Diskussion an der Hochschule St. Gallen:

Datenschutz-Gesetz muß her

18.07.1980

ST. GALLEN (sg) - Über den Stand der gesetzgeberischen Maßnahmen zum Datenschutz im öffentlichen Bereich haben sich Mitglieder der Kommission für ein entsprechendes schweizerisches Bundesgesetz sowie Experten aus Frankreich und der Bundesrepublik auf einet Tagung orientiert, die von der Weiterbildungsstufe der St. Galler Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften durchgeführt wurde.

Die Notwendigkeit einer besonderen Gesetzgebung ist unbezweifelt. Insbesondere weil die Gefahr besteht daß Daten, die in einzelnen Bereichen nach einem bestimmten Schema für bestimmte Zwecke gesammelt worden sind, über Datenbanken miteinander verbunden werden und so zu einem mehr oder weniger aussagekräftigen Bild synthetisiert, das Verhalten der betreffenden Stelle gegenüber dem Individuum in nicht mehr durchschaubarer Weise beeinflussen. Es genügt nämlich längst nicht mehr die einschlägig geltenden Rechtsgrundsätze auf diese neue Situation interpretierend und konkretisierend anzuwenden.

In der Schweiz haben bisher zehn Gemeinden und acht Kantone Datenschutzregelungen für ihre Verwaltung getroffen - nur Genf und Thurgau in Gesetzesform -. Vier weitere Kantone legten Entwürfe vor. In Genf sind dabei die Gemeinden noch dem kantonalen Gesetz unterstellt. In einer Übersicht ist hervorgehoben, daß nicht nur wesentliche Unterschiede bestehen, sondern zahlreiche Fragen überhaupt noch offen sind. Alle Erlasse betreffen nur automatisierte Verfahren, lassen also zum Beispiel Kombinationen von manueller Speicherung mit automatischer Speicherung zu.

Eine wirksame Einschränkung müßte ferner, so wurde dies seitens der Veranstalter empfohlen, bereits in der Phase der Datenerhebung beginnen. Zur Eindämmung der Datenflüsse werden heute bereits verschiedene Kategorien von Daten aufgestellt. Manche Angaben, zum Beispiel über Konfession, Gewerkschaftszugehörigkeit, Krankheiten etc., sind je nach Verwendungszusammenhang harmlos oder auch sachlich zu nennen. Sie bilden zumeist Elemente einer Statistik oder Grundlage eines Werturteils.

Die Vorschriften über die verwaltungsinterne Weitergabe solcher Daten sollten deutlicher auf die Wahrung des ursprünglichen, gesetzlichen Zweckes der Verarbeitung abstellen. Die Vermittlung der Daten an Außenstehende, insbesondere das schwungvolle Geschäft mit Adressen, das hierzulande schon viel Ärger verursachte wäre dann eventuell nur noch in Einzelfällen zuzulassen.

Das Gemeinwesen ist dazu verpflichtet, den Stand der Daten aktuell zu halten, Fehler zu berichtigen und unnötig gewordene Angaben zu löschen. Eine aktive Datenpflege ist bislang jedoch nur in wenigen Fällen geregelt.

Für die Kontrolle ist das Recht des Einzelnen auf Auskunft über die zu seiner Person geführten Dateien, auf Einsicht und auf allfällige Berichtigung von Bedeutung. Bei der Schaffung von Aufsichtsinstanzen sind diesen auch die nötigen Kompetenzen zu geben. Insgesamt sind die Ansprüche des Bürgers bisher relativ schwach berücksichtigt. Es fehlt oft auch an der nötigen Transparenz der Datenverarbeitung sowie an Systematik und Einheitlichkeit.

Ein Bundesgesetz über den Datenschutz wird für die Kantons- und Gemeindeverwaltung nicht gelten, es sei denn, man nehme eine Verfassungsänderung in Kauf. An einer gegenseitigen Abstimmung arbeitet inzwischen die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren.