Datenschutzbeauftragter und Betriebsrat

07.10.1977

Bernd Hentschel

Vorstandsglied der GDD e. V., Bonn

Der gesetzliche Auftrag des Datenschutzbeauftragten zielt in Richtung des Schutzes von Individualrechten des einzelnen. Das BDSG sieht keine Differenzierung nach betriebsexternen (fremden) und betiebsinternen Personen (Arbeitnehmern) vor, sondern schützt Betroffene als bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen. Zugunsten und zum Schutze beider Gruppen muß folglich der Datenschutzbeauftragte tätig werden, da er für Betroffene im Sinne des BDSG die Rechte aller Personengruppen, somit auch der Arbeitnehmer, nach Maßgabe des Gesetzes sicherzustellen hat.

Demgegenüber steht der Betriebsrat, dem ebenfalls bestimmte Schutzfunktionen durch das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zugewiesen worden sind, allerdings begrenzt auf die Arbeitnehmer, die dem BetrVG unterliegen. Hieraus ergibt sich keine Kollision zwischen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben des Betriebsrates und gesetzlichen Aufgaben des Datenschutzbeauftragten, sondern lediglich eine Ergänzung, da das Primat der Schutz- und Kontrollfunktionen vom Gesetzgeber dem Datenschutzbeauftragen übertragen wurde. Die gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates aufgrund des BetrVG sind insoweit als unterstützend zu werten.

Klärungsbedürftig ist allerdings der Dialog zwischen Betriebsrat und Datenschutzbeauftragtem, nämlich ob er auf direktem oder indirektem Wege über das Personalwesen erfolgen soll. Im offiziellen Geschäftsverkehr zwischen Betriebsrat und Unternehmen ist ausschließlich nur das Personalwesen autorisiert, Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufzunehmen, durchzuführen und Vereinbarungen zu treffen; somit der alleinige Ansprech- und Verhandlungspartner gegenüber dem Betriebsrat.

Diese Regelung sollte auch für den Datenschutzbeauftragten, da im offiziellen Verkehr mit dem Betriebsrat neben datenschutzrechtlichen zwangsläufig auch arbeitsrechtliche und betriebspolititsche Probleme zur Diskussion und Entscheidung anstehen, die nicht nur die Kenntnis dieser Spezialmaterie voraussetzen, sondern auch rechtliche Positionen präjudizieren können.

Für den Datenschutzbeauftragten und das Personalwesen, als primär betroffene Fachabteilung im Verkehr mit dem Betriebsrat, stellt sich des weiteren die prinzipielle Frage. Ist der "speichernden Stelle", analog den Fachabteilungen des Unternehmens, auch der Betriebsrat zuzurechnen oder ist er als Vertretugsorgan der Arbeitnehmer, die als Betroffene nicht zur speichernden Stelle zählen, aber auch nicht Dritte sind, als Dritter im Sinne des BDSG zu werten?

Ausgehend von der Abgrenzung des BDSG zwischen speichernder Stelle und Dritten muß die Funktion des Betriebsrates als Repräsentant der Arbeitnehmer, dessen Aufgaben durch das BetrVG festgelegt sind, hierbei nach ihrem Pro und Kontra untersucht werden.

Für die Einordnung des Betriebsrates als Dritter sprechen folgende Kriterien:

- Der Betriebsrat ist die gesetzlich, nach dem Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Arbeitnehmervertretung. In seiner gesetzlichen Funktion wird der Betriebsrat im Interesse der Arbeitnehmer, die dem BetrVG unterliegen, tätig und nicht als Ausführungsorgan des Arbeitgebers; präziser: Als Repräsentant der Arbeitnehmer, die als Betroffene nicht Bestandteil der speichernden Stelle sind, könnte folglich der Betriebsrat auch nicht als Bestandteil der speichernden Stelle gezählt werden.

- Naturgemäß hat nur die speichernden Stelle Zugang zu den geschützten personenbezogenen Daten, der Betriebsrat aber nur in gesetzlichen Fällen; siehe auch das einschränkende Postulat des Paragraph 83 Absatz 1 BetrVG.

- Im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren kann der Betriebsrat Beteiligter sein, was außerdem als Indiz für eine Wertung als "Dritter" sprechen könnte.

Demgegenüber steht die Auffassung, daß der Betriebsrat als Teil der speichernden Stelle zu werken ist, wofür folgende Argumente sprechen:

- Das BetrVG ist Privatrecht mit teilweise zwingenden Bestimmungen, die eine direkte Beteiligung des Betriebsrates an den Entscheidungen des Betriebes in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten vorsehen. Der Betriebsrat erhält in Ausführung seiner Beteiligungsrechte zum Teil umfassende Kenntnisse über Personaldaten der Arbeitnehmer (vergleiche Paragraph 99 Absatz 1, Paragraph 101 Absatz 1 BetrVG).

- Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates reduziert das Direktionsrecht des Arbeitgebers (bei Mitwirkungsrechten des Betriebsrates verbleibt generell das Entscheidungsrecht beim Arbeitgeber), was darauf schließen läßt, daß er als integrierter Bestandteil des Unternehmens anzusehen ist.

- Dem Betriebsrat obliegen ferner Überwachungsrechte (Paragraph 80 BetrVG).

- Der Betriebsrat ist zwar im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren Beteiligter, aber er ist nicht rechtsfähig.

- Die Kosten der Betriebsratstätigkeit hat der Arbeitgeber zu tragen.

Eine endgültige Klarstellung dieser divergierenden Rechtsauffassung wird der Rechtsprechung vorbehalten bleiben müssen. Bis dahin sollte aus den zuletzt angeführten Erwägungen heraus der Betriebsrat als Teil der speichernden Stelle behandelt werden. Diese Maßgabe macht es aber notwendig, den Betriebsrat ebenfalls auf das Datengeheimnis nach Paragraph 5 BDSG zu verpflichten, ihn in die Bestandsaufnahme der Dateien (Datei-Inventur) einzubeziehen und den Vorgaben und Kontrollen des Datenschutzbeauftragten au unterwerfen.

Auszug aus "Datenschutzbeauftragter und Betriebsrat", veröffentlicht im "der arbeitgeber" Nr. 18/29 1977.