Kolumne

"Dax-Lästerung"

01.08.1997

Einmal mehr hat die SAP eine untadelige Halbjahresbilanz mit glänzenden Wachstumsraten vorgelegt. Im Vergleich zu den Gesamteinnahmen der Konkurrenten wie Baan (269 Millionen Dollar in den ersten sechs Monaten) oder Peoplesoft (338 Millionen Dollar) beweisen die 2,4 Milliarden Mark Umsatz der Walldorfer, daß SAP nach wie vor in einer höheren Liga spielt.

Obwohl die Frage "Wie lange noch" an Gottes- oder besser an Dax-Lästerung grenzt, muß sie in regelmäßigen Abständen gestellt werden. Gemessen am Funktionsumfang ist das SAP-Produkt zwar nicht zu schlagen, aber allein damit lassen sich Anwender nicht mehr überzeugen. Viele mittlere und kleinere Unternehmen benötigen die R/3-Funktionalität und -Integrationstiefe nämlich nicht. Darauf deutet auch die Aussage von Vorstandssprecher Dietmar Hopp hin, derzufolge die deutschen Systempartner der SAP im ersten Halbjahr nur relativ bescheidene 115 Verträge unter Dach und Fach bringen konnten.

Vielen der so adressierten Anwender reichte früher ein "Comet" von Nixdorf und heute ein Paket von Navision oder KHK. Wollen diese Anwender künftig mehr, dürften sie allein aus Kostengründen vor R/3 zurückschrecken. Für sie könnten schnell und flexibel entwickelte Lösungen mittelständischer Softwarehäuser eine Alternative darstellen, die auf Basis von Frameworks wie "Comunity" von SNI oder "San Francisco" von IBM entwickelt werden. Mausern sich außerdem "Active X" von Microsoft und "Javabeans" von Sunsoft demnächst zu Rapid-Development-Umgebungen für unternehmensweite Anwendungen, müssen die Herren Hopp und Plattner auch aus dieser Ecke mit Konkurrenz rechnen.

Ein weiteres Problem könnte für SAP die absolute Abhängigkeit vom R/3-Verkauf werden. Obwohl man sich bemüht, das komplexe Produkt in unabhängige Einheiten aufzusplitten und so das Image einer One-Product-Company loszuwerden, steht und fällt das Unternehmen auf absehbare Zeit mit dem Erfolg des kompletten R/3-Pakets. Schließlich, wie auch Hasso Plattner auf der europäischen Kundenveranstaltung der SAP in Amsterdam einräumte, wird die Modularisierung des Pakets über die Separierung des Personalsystems (HR) hinaus noch eine Weile dauern. Last, but not least ist noch anzumerken, daß das laut Hopp umsatzsteigernde Jahr-2000-Problem nicht mehr lange als Kaufanreiz herhalten kann.