Kolumne

Dell: Fehler der Vergangenheit rächen sich

22.08.2006

Dem PC-Marktführer Dell Inc. regnet es momentan ordentlich rein. Enttäuschende Quartalsergebnisse, umso blendendere des Erzrivalen Hewlett-Packard, eine Untersuchung der US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) und zu allem Überfluss noch eine gigantische Rückrufaktion von über vier Millionen Notebooks wegen defekter Akkus - da kann man schon ins Grübeln kommen.

Ist Dells Direktvertriebsmodell ausgereizt? Hat das Management Fehler gemacht? Oder ist der Markt Schuld?

An der Branchensituation kann Dells wirtschaftlich unbefriedigende Situation wohl kaum liegen. Zwar führt Kevin Rollins die aggressive Preissituation, die allgemein nachlassende Nachfrage der Konsumenten sowie steigende Kosten für PC-Komponenten ins Feld, um die reduzierten Gewinne seines Unternehmens zu erklären. Aber der Chef des Direktvertreibers weiß natürlich, dass diese Bedingungen für alle Kontrahenten am Markt gelten.

Außerdem erklärt Rollins nicht, warum zuletzt nicht nur die Umsätze, sondern auch die Verkäufe nach Stückzahlen im Bereich der PCs rückläufig waren. Das ist dramatisch, weil Dell mit Desktop-Maschinen und mobilen Rechnern rund 61 Prozent seines gesamten Umsatzes macht. Eine solche Unausgewogenheit in der Produktpalette würde wohl jeden Hardware-Anbieter à la longue vor Probleme stellen.

Das Geschäftsmodell Direktvertrieb hat sich per se natürlich nicht überlebt. Aber: Im Vertrauen auf dessen Kostenvorteile hat Dell vergessen, dass die Märkte nicht überall so ticken wie in den USA. In den aufkommenden Märkten Indien und insbesondere China beispielsweise wollen Kunden PCs nicht über das Telefon kaufen.

Außerdem hat sich das texanische Unternehmen zu sehr auf seinen Heimatmarkt verlassen, obwohl dieser schon früher als andere Regionen Übersättigungstendenzen meldete. Im aktuellen Quartal hat Dell 64,5 Prozent seines gesamten Umsatzes von 14,1 Milliarden Dollar in Nord- und Lateinamerika erwirtschaftet. Rollins verkündete stolz, dass sich die Zuwächse im asiatisch-pazifischen Raum gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent gesteigert hätten. Er verschweigt, dass Dell in diesem riesigen Wachstumsmarkt lediglich knapp 13,5 Prozent seines Geschäfts tätigt. Im europäischen Raum kann der Direktvertreiber nur knapp 21,3 Prozent seines Umsatzes erwirtschaften. So viel geografische Schieflage rächt sich bitter.

Mit anderen Worten: Das Dell-Management hat in den guten Zeiten die Zeichen des Marktes verkannt oder ignoriert. Dafür bekommt es jetzt die Quittung.