Anwenderbericht: Dialyse-Kuratorium Hamburg e. V.

DBMS auf MDT: Responsezeiten akzeptabel

11.02.1977

Wir haben bisher im Universitätsbereich vorzugsweise an Großrechenanlagen gearbeitet und sahen uns durch die im medizinischen Bereich gestellten Benutzer Anforderungen veranlaßt, mit der MDT Datenbankkonzepte aus dem Großrechnerbereich verwirklichen zu müssen. Als das Projekt startete, war etwas Ähnliches nicht erhältlich und auch nicht in Aussicht oder zu teuer. Der folgende Bericht soll die Ausgangssituation und die Lösung mit "Mittlerer Datentechnik" vorstellen:

Die Nixdorf 8870/2 steht einem Trainingszentrum für Heimdialysepatienten, die auf die regelmäßige Dauerbehandlung mit der sogenannten "künstlichen Niere" angewiesen sind. Die jetzt 150 Patienten führen diese Behandlung zu Hause selbst durch (etwa 3mal pro Woche jeweils 6 Stunden) und werden vom Trainingszentrum etwa jedes Vierteljahr Gründlich medizinisch untersucht. Während der Selbstbehandlung kann der Patient bei auftretenden Problemen tagsüber und nachts den Rufdienst des Zentrums in Anspruch nehmen, um medizinische, psychologische oder technische Hilfe zu erhalten.

Aus der Systemanalyse vor Einführung der EDV ergaben sich unter anderem folgende Probleme:

- Bei jeder Nachuntersuchung entstehen aus verschiedenen Krankenhausbereichen Befunde mit unterschiedlichem Umfang (5 Zahlen bis zu 4 Seiten) und unterschiedlichen Rücklaufzeiten (ein halber Tag bis 2 Wochen).

- Treten Komplikationen bei den Patienten auf, so müssen jederzeit beliebig viele Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden können.

- Viele Befunde lassen sich nicht verschlüsseln, sondern sind nur durch variabel langen Klartext darstellbar.

- Mitarbeiter sind durch ihre persönlichen Erfahrungen mit den Patienten Informationsträger nicht ersetzbar, neue Mitarbeiter rund einem halben Eintragungszeit für den gesamten Bereich einsetzbar. Der Routinedienst setzt die Kenntnis der wichtigsten medizinischen Daten jedes Patienten voraus.

- Eine schnelle Beantwortung bei Anrufen der Patienten ist wegen der herkömmlichen Aktendokumentation nicht möglich, aber nötig.

Daraus ergaben sich folgende Forderungen an ein EDV-System: - Ausgabe der Patientendaten in verschiedenen Zusammenhängen,

- Ausgabe von zeitlichen Werteverläufen einzelner Befunde,

- Ständiger Zugriff auf alle Daten aller Patienten über 1 Jahr,

- Bildschirm-Auskunft und -Eingabe an zwei Plätzen gleichzeitig,

- Möglichkeit, Klartexte unterschiedlicher Länge in die Befunde einzufügen,

- Von allen Mitarbeitern problemlos zu bedienen,

- Übernahme von Routineschreibarbeiten durch die EDV,

- Ständige Verfügbarkeit des Systems,

- Auswertungsprogramme zur medizinischen Forschung über alle Patienten.

Aus diesen Anforderungen heraus wurde das "Medizinische Dokumentations- und Auskunftssystem MEDA" entwickelt.

Das Personal erhält die gewünschten Patientendaten durch Klartexteingabe eines charakterisierenden Stichwortes am Bildschirm, wie beispielsweise "Sozialdaten", "EKG" oder "Therapie", des Patientennamens oder einer dreibuchstabigen eindeutigen Abkürzung aus Nachname und Vorname, die sich leicht merken läßt.

Befunde im Direktzugriff

Da für einen Patienten alle medizinischen Befunde eines Jahres - egal, ob nur einer oder 15 vorlagen - in ständigem Zugriff sind, können im Dialog die neuesten Werte oder weiter zurückliegende Werte angefordert und auch korrigiert werden. Gehören zu einem Stichwort mehrere Bilder, 80 kann in diesen geblättert werden.

Sollen Arztbriefe aus den Daten Etiketten, Erfassungsbögen oder Terminlisten gedruckt werden, so kann das parallel zum Bildschirmbetrieb erfolgen. Gedruckt und erfaßt wird mit Umlauten und Groß- und Kleinschreibung.

Die Patientendaten sind redundanzfrei in einer datenbank-ähnlichen Dateiorganisation gespeichert, wobei Befunde oder Teilbefunde eines Bereiches untereinander chronologisch verknüpft sind, so daß in den Dateien keine Sätze mit überwiegend Leerinformationen entstehen.

MEDA unter DEGAS

Der Klartext wird in einem Thesaurus abgespeichert, 80 daß gleiche Texte nur einmal im gesamten Textbestand gespeichert sind.

Da die Anlagenauswahl auf die 8870 fiel, bot sich zur simultanen Arbeit auf beiden Bildschirmen die Nixdorf-Datenerfassungssoftware PEGAS an. MEDA läuft also unter DEGAS und ist in DEGOL programmiert. Durch die Datenbankorganisation ist recht viel "Datenverarbeitung" und Dateihandling nötig, für die DEGOL und DEGAS nicht konzipiert sind. Trotzdem werden die Response-Zeiten auch im Double-Betrieb vom bedienenden Personal noch akzeptiert. Eine Verschnellerung von DEGAS ist allerdings von Nixdorf angekündigt worden.

Druckprogramme werden mit dem Nixdorf-Paket SORBAS realisiert, das auch von den Ärzten nach einer kurzen Schulung für statistische Auswertung über den gesamten Datenbestand benutzt werden soll.

Das Zentrum soll für die Betreuung von 300 Patienten ausgebaut werden so daß eine der geteilten Platten (B Mio. Byte) für die Aufnahme aller Patientendaten über ein Jahr ausreicht.

Das medizinische Personal hat innerhalb weniger Stunden das Arbeiten mit dem System gelernt. Eine Ergänzung von MEDA um weitere Stichworte und Daten ist unbegrenzt möglich, da DEGAS mit Programmsegmentierung arbeitet und kein Speicherausbau erforderlich ist. Der Anschluß eines Satellitenrechners in einem anderen Zentrum ist vorgesehen.

- Brigitte Fleck und Wolfgang Bünger sind Diplominformatiker und verstehen sich als programmierende Anwender einer Nixdorf 8870.