Datenschutzbeauftragter näher am Betriebsrat

05.08.1977

Im Rahmen der Erörterung der Funktion des betrieblichen Datenschutzbeauftragten stellt sich auch die Frage nach seiner betriebsverfassungsrechtlichen Einordnung, d.h. ob der Datenschutzbeauftragte Leitender Angestellter ist, inwieweit er zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat aufgerufen ist bzw. welche Rechte der Betriebsrat bei der Bestellung des Datenschutzbeauftragten hat und ob der Datenschutzbeauftragte Mitglied des Betriebsrats sein kann. Für die Beurteilung dieser betriebsverfassungsrechtlichen Aspekte der Position des Datenschutzbeauftragten ist zunächst die Frage nach der Zuordnung zu den leitenden Angestellten wesentlich. Insoweit wird man davon ausgehen müssen, daß der Datenschutzbeauftragte durch die Wahrnehmung seiner Aufgabe gemäß Bundesdatenschutzgesetz nicht zum Leitenden Angestellten im Sinne von ° 5 BetrVG wird.

Grundsätzlich ist unter Berücksichtigung der in dieser Frage sehr restriktiven Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - trotz der unabhängigen und sicherlich bedeutungsvollen Position des Datenschutzbeauftragten - in der Aufgabe des DSB keine für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens maßgebende unternehmerische, auf die Leitung des Unternehmens bezogene Tätigkeit zu erblicken. Das gilt auch dann, wenn dem Datenschutzbeauftragten wegen des Umfangs seiner Tätigkeit eigenes Personal zugeordnet wird. Für die Einordnung als Leitender Angestellter wird es daher in der Regel erforderlich sein, daß dem DSB zusätzliche Aufgaben außerhalb des Bundesdatenschutzgesetzes zugewiesen sind, die ihn entweder allein oder durch die Zuordnung dieser weiteren verantwortlichen Tätigkeit zum Leitenden Angestellten machen.

Es ist somit regelmäßig davon auszugehen, daß dem Datenschutzbeauftragten alle Rechte des Betriebsverfassungsgesetzes zustehen. Er kann also auch Mitglied des Betriebsrats sein oder werden. Ein Bewerber um die Position des betrieblichen Datenschutzbeauftragten darf nicht wegen seiner Mitgliedschaft im Betriebsrat abgelehnt bzw. ein Datenschutzbeauftragter, der sich in den Betriebsrat wählen läßt, darf deswegen nicht von seiner Funktion entbunden werden. Ein anderes Verhalten würde eindeutig dem Benachteiligungsangebot des ° 78 BetrVG widersprechen.

Zweifelsohne können durch die Mitgliedschaft im Betriebsrat Interessenskollisionen auftreten, da der Datenschutzbeauftragte, was den Umgang mit Arbeitnehmerdaten angeht, auch gegenüber dem Betriebsrat auf die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen achten muß. Um einen solchen Interessenkonflikt zu vermeiden, wird u. a. sogar empfohlen, den Datenschutzbeauftragten nicht dem Personalvorstand, der zwangsläufig enge Kontakte zum Betriebsrat haben muß, zu unterstellen.

Das Interesse der Unternehmensführung, eine Verzahnung zwischen Datenschutzbeauftragten und Betriebsrat nach Möglichkeit zu vermeiden, ist verständlich. Dieses Interesse berechtigt jedoch Niet dazu, den Datenschutzbeauftragten in seinen betriebsverfassungsrechtlichen Rechten als Arbeitnehmer zu beeinträchtigen.

Solche Interessenkonflikte, die auch z. B. auftreten, wenn ein führender Mitarbeiter der Personalabteilung Mitglied des Betriebsrats wird, hat die Rechtsprechung bewußt in Kauf genommen, als sie den Kreis der Leitenden Angestellten sehr gezogen hat.

Andererseits soll Niet übersehen werden, daß der Gesetzgeber entgegen entsprechenden Forderungen der Gewerkschaften darauf verzichtet hat, dem Datenschutzbeauftragten, ähnlich wie dem Beauftragten für die Arbeitssicherheit (° 9 Arbeitssicherheitsgesetz), eine ausdrückliche Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat aufzuerlegen bzw. dem Betriebsrat ein besonderes Mitbestimmungsrecht bei der Bestellung des Datenschutzbeauftragten einzuräumen. Wenn der Datenschutzbeauftragte neu eingestellt oder auf diese Position innerbetrieblich versetzt wird, greifen aber die allgemeinen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen (° 99 ff. BetrVG) ein. Zudem sollte auch ohne gesetzliche Regelung eine Zusammenarbeit zwischen Datenschutzbeauftragten und Betriebsrat - unter Wahrung der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten - selbstverständlich sein, da, was den Schutz von Arbeitnehmerdaten angeht, die Aufgaben des Betriebsrats und des Datenschutzbeauftragten weitgehend parallel laufen. Die Zuständigkeit des Betriebsrats aus datenschutzrechtlicher Sicht ergibt sich allgemein aus °° 75 Abs. 2 und 80 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG. Das Bundesdatenschutzgesetz ist auch ein Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer, auf dessen Einhaltung der Betriebsrat generell zu achten hat. Daneben räumt eine Vielzahl betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften, dem

Betriebsrat bei der Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten spezielle Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte ein. Mitarbeiter, die sich bei der Verarbeitung ihrer Daten in ihren Rechten verletzt fühlen, können sich an den Betriebsrat wie an den Datenschutzbeauftragten wenden. Bei einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Datenschutzbeauftragten und Betriebsrat zu der auch der Arbeitgeber kraft Gesetzes aufgerufen ist, können bei der Behandlung solcher Beschwerden - und bei der Wahrung des Datenschutzes generell - innerbetriebliche Konflikte oder z.B. die Anrufung der Aufsichtsbehörde durch den Betriebsrat oder einzelner Arbeitnehmer vermieden werden.

Um wirksam Arbeitnehmerinteressen im Rahmen des Datenschutzes vertreten zu können, ist es sicher nicht erforderlich, den Datenschutzbeauftragten als innerbetriebliche Gegenposition zur Arbeitgeberseite aufzubauen. Andererseits sollte nicht übersehen werden, daß allein schon aufgrund der ungleichen Machtstrukturen Datenschutzverletzungen zu Lasten der Arbeitnehmer eher auf Arbeitgeberseite als auf Seite des Betriebsrats zu suchen sein werden und Interessen des DSB und des Betriebsrats- daher oft gleichartig sein werden.

- Peter Gola ist Datenschutzbeauftragter der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) mbH Bonn