Gebührenvergleich bei X.25-Netzen im europäischen Kontext

Datex-P: Preiswert vor allem für Verkehr mit den USA

13.05.1988

Für die Realisierung von Mehrwertdiensten gelten die öffentlichen Paketvermittlungsnetze auf der Basis der X.25-Empfehlung der CM als günstige, weil überall bereits verfügbare Infrastruktur-Voraussetzung. Ein Problem Ist dabei allerdings immer noch die Gebührenfrage. Anne Cornillié-Braun gibt einen Überblick über die Tarifsituation in Europa.

Im Rahmen des "Eureka"-Projektes Cosine wurden die Tarife für Kommunikation in öffentlichen Paketvermittlungs-Datennetzen von zwanzig europäischen Ländern untersucht. Diese Tarifschemata sind für die Benutzung der weltweit verfügbaren Public Packet Switching Data Networks (PPSDNs) und damit für deren Erfolg mitentscheidend, denn sie fördern oder begrenzen die Nutzung der Kommunikationssysteme.

Der Basisdienst Datex-P 10 umfaßt die Dateneinrichtungen, die mit dem Kommunikationsprotokoll P 10 (CCITT-Empfehlung X.25) arbeiten und an das X.25-Netz der Deutschen Bundespost angeschlossen sind. Dafür werden die synchronen Übertragungsgeschwindigkeiten 2400, 4800, 9600 oder 48 000 Bit/sec. angeboten. Die Bundespost stellt über das Datex-P-Netz eine Vielzahl von Verkehrsverbindungen ins Ausland bereit. Zur Zeit sind über Datex-P mehr als 100 ausländische Datennetze in über 40 Ländern erreichbar.

Tarifstrukturen

In den 20 europäischen Vergleichsländern gibt es keine einheitliche Mehrwertsteuerregelung. Wahrend in der Bundesrepublik Deutschland keine Mehrwertsteuer auf die Postgebühren erhoben wird, beträgt sie in den anderen europäischen Ländern bis zu 25 Prozent. Bei den Tarifstrukturen wird beim Datex-P-Dienst - wie in den anderen europäischen Ländern - zwischen festen Grundgebühren und nutzungsabhängigen Verbindungsgebühren unterschieden. Zum besseren Vergleich werden alle Beträtge in ecu (European Exchange Currency Unit; 1 ecu = 2,10 DM) umgerechnet.

Grundgebühren

Die Grundgebühren beinhalten hauptsächlich die einmalige Anschlußgebühr und die monatliche Grundgebühr. Besondere Leistungen werden exakt berechnet. Sie bleiben hier unberücksichtigt.

Einmalige Anschlußgebühr

Vergleicht man diese einmalige Gebühr für einen Anschluß mit der Geschwindigkeitsklasse 9600 Bit/sec an das Datex-P mit der anderer Länder, so ist die Bundespost der fünftbilligste Anbieter (192,49 ecu). Einige Länder beziehen in die Berechnung der Anschlußgebühr die Übertragungsgeschwindigkeit ein. In Österreich und Großbritannien geht in die Berechnung der Gebühr für den Anschluß mit der Geschwindigkeitsklasse 48000 Bit/sec zusätzlich die Entfernung bis zum nächsten Paket-Vermittlungsknoten ein.

Monatliche Gebühr

Für einen Datex-P-Hauptanschluß ist eine von der Übertragungsgeschwindigkeit abhängige, feste monatliche Grundgebühr zu entrichten, die die Miete für die Anschlußleitung und das Datenanschlußgerät (Übertragungseinrichtung/Modem) beinhaltet. Abgesehen von Griechenland legen alle europäischen Länder hier dieselbe Tarifierungsstruktur zugrunde. Die Datex-P-Gebühr ist für den Anschluß mit der Geschwindigkeitsklasse 9600 Bit/sec im Vergleich mit den anderen europäischen Ländern die fünftniedrigste (2598,69 ecu).

