Personal Data Economy

Datensouveränität im Zeitalter des "Internet der Dinge"

22.07.2014
Von 
Wilfried Reiners, MBA, ist Partner in der Kanzlei PRW Rechtsanwälte in München und im Vorstand der Association for Personal Data Economy (APDE e.V.).
Personenbezogene Daten haben einen Wert - das wissen längst nicht mehr nur US-Firmen wie Google und Facebook. Auch für Europa liegt im veränderten Umgang mit solchen Daten die Chance, neue Maßstäbe zu setzen.

Die Richtlinie 95/46/EG der EU (Datenschutzrichtlinie) definiert den Begriff der personenbezogenen Daten für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Artikel 2 lit. a folgendermaßen: "alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person ("betroffene Person"); als bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind."

Das deutsche Bundesrecht definiert in §3 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) personenbezogene Daten als "Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person". Solche Daten können freiwillig oder unfreiwillig, sie können über Aktionen, Standorte oder aus abgeleiteten Informationen entstehen. Unter "Personal Data" werden hier nachfolgend personenbezogene Daten im vorgenannten Sinne verstanden.

Welche Rechte an welchen Daten?

Die Antwort auf die Frage, wer welche Rechte an den eigenen personenbezogenen Daten hat, scheint - auch manchem Juristen - einfach und profan. Die meisten Menschen gehen davon aus, dass sie selbst Eigentümer ihrer Daten sind und damit auch allein über sie bestimmen dürfen. Klar ist jedoch schnell, dass es auch Daten gibt, die zwar personenbezogen sind, die aber nicht unter dieses Bestimmungsrecht fallen - wie beispielsweise das Strafregister, die Daten beim Finanzamt oder bei den Krankenkassen. Die Souveränität des Individuums, über seine Daten frei zu verfügen, ist somit zumindest nur eingeschränkt vorhanden. Das heute existierende Bundesdatenschutzgesetz ist ein Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt - es ist also alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Es geht in seiner Anwendung soweit, dass sich mancher mündige Bürger überreguliert fühlt.

Datenströme überall - in einer Personal Data Economy werden Informationen zur wichtigsten Währung.
Datenströme überall - in einer Personal Data Economy werden Informationen zur wichtigsten Währung.
Foto: W.Ihlenfeld_Fotolia

Die geplante europäische Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) gibt Hoffnung auf einen neuen, angemesseneren Ansatz - Stichwort "Personal Data Economy". Um von einer solchen sprechen zu können, müssen die Daten zunächst einmal einen Wert haben. Doch wie ermittelt man diesen? Pekuniäre Werte personenbezogener Daten beispielsweise hängen von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem die zugrunde liegenden rechtlichen, geschäftlichen und technologischen Gegebenheiten. Hinzu kommt, dass diese einem ständigen Wandel unterliegen. Es steht seit Facebook und Co. außer Frage, dass personenbezogene Daten einen mikro- und makroökonomischen Treibstoff für die Wirtschaft darstellen. Dass dabei die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten sind, sollte zumindest für Europa selbstverständlich sein.

Mögliche und wahrscheinliche Missbräuche sollten nicht davon abhalten, die enormen Möglichkeiten, die eine Personal Data Economy - immer unter Einbeziehung der europäischen Datenschutzgrundsätze - für Europa bieten kann, zu beleuchten. Eine Personal Data Economy verfolgt den Ansatz, jeden Menschen in die Lage zu versetzen, selbstbestimmt mit seinen personenbezogenen Daten umzugehen.

Jeder Mensch soll seine Daten veräußern dürfen

Die Entwicklung der Diskussion über die Verwertung von personenbezogenen Daten, ausgehend von User Analytics über Big Data hin zur "Persönlichen Digitalen Datenwirtschaft" zeigt, dass eine ausschließlich "klassisch-datenschutzrechtlichen Strategie", Personen durch die Anonymisierung ihrer Daten zu schützen, in Zukunft nicht mehr greifen wird. Die Menschen werden an ihren Werten partizipieren wollen.

Den Weg in die richtige Richtung gibt der "Erwägungsgrund Nr. 2" der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung vor: "Die Verarbeitung personenbezogener Daten steht im Dienste des Menschen; die Grundsätze und Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten sollten gewährleisten, dass ungeachtet der Staatsangehörigkeit oder des gewöhnlichen Aufenthaltsorts der natürlichen Personen deren Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten gewahrt bleiben. Die Datenverarbeitung sollte zur Vollendung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und einer Wirtschaftsunion, zum wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, zur Stärkung und zum Zusammenwachsen der Volkswirtschaften innerhalb des Binnenmarktes sowie zum Wohlergehen der Menschen beitragen."

Das Wohlergehen des Menschen dürfte auch eine Personal Data Economy umfassen. Der Wandel dahin mit freiem Verfügungsrecht an den eigenen Daten wird von Experten bis zum Jahr 2020 auf einen Wert von etwa acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts geschätzt. Das wird schon an einfachen Beispielen deutlich, die auf der folgenden Seite erläutert werden sollen.