Kolumne

"David bezwingt Goliath"

27.02.2004
Martin Bayer Redakteur CW

Die Verantwortlichen des Chipherstellers Advanced Micro Devices (AMD) werden angesichts der jüngsten Ankündigungen aus dem Hause Intel eine tiefe Genugtuung empfunden haben. Der Wettbewerber, der jahrelang den Prozessormarkt mit seinem Stempel "Intel inside" prägte, kündigte an, seine CPUs der Pentium-4- und Xeon-Reihe künftig zusätzlich mit 64-Bit-Technik auszustatten. Bislang waren die Chips allein für 32-Bit-Datenverarbeitung ausgelegt. Damit schwenkt der Branchenprimus auf die Linie des kleinen, oft belächelten Konkurrenten ein, der seine Strategie mit hybriden 32- und 64-Bit-fähigen Athlon- und Opteron-Prozessoren bereits seit Jahren konsequent verfolgt.

Mit großem Erfolg, wie die jüngsten Ankündigungen der großen Rechnerhersteller belegen. Sun Microsystems, IBM und Fujitsu-Siemens Computers (FSC) outeten sich als AMD-Partner und zeigten Workstations sowie Lowend-Server mit Opteron-Prozessoren. Sogar Intel-Partner Hewlett-Packard will auf beiden Hochzeiten tanzen. Der HP-Rechner mit Opteron-Prozessor soll diese Woche noch offiziell angekündigt werden.

Doch was zwang den Chipgiganten Intel zum Kurswechsel, wo er doch seit einem guten Jahrzehnt mit der Itanium-Architektur an einer eigenen 64-Bit-Plattform gearbeitet hatte? Die Intel-Verantwortlichen waren sich ihrer Sache wohl zu sicher. Den Desktop-Markt fest im Griff, glaubten sie, es sei ein Leichtes, mit einem 64-Bit-Chip die fest unter der Risc-Fahne stehenden Server-Burgen zu stürmen. Verhängnisvolle Hybris: Zwar bewies der Itanium in zahlreichen Tests sein Leistungspotenzial. Jedoch wurde ihm zum Verhängnis, dass die Intel-Entwickler rund um die CPU eine neue Architektur bauten. Der eigens für die Intel-Plattform entwickelte Instruktionssatz erforderte speziell angepasste Software. Obwohl Intel immer wieder versuchte, mit millionenschweren Förderprogrammen die Softwareentwicklung anzukurbeln, scheuten die Softwarehäuser das Risiko.

Angesichts dessen muss den Intel-Managern der Erfolg AMDs wie ein schlechter Scherz vorkommen. Zwar können die Hybridchips problemlos alle 32-Bit-Applikationen performant verarbeiten. Doch für die 64-Seite fehlt auch dem kleineren Konkurrenten bislang die Softwareunterstützung. Das könnte sich zwar mit dem bereits für die zweite Hälfe dieses Jahres angekündigten 64-Bit-Windows von Microsoft schnell ändern. Doch das Schicksal Intels mahnt zur Vorsicht. Softwareentwicklung ist aufwändig und kostet Geld. Investitionen, die gerade heute so manches Softwarehaus scheut.

Jetzt sitzen Intel und AMD erst einmal im gleichen Boot. Sie müssen beweisen, dass sie nicht nur neue Rechner unters Volk bringen wollen, sondern dass die Anwender auch von der neuen Technik profitieren.