Dornier testet bedarfsgesteuertes Nahverkehrssystem:

DEC-Minicomputer managt "Rufbus"

28.03.1978

FRIEDRICHSHAFEN/BODENSEE - Der Computer ersetzt in zunehmendem Maße herkömmliche Steuerungen zur Verkehrslenkung. Europas erstes bedarfgesteuertes Nahverkehrssystem "Rufbus" wird von einer PDP-11/70 gemanangt. Jetzt liegen die ersten Testergebnisse vor.

Am 9. Dezember 1977 fiel in Friedrichshafen am Bodensee der Startschuß für einen "Kleinen Probebetrieb" des mit rund 4 Millionen Mark vom BMFT geförderten Projektes.

Rufbus-Mitwirkende sind das Landratsamt Bodenseekreis als Projektträger und die Dornier-System GmbH (Friedrichshafen) als Entwicklungsfirma.

Das "Mittelding zwischen Bus und Taxi" (wie das Landratsamt Bodenseekreis den Rufbus volksnah bezeichnet), hat sich demnach im bisherigen Testbetrieb gut bewährt: "Zwei Drittel der Leute stieg vom Linienbus auf den Rufbus um", berichtet Dr. Werner Muckli, Leiter des Bereichs Elektronik bei Dornier. Nachdem der Linienverkehr vor drei Wochen dann ganz eingestellt wurde, konnte laut Muckli sogar ein Ansteigendes öffentlichen Nahverkehrs von über 30 Prozent gegenüber einem Vergleichszeitraum des Vorjahres beobachtet werden.

Das Projekt "Rufbus" wird augenblicklich mit insgesamt sieben Fahrzeugen durchgeführt. Sie versorgen ein Verkehrsgebiet mit rund 16 000 Einwohnern. Fahrpläne gibt es dabei nicht. Wer einen Rufbus benutzen möchte, kann ihn entweder über eine der 14 in der Stadt aufgestellten Rufsäulen, übers Telefon oder - bei regelmäßigen Fahrten - schriftlich per Dauerauftrag anfordern. Der Gast kann sich - für einen Einheitsfahrpreis von einer Mark -

an jeder beliebigen Stelle innerhalb des Verkehrsgebietes absetzen lassen.

Alle Fahrtwünsche (die weitaus meisten kommen von den Rufsäulen) werden in der Rufbus-Leitzentrale registriert und von einem dort installierten PDP-11/70 Minicomputer von Digital Equipment koordiniert: Der Rechner erteilt die einzelnen Aufträge per Funk jeweils an den Bus mit der günstigsten Position zum wartenden Fahrgast. Nach Angaben des zuständigen Landratsamtes sollen die Wartezeiten durchschnittlich acht Minuten betragen.

Der Operator kann auf einem Farbmonitor, auf den der Stadtplan von Friedrichshafen projiziert wird, alle Busbewegungen verfolgen.

Die ursprünglich bis zum 31. Mai 78 befristete Rufbus-Testphase ist inzwischen bis zum 31. Dezember verlängert worden. Berichtet Muckli: "Es gab teilweise technische Schwierigkeiten mit den Rufsäulen."

Die Projekt-Verantwortlichen hoffen ferner, durch die längere Testphase genauere Zahlen über die tatsächliche Höhe des Verkehrsaufkommens zu erhalten. Denn: Weil's noch neu ist, fahren viele anfangs nur aus Neugier", glaubt Muckli.