die Version "Studentstation" hat eine groessere Festplatte mit 120 MB Kapazitaet und als zusaetzliche Software eine "Multimedia"-Enzyklopaedie und Microsofts "Bookshelf for Windows". Das Bueromodell "Officestation" wartet mit einem 486SX-Prozessor und einer 170-MB-Festplatte mit den gleichen Programmen wie der Rechner "Studentstation" auf und enthaelt ausserdem "Quicken for Windows" und "Xsoft Rooms for Windows" von Xerox.

Deutschland ist ein grosser PC-Markt, auf dem Dell seine neue Palette von 18 Rechnern anbietet. Zudem will man in Zukunft auch selbst als Systemintegrator auftreten. Das Unternehmen teilt seine Modelle nach Gehaeusetyp in vier Gruppen ein und bestueckt sie mit Prozessoren vom Typ 486SX, 486DX oder 486DX2. Der Preis haengt davon ab, wie weit ein Rechner ausgebaut werden kann (EISA- oder ISA-Steckplaetze und Laufwerke) und welcher Bustyp verwendet wird. Das billigste Modell der "ISA-Slimline"-Serie kostet etwa 3000 Mark, wohingegen der Einstieg in die "EISA-Desktop"-Reihe auf 3800 Mark kommt. Alle Rechner geben Grafikdaten ueber eine eigene Verbindung (Local Bus) an die Video-Bausteine weiter, alle haben mindestens 4 MB Arbeitsspeicher und eine 80-MB-Festplatte. Das Bios-Diagnoseprogramm speichert Dell in einem veraenderbaren Flash- Speicher, neue Versionen koennen von Diskette geladen werden. Da man die Wartung vereinfachen will, sind Laufwerke sowie Platinen mit flexiblen Klammern statt Schrauben befestigt und die Erweiterungskarten stecken in einem einzigen Traeger, einer Eigenentwicklung von Dell, die an einer Stelle am Gehaeuse festgeschraubt ist.