Status quo und Zukunftsmusik:

DBP Dienstleistungsangebot für die Datenkommunikation

22.09.1978

BONN - Die Planung nationaler und internationaler Netze für die Datenkommunikation setzt möglichst genaue Kenntnis der Zukunft voraus. Die enge Verflechtung der europäischen Wirtschaft ließ es nicht geraten erscheinen, nur nationale Studien über den Datenverkehr anzustellen. 17 europäische Fernmeldeverwaltungen gaben deshalb eine gemeinsame Studie in Auftrag, die den europäischen Datenverkehr sowie den jeweils nationalen bis 1985 ermitteln sollte. Dies war die bekannte Eurodata-Studie. Die Ergebnisse von 1972 sind 1975 aktualisiert worden (Grafik). Die neuen Ergebnisse besagen, daß in der Bundesrepublik 1985 zirka 276 000 Datenstationen Datenfernverarbeitung über die Netze der Deutschen Bundespost machen werden, das heißt, daß sich bis 1985 die Anzahl der Datenstationen, bezogen auf den heutigen Stand, verfünffachen würde. Damit würde die Bundesrepublik der größte Anwender der DÜ in Europa mit 36 Prozent des Gesamtumfangs werden. Quellen dieses Wachstums sind die Geld- und Kreditwirtschaft, die Fertigungsindustrie und die Datenverarbeitungsdienste.

Eine Gegenüberstellung der Prognose-Zahlen mit der tatsächlichen Entwicklung zeigt zwischen dem Soll und dem Ist Unterschiede (Grafik). Eine Analyse muß zeigen, ob die Annahmen der Wachstumsmodelle noch zutreffen - zum Beispiel Berücksichtigung des verstärkten "Distributed Processing", verstärktes Multiplexing - oder geändert werden müssen. Die in der Eurodata-Stiftung gemeinsam agierenden Fernmeldeverwaltungen bereiten eine neue Studie vor, deren erste Ergebnisse schon Ende 1978/ Anfang 1979 vorliegen sollen

Die Werte der Eurodata-Prognosen liegen den DBP-Planungen für die Zukunft zugrunde.

Die weitere Entwicklung des Dienstleistungsangebots für die Datenkommunikation wird sich bei Vorliegen von Marktanforderungen in mehreren parallelen Linien vollziehen:

þErweiterung des bestehenden Dienstleistungsangebots in bestehenden Netzen, zum Beispiel im Fernsprechwählnetz, im Datex- und im HfD-Netz,

þEinführen neuer, zusätzlicher Dienstleistungen, etwa auf der Basis der Paketvermittlung sowie

þdie Verbesserung bestehender Dienstleistungen, zum Beispiel im betrieblichen Bereich.

Eine Erweiterung des bestehenden Dienstleistungsangebots in bestehenden Netzen sowie eine Verbesserung bestehender betrieblicher Dienstleistungen brachte die sogenannte 10. Änderungsverordnung, die zum 1. 4. 78 in Kraft trat.

Zusätzliche Dienstleistungen im Fernsprechwählnetz

Im Fernsprechwählnetz wurde neu das Parallelmodem D 10 P eingeführt, das die Abwicklung des Datenverkehrs von vielen Tastenfernsprechern als Außenstationen zu einer allgemein zugänglichen mit dem Parallelmodem ausgestatteten Zentralstation mit Geschwindigkeiten bis zu 10 Zeichen pro Sekunde gestattet. Weiter wird die Datenübertragungsgeschwindigkeit 300 bit/s eingeführt mit Modem D 200 S.

