Bundesinnenminister

De Maizière für "digitalen Radiergummi" im Internet

22.06.2010
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich für einen "digitalen Radiergummi" ausgesprochen, mit dem Daten im Internet gelöscht werden können.

Jede Äußerung im Internet sei potenziell weltweit öffentlich. Dies mache es schwer, jemanden zu rehabilitieren, der unter Äußerungen gegen seine Person im Netz leide, sagte de Maizière am Dienstag in Berlin. "Umso wichtiger wäre es, dem Internet in Zukunft in bestimmten Bereichen das Vergessen oder zumindest das 'Nichtwiederfinden' beizubringen."

Ziel wären ein "digitaler Radiergummi" oder ein Verfallsdatum, das jemand an seine Daten im Netz anbringen könne. "Möglicherweise sollten wir über ein 'Recht, vergessen zu lassen', nachdenken, wie es der EU-Kommission vorschwebt", sagte der Minister. Hilfreich wäre nach de Maizières Worten in vielen Fällen schon ein sogenanntes Indexierungsverbot, bei dem die Betreiber von Suchmaschinen verpflichtet würden, bestimmte markierte Einträge bei den Suchergebnissen nicht anzuzeigen.

Während der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar diese Überlegungen des Ministers grundsätzlich positiv bewertete, zeigte sich Constanze Kurz vom Chaos Computer Club skeptisch. Die Vorschläge seien technisch kaum umsetzbar, und man werde kommerzielle Anbieter schwer zu solchen Lösungen bewegen können. De Maizière präsentierte am Dienstag seine Eckpunkte für eine deutsche Netzpolitik. Im Herbst will die Bundesregierung ihre Gesamtstrategie zum Thema Internet vorstellen.

De Maizière hält an der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung fest. "Ich bin überzeugt, dass die Lücke, die wir ohne Verbindungsdaten in die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung reißen würden, zu groß ist, als dass man auf dieses Mittel verzichten könnte", sagte er. Das Bundesverfassungsgericht hatte das entsprechende Gesetz Anfang März gekippt. Damit können Telefon- und Internetdaten nicht mehr ohne Anlass für sechs Monate gespeichert werden. Die zuständige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sieht im Gegensatz zu de Maizière keine Eile, ein neues Gesetz zu erarbeiten.

Für bestimmte unseriöse Online-Dienste wie Kreditvermittlungen und anonyme Finanzdienste sollten nach den Vorstellungen de Maizières staatliche Zulassungen erwogen werden. "Hier würden wir nicht nur über eine Erlaubnispflicht oder Auflagen, sondern sogar - in bestimmten Fällen, etwa bei höheren Beträgen - über ein Verbot nachdenken", sagte er zum Thema Finanzdienste. Zudem sollten Internet-Provider nach den Vorschlägen de Maizières dafür haften müssen, wenn sie keine ausreichenden Vorkehrungen gegen den Transport von Viren und schädliche Programmen über das Netz treffen.

Insgesamt will der Innenminister den staatlichen Einfluss auf das Netz auf das absolut nötige Maß beschränken. Der Nutzer solle auch im Internet "frei, selbstbestimmt und eigenverantwortlich" handeln. Ebenso wandte sich de Maizière gegen neue Gesetze. Viele Phänomene im Netz seien durch das bestehende Recht bereits geregelt. Zur Aufgabe des Staates gehöre, das Internet als Infrastruktur zu schützen, um zu verhindern, dass Kriminelle das gesamte Netz über Angriffe lahmlegen. Denn wenn das Internet über Tage oder Wochen in Deutschland ausfiele, wäre der volkswirtschaftliche Schaden immens, sagte der Minister. (dpa/tc)