Verbindungsgebühr

Verbindungsgebühren fallen an als zeit- und volumenabhängige Gebühren. Von der Deutschen Bundespost wird die zeitabhängige Gebühr in Minuten als Einheit abgerechnet, bei der Volumengebühr ist die Maßeinheit das Segment. In den anderen europäischen Ländern wird der zeitabhängigen Gebühr zum Teil eine andere Maßeinheit (zum Beispiel 30 sec, 1 Stunde) zugrunde gelegt. Die Maßeinheit für die Volumengebühr ist in allen Ländern das Segment. Ein Segment kann 64 Oktetts enthalten.

Zusätzlich für jeden Datex-P-Verbindungsaufbau berechnet die Bundespost einen Zuschlag von 0,025 ecu. Dieser Zuschlag ist in allen europäischen Ländern sehr niedrig, er kann sich jedoch in besonderen Situationen stark summieren, zum Beispiel bei Anwendungsprogrammen, die automatisch Verbindungen aufbauen und sich im Fehlerfall in zu kleinem Zeitabstand wiederholen.

In den meisten europäischen Ländern werden Verbindungsgebühren zu bestimmten Zeiten (zum Beispiel nachts, an Wochenenden oder an Feiertagen) oder bei bestimmten Datenmengen oder in Kombination beider ermäßigt. Die Zeiten, die Mengen und die Hohe der Ermäßigungen unterscheiden sich jedoch erheblich. Grundsätzlich gelten die Gebührenermäßigungen nur für nationalen Datenverkehr. Sie sind kompliziert und schwierig zu überschauen.

Die Gebühren für internationale Verbindungen sind meist für Verbindungen in alle europäischen Zielländer gleich. Entsprechendes gilt für Verbindungen nach Nordamerika. Nur wenige europäische Länder machen die Verbindungsgebühren vom Zielland abhängig. So räumen zum Beispiel die skandinavischen Ländern und Island sich untereinander Sonderkonditionen ein. Belgien und Luxemburg haben ebenfalls gegenseitige Sonderkonditionen vereinbart, verlangen jedoch Preiszuschläge für Verbindungen nach Österreich, Portugal und Spanien.

Verbindungsgebühren

Der Vergleich der Verbindungsgebühren erfolgt anhand von zwei Diensten:

Dialog-Sitzung

In einer normalen Sitzung werden 10 Bildschirmseiten übertragen, das heißt, für 250 Segmente braucht ein Benutzer 15 min (1 Zeile = 1 Segment, 1 Bildschirm = 25 Zeilen).

Datei-Tansfer

An einem Anschluß mit der Geschwindigkeitsklasse 9600 Bit/sec soll eine Datei mit Größe 1 MByte übertragen werden. Es wird angenommen, daß das Protokoll zusätzlich 25 Prozent der Zeit und des Volumens beansprucht (4 Kilosegmente [KSeg] und 4 Minuten).

Die Erfahrung zeigt, daß in der Realität für einen Datei-Transfer mit einem Anschluß von 9600 Bit/sec der Durchsatz erheblich geringer ist, zum Beispiel erbrachte ein Datei-Transfer von Deutschland nach den USA einen Durchsatz von nur zirka 1000 Bit/sec.

Nationale Verbindungsgebühren

Die Zeitgebühr für eine Datex-P-Verbindung innerhalb Deutschlands beträgt 0,29 ecu pro Stunde. Diese Gebühr ist (siehe Abb. 1a) im europäischen Vergleich die fünftniedrigste. Die Gebühr für 1 Kilosegment (Kseg) betragt 1,59 ecu und ist (siehe Abb. 1a) damit im europäischen Vergleich die dritthöchste.

So kostet eine Dialogsitzung gemäß der oben angeführten Beispiele innerhalb Deutschlands 0,47 ecu und ein Datei-Transfer 32,62 ecu.

In beiden Fällen sind (siehe Abb. 1b und 1c) die Datex-P-Gebühren die dritthöchsten. Eine Dialog-Sitzung kostet zirka zweimal so viel wie ein Dialog innerhalb Großbritanniens, einem Land mit einem vergleichbaren PPSDN. Ein "Datei-Transfer" kostet zirka viermal so viel wie ein Transfer innerhalb Großbritanniens.

