Dell 2.0: Die Kunden dürfen ein bisschen mitreden

19.02.2007
Der Hersteller holt für seine Produktstrategie die Wünsche der Anwender ein. Ob sie erfüllt werden, muss sich zeigen.

Um sich selbst zu renovieren und wirtschaftlich wieder erfolgreicher zu agieren, hat Dell begonnen, eine Meinungsseite im Stil des Web 2.0 zu betreiben. Dell macht sich eine Idee zueigen, die unter anderem die Website Digg.com verfolgt. Hier werden Nachrichtenlinks und Kommentare von Surfern bedient. Auf der Site tummeln sich bereits rund 500000 Nutzer.

Weiterführende Links

http://www.dellideastorm.com/

(Website von Ideastorm)

http://www.digg.com/

(Website der Community Digg.com)

http://yorkspace.com/

(Blog von Yorkspace)

Dell, das in den vergangenen Monaten eher durch negative Nachrichten aufgefallen ist, will sich mit einer "Dell 2.0" getauften Initiative neu erfinden. Die Website "Ideastorm" bietet Platz für den Meinungsaustausch und für Empfehlungen der Anwender zu Dells Produktstrategie.

Die Nutzer können Vorschläge zu Dell-Angeboten machen. Die Gemeinschaft der Teilnehmer an diesem Forum stimmt über die Ideen ab. "Die Vorschläge, die die meisten Punkte im Abstimmungsprozess erhalten, rücken an die Spitze der Site", schreibt Dell in seinem Kunden-Blog. Auf diese Weise "können Sie uns als Community erzählen, wie wir uns verändern sollen".

Eine erste Nagelprobe, wie ernst der PC- und Serveranbieter die Gedanken und Ideen der Internet-Gemeinschaft nimmt, wird die bisher von Dell geübte Praxis sein, Software von Drittanbietern mit seinen PCs auszuliefern. Beim Meinungsaustausch der Anwender zeigte sich ganz klar, dass die überwiegende Mehrheit diese Software nicht will.

"Es ist für den potenziellen Käufer eines Dell-PC nicht möglich, auf die Dell.com-Site zu gehen und sich einen Rechner zusammenzustellen, ohne dass automatisch Software mitgeliefert wird, die man überhaupt nicht will", schrieb ein Teilnehmer des Forums stellvertretend für die Mehrheit der Diskutierenden. "Ist es denn so schwer, einen PC zu bauen, auf dem nur Windows und das Office-Paket installiert ist und sonst nichts?", fragt der Surfer weiter.

Mist, Unsinn, Schrott

Im Blog Yorkspace.com bietet ein Anwender ein von ihm "Dell-De-Crapifier" genanntes Softwarewerkzeug an, das angeblich 41 Softwareprogramme automatisch deinstalliert, die Dell auf neuen PCs mitliefert. Das englische Wort Crap bedeutet Mist, Unsinn, Schrott oder - eher vulgär - Scheißdreck.

Dell verdient allerdings an diesen Software-Bundles. Wenn etwa der Käufer eines neuen PC das in verschiedenen geografischen Regionen mitgelieferte Antiviren-Programm von Mc- Afee nicht nur in der Probierzeit nutzt, sondern es später gegen eine bezahlte Vollversion austauscht, bekommt Dell vom Antivirenspezialisten einen Obolus. Ebenso zweigt Google einen Teil seiner Werbeeinnahmen an den PC-Hersteller ab, weil der die Google-Suchmaschine auf neuen Systemen vorinstalliert. Durch diese Nebeneinnahmen kann Dell die Kosten für seine PCs niedriger halten. Es scheint deshalb auch eher unwahrscheinlich, dass sich das Unternehmen auf diesen Wunsch der Anwender einlässt.

Hunderte von Kunden forderten in den ersten Stunden von Ideastorm auch, Dell solle seinen Kundenservice nicht mehr von ausgelagerten Partnern in Übersee erledigen lassen. Bekanntermaßen versuchen viele Unternehmen weltweit, durch solche Outsourcing-Vereinbarungen mit Anbietern in Billiglohnländern zu sparen.

In Verruf geraten

Wegen diverser Probleme - unter anderem Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten mit dem Personal solcher Dienstleister - sind diese Kundendienste nicht nur bei Dell-Kunden in Verruf geraten. Auch hier scheint es aber fraglich, ob Dell auf diese Option, seine Kosten zu senken, verzichten wird. (jm)