Viele technische Fragen sind noch offen

Datentransfer per Stromnetz bleibt Zukunftsmusik

24.10.1997

Geht es nach den Wünschen des kanadischen TK-Produkte-Herstellers Northern Telecommunications Ltd. und des britischen Stromversorgers Norweb Communications Ltd., könnte das Stromkabel schon bald zu einem alternativen Kommunikationsmedium werden. Die Daten werden dabei zum Transport in ein breites Spektrum an Radiowellen im Hochfrequenzbereich aufgeteilt. Über lokale Verteilerstationen, die bis zu 200 Anschlüsse vor Ort ermöglichen, gelangen sie anschließend zum Empfänger.

Hohe Transferraten im Test erzielt

Laut britischem Brancheninformationsdienst "Computergram", konnten die Unternehmen in Versuchen eine Transferrate von 1Mbit/s erzielen. Die Übermittlung ist damit zehnmal schneller als bei ISDN und zwanzigmal schneller als mit den leistungsfähigsten Modems. Sie ist aber weitaus langsamer als mit der Asymmetrical Digital Subscriber Line (ADSL), die bis zu 8 Mbit/s schafft. Sollte sich das System bewähren, stünde auf einen Schlag ein allgegenwärtiges Netz gewissermaßen als Standleitung zur Verfügung.

Doch Euphorie wäre verfrüht, denn vorerst gilt es eine Reihe technischer Probleme zu lösen. Diese Erfahrung hatten bereits Novell und die britische Utilicorp United Plc. machen müssen, deren Projekt vor wenigen Monaten aufgrund mangelnder Resultate scheiterte. In Deutschland beispielsweise steht derartigen Anwendungen ein regulatorisches Problem gegenüber. Hier ist aufgrund der DIN EN 50065 momentan nur der Datentransfer im Niederfrequenzbereich bis 148,5 Kilohertz zulässig. Experten halten daher lediglich Übertragungen von etwa 100 Kbit/s für möglich. Weitere Probleme ergeben sich durch die fehlende Abschirmung der Stromleitungen, die sie für physikalische Störungen anfällig macht. Mit steigenden Frequenzen wächst ferner auch die Dämpfung, die zu schmalen Einbrüchen bis hin zum totalen Ausfall führen kann.

Offen bleibt außerdem, wie die beiden Anbieter die Verbindung zum Internet-Backbone realisieren wollen. Bisherige Überlegungen umfassen Point-to-Point-Verbindungen mit High-speed-Mikrowellen, Glasfaserkabelanschlüsse an den Verteilerstationen oder High-speed-Übertragung über Norwebs eigenes Netzwerk. Im Februar kommenden Jahres soll das System im Nordosten Englands erstmals getestet werden.