Internationale Verbindungsgebühren zwischen europäischen Ländern

Die Datex-P-Zeitgebühr für Verbindungen in ein anderes europäisches Land beträgt für ein Stunde 1,44 ecu. Dies ist (siehe Abb. 1d) die preiswerteste Gebühr aller europäischen Länder. Für ein Kilosegment (Kseg) müssen 2,41 ecu gezahlt werden. Diese Gebühr ist die zweitniedrigste (siehe Abb. 1d) im Vergleich der europäischen Länder.

Bei den oben angeführten Beispielen betragen die Gebühren für einen Dialog von Deutschland in ein anderes europäisches Land 0,96 ecu. Die Gebühren sind im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern die zweitniedrigsten (siehe Abb. 1e). In Großbritannien sind die Gebührer für die gleiche Dienstleistung 1,5 mal höher als in Deutschland. Ein Transfer von Deutschland in ein anderes europäisches Land kostet 49,83 ecu Der Datex-P-Dienst ist für diese Dienstleistung der drittbilligste im Vergleich der europäischen Länder (siehe Abb. 1f), in Großbritannien betragen die Gebühren 61,19 ecu.

In fast allen anderen europäischen Ländern sind die Gebühren für den Verkehr innerhalb des Landes um ein Vielfaches niedriger als für den Verkehr in ein anderes europäisches Land. In Deutschland beträgt der Preisunterschied zwischen europäischen und Inlandsgebühren (genannt "Barrier-Factor") 1,80 (was auf die schon relativ hohen Datex-P-Inlandsgebühren zurückzuführen ist), während der Durchschnitt aller europäischen Länder zirka 3,70 ist.

Verbindungsgebühren zwischen europäischen Ländern und den USA

Die Zeitgebühr für eine Datex-P-Verbindung von der Bundesrepublik Deutschland in die USA beträgt für eine Stunde 4,33 ecu. Im Vergleich mit den anderen europäischen Ländern ist dies die niedrigste (siehe Abb. 1g) Zeitgebühr. Die höchste Gebühr in Europa liegt zirka 2,2 mal so hoch. Für ein Kilosegment müssen 6,26 ecu gezahlt werden. Dieser Tarif ist (siehe Abb. 1g) der achtbilligste im Vergleich der europäischen Länder und nimmt - in absoluten Zahlen - einen Mittelplatz ein.

Eine Dialog-Sitzung kostet gemäß dem oben angeführten Dialog von Deutschland in die USA 2,65 ecu. Diese Gebühren sind im Verhältnis zu den anderen europäischen Staaten die fünftniedrigsten (siehe Abb. 1h). In Großbritannien muß zirka 1,5 mal mehr für die gleiche Dienstleistung gezahlt werden. Die Gebühren für den oben genannten Transfer von Deutschland in die USA betragen 29,64 ecu. Im Verhältnis zu den anderen europäischen Ländern sind diese Gebühren die fünftniedrigsten (siehe Abb. 1i) und entsprechen preislich zum Beispiel Großbritanniens Gebühren (152,98 ecu).

Wegen der geringen Zeitgebühr begünstigt der Datex-P-Dienst die interaktive Nutzung (zum Beispiel Dialog-Sitzung). Dennoch muß auf die bereits dargestellten Probleme hingewiesen werden, die durch das Mißverhältnis von Durchsatz und Geschwindigkeitsklasse auftreten.

Der "Barrier-Factor" USA/Inland beträgt für Datex-P-Gebühren 4,80 (was auf die relativ hohen Inlandsgebühren zurückzuführen ist), während der Durchschnittsfaktor aller europäischen Länder 9 beträgt. Die Datex-P-Gebühren können im Vergleich zu den anderen europäischen Gebühren als auslandsverkehrsfreundlich bezeichnet werden. Der "Barrier-Factor" USA/Europa beträgt 2,70 und entspricht dem europäischen Durchschnitt. Zusammenfassend zeigt sich der Datex-P-Dienst im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern wie folgt:

- auf nationaler Ebene ist er am dritteuersten,

- auf europäischer Ebene ist er am zweitbilligsten,

- bezüglich des Verkehrs nach den USA gehört er zu den preiswertesten X.25-Diensten.