Dell hat mit starkem Gegenwind zu kaempfen Das Katalogvertriebskonzept Dellware ist in Deutschland tot

28.01.1994

MUENCHEN (jm) - Die Dell Computer Corp. und ihre deutsche Tochter in Langen bei Frankfurt haben es momentan nicht leicht: Juengst vor allem wegen hoher Personalfluktuation auf Manager-Ebene im Gerede, muessen die PC-Anbieter jetzt auch das Katalogvertriebskonzept Dellware aufgeben, bevor es ueberhaupt umgesetzt wurde.

Sowohl die amerikanische Mutter als auch die deutsche Niederlassung machten in juengster Zeit vor allem durch Management- Runderneuerungen von sich reden: In den USA verliess mit Ex-IBMer Glenn Henry ein Topmann der Technologieforschung Austin, um zur Mips Technologies Inc. zu wechseln. Dafuer heuerten John Medica von Apple sowie Douglas MacGregor an.

In Deutschland liefen Dell vergangenes Jahr sowohl der Geschaeftsfuehrer Hendrik Geissler (Sommer 1993) als auch Marketing- Chef Herbert Frohne (November 1993) davon. Die Personalchefin Lynn Thomas (August 1993) sowie der Leiter des Grosskundengeschaeftes Harald Lindloff (vergangener Sommer) sagten ebenfalls leise Servus.

Udo Schemmel dient als Thomas-Ersatz, Anton Preiss steht als Interimsloesung der Lindloff-Abteilung vor. Der des Deutschen nicht maechtige Brite Nick Pike haelt als Geschaeftsfuehrer das Ruder in Haenden.

Ausserdem sah sich Dell im vergangenen Jahr gezwungen, die Niederlassungen in Finnland und Italien aus Kostengruenden zu schliessen. Die Eroeffnung einer Dependance in Daenemark ist auf Eis gelegt. Deutschland ist von den Sparmassnahmen insofern betroffen, als die Produktion ganz und der Support teilweise nach Irland verlegt wurde.

Vor allem musste Dell in Deutschland ein vermeintlich gewinntraechtiges Engagement aufgeben: Das Versandhandelskonzept via Katalog - bei Dell unter dem Titel "Dellware" geplant - wurde aufgegeben.

Kunden sollten die Moeglichkeit erhalten, unter rund 600 Artikeln von der Software ueber CD-ROM-Laufwerke bis zu Laserdruckern waehlen und diese per telefonischer Bestellung kaufen zu koennen. Merisel sollte als Logistiker beziehungsweise Distributor dienen.

Entgegen einem Bericht in dem Wirtschaftsmagazin "Top Business" vom Januar 1994 soll Dellware aber nicht wegen Personalproblemen eingestellt worden sein. Eine Dell nahestehende Quelle aeusserte, der Distributor habe nicht die in ihn gesetzten Erwartungen erfuellt, "da lief einiges schief".

Werner Hollik, Director Sales bei Merisel, hat allerdings eine andere Sicht der Dinge, derzufolge die Langener - "wohl auch wegen der wirtschaftlichen Lage" - momentan nicht in der Lage sind, in Deutschland den Katalogvertrieb aufzubauen. "Das Dellware-Konzept ist in Deutschland nach dem Abgang von Geissler nie realisiert worden", so Hollik.

Waehrend man mit dem PC-Hersteller in Sachen Dellware in den USA sehr erfolgreich kooperiere, darueber hinaus der Katalogverkauf auch in England angelaufen sei, habe Dell in der BRD erst einmal einen Rueckzieher gemacht. Nach wie vor taetige Merisel mit Dell jedoch Projektgeschaefte.

Die fuer die Dellware-Aktivitaeten eingeplanten Mitarbeiter, so ein Informant, habe es bei Dell nie gegeben. Vorgesehen sei gewesen, aus der eigenen Vertriebsmannschaft Kraefte fuer das Dellware- Konzept abzuordnen. Dies sei jedoch unterblieben.

Merisel, so Hollik weiter, stehe Gewehr bei Fuss, sollte Dell das Katalogvertriebskonzept doch noch aufleben lassen. "Ich kann mir aber nicht vorstellen", so der Verkaufschef, "dass Dell auf Grund der Geschaeftssituation in der rezessiven Phase ein groesseres Risiko eingeht." Das Dellware-Konzept sei aber von Dell als Risikounternehmung eingestuft worden.