Zusätzliche Dienstleistungen im Datexnetz

Im Datexnetz wurden die Geschwindigkeitsklassen 4 800 und 9 600 bit/s eingeführt. Der allgemeinen Dienstaufnahme - spätestens bis Ende des Jahres geht der schon angegebene Testbetrieb mit Pilotanwendern voraus, der es Anwendern und der DBP gestatten soll, das Dienstleistungsangebot zu erproben. Für die Anwender ist der Testbetrieb gebührenfrei. Die monatlichen Grundgebühren für einen Datexhauptanschluß Dx 4 800 betragen 300 Mark, für einen Datexhauptanschluß Dx 9600 400 Mark. Die monatliche Grundgebühr für einen Datexhauptanschluß Dx 2 400 wurde auf 200 Mark und für einen Datexhauptanschluß Dx 300 auf 170 Mark gesenkt. Für alle Datex-Geschwindigkeitsklassen stehen dann die Leistungsmerkmale Direktruf, Kurzwahl, automatische Wahl von der Datenendeinrichtung aus sowie geschlossene Teilnehmerbetriebsklassen bereit.

In Zusammenarbeit mit Anwendern und Herstellern ist im Arbeitsausschuß für Fragen der Datenfernverarbeitung t die Datexgebührenstruktur überarbeitet worden. Ziel war einmal, die Tarifstruktur anwenderfreundlicher für den Dialogverkehr, zum anderen aber auch so zu gestalten, daß nicht irgendwie geartete Optimierungszwänge auf Hardware und Software von DFV-Systemen durch die Tarifstruktur ausgeübt werden. Diese neue Tarifstruktur wurde ebenfalls zum 1. 4. 78 eingeführt. Sie sieht einen festen, von Geschwindigkeit und Entfernung unabhängigen Zeittakt von 1 Sekunde Dauer vor. Damit die Bundespost auch bei kürzesten Dialogen die Kosten für den Verbindungsauf- und -abbau abdecken kann, wird für jede erfolgreiche Verbindung ein fester Zuschlag von 5 Pfennig zur Verbindungsgebühr erhoben. Durch diese Regelung werden längere Dialoge beziehungsweise Stapelverkehr nicht belastet. Die neue Struktur der Verbindungsgebühren in Abhängigkeit von Geschwindigkeit, Entfernung, Tage und Nachttarif zeigt die Tabelle.

Im HfD-Netz bietet die DBP mit Inkrafttreten der neuen Verordnung Datenübertragungsgeräte auch für die Geschwindigkeiten 4800 und 9 600 bit/s an. Die monatlichen Gebühren betragen für ein Datenübertragungsgerät (Modem) mit Datensender, Datenempfänger und Taktgeber für 4 800 bit/s 255 Mark, für 9 600 bit/s 355 Mark.

Dienstleistungserweiterungsmöglichkeiten auf der Basis von Datentransportsystemen

Neben der Nachfrage nach Leistungen der Datenübertragung kamen in den vergangenen Jahren vereinzelte Nachfragen nach sogenannten "höheren Leistungen" auf, die von der DBP im Rahmen ihrer Netze angeboten werden sollten:

þProzedur- und Codewandlungen

þ Geschwindigkeiten zwischen DEE unterschiedlicher Geschwindigkeiten

þMultiplexing auf der Anschlußleitung

þdynamische Bandbreitenzuordnung für einen Anschluß.

Die Nachfrage nach Leistungen hat sich heute verstärkt. Hinzu ist in den hat Öffentlichen die Forderung nach der sogenannten "offenen Datenverarbeitung" getreten. Diese bedeutet, daß der Anwender ~ im Gegensatz zum heutigen Zustand - über die öffentlichen Datennetze mit jedem anderen Anwender kommunizieren können soll, gleiche welcher Art oder von welchem Hersteller seine DEE sind.

Der Fortschritt der Technologie und Normung erlaubt es heute das, Dienstleistungsangebot der öffentlichen Netze

durch den Bau von Datentransportsystemen auf der Basis von Datenpaketvermit-tlungssystemen zu erweitern.

*Dipl. - Ing. Jürgen Bohm ist Referent für Telegrafen- und Datenübermittlung im Bundespostministerium.