DDR-Presse spricht noch von Elektronengehirn

03.10.1975

BERLIN - Während der kapitalistische Westen das Phänomen Computer bereits zum simplen Werkzeug herabstilisiert hat, scheint man in der DDR noch immer ein wenig der Computer-Mystik anzuhängen. So ist es jedenfalls einem Report der Ostberliner "BZ" (Berliner Zeitung) zu entnehmen, die mit DDR-Wissenschaftlern die Frage erörterte, ob Computer mit Verstand eher Fiktion oder Realität sind. Zwar, so die BZ, sei ein Computer, der gut rechnet, sowenig ein Mathematiker wie ein elektrisches Klavier ein Musiker. Aber: künstliche Computer-Intelligenz sei im Prinzip durchaus machbar. Man müsse nur zunächst die tatsächlichen Strukturen und Funktionsweisen des menschlichen "schöpferischen" Denkens erforschen. Das Elektronenhirn als Nachvollzug sei durchaus wahrscheinlich. Vorerst begnügt man sich jedoch in der DDR mit der Einsicht, es sei doch schon recht wertvoll, wenn die Computer wenigstens geistig-intellektuelle Routinearbeit übelnehmen und solchermaßen beim Aufbau des Sozialismus helfen. "Die Gesellschaft bewußt verändern und gestalten", so die BZ, "aber kann nach wie vor nur der Mensch". os