Damit Künstliche Intelligenz nicht dumm bleibt

Datenqualität und Datenstrategie als entscheiden KI-Erfolgsfaktoren

11.10.2018
Von Florian Kurzmaier
Wenn über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) gesprochen und diskutiert wird, darf ein Aspekt in keinem Fall fehlen: Daten. Worauf es im Umgang mit Daten und KI ankommt, hat uns Informatica-Geschäftsführer Oliver Schröder verraten.

Ohne adäquate Daten kann kein Machine-Learning-Algorithmus trainiert, ohne gut strukturierte und qualitativ wie quantitativ bestens aufbereitete Daten kein Vorhersage-System produktiv betrieben werden. Doch so einfach, wie es Mantra-artig oft klingt - "bekomm dein Daten in den Griff, dann wird das mit der Künstlichen Intelligenz (KI) schon" - ist es in der Realität in den seltensten Fällen. Zu unterschiedlich sind oftmals die verschiedenen strukturierten und unstrukturierten Datentöpfe erschlossen, zu sehr unterscheiden sich die Anforderungen einzelner Anwendungen an die Datenstruktur. Warum es sich dennoch lohnt, an Strategien im Umgang mit Daten und Maßnahmen zur Qualitätssteigerung zu arbeiten, haben wir im Vorfeld der COMPUTERWOCHE-Veranstaltung "Hands on AI", die am 25. Oktober 2018 in Köln stattfinden wird, mit Oliver Schröder diskutiert. Er verantwortet bei Informatica als Geschäftsführer EMEA Central das operative Geschäft von Informatica EMEA Central Europe in Deutschland, Österreich und der Schweiz und ist mit Informatica Partner von "Hands on AI".

Oliver Schröder ist Geschäftsführer EMEA Central bei Informatica.
Oliver Schröder ist Geschäftsführer EMEA Central bei Informatica.
Foto: Informatica

COMPUTERWOCHE: Viele Branchen setzen große Hoffnungen in das Thema Künstliche Intelligenz - bei der Implementierung und Umsetzung gibt es aber immer wieder Herausforderungen zu bewältigen. Wo liegen diese aus Ihrer Sicht?

Oliver Schröder: Aus unserer Sicht ist eine der größten Herausforderungen, dass viele Systeme nicht mit relevanten Daten gefüttert werden. Was die meisten Unternehmen nicht realisieren ist, dass diejenigen Daten, die KI-Systeme trainieren und die Ergebnisse von KI bestimmen, wirklich ausgezeichnet sein müssen. Damit sind die Wirkung und die Ergebnisse von KI direkt mit der Verfügbarkeit von exzellenten Daten und einem guten Überblick über die Datenlandschaft verknüpft. In Unternehmen lagert hingegen eine Masse an Daten, die teilweise veraltet, von Doubletten - etwa aufgrund eines Tippfehlers - durchsetzt oder komplett unstrukturiert ist. Bevor diese Informationen die Basis für eine KI-Anwendung bilden können, müssen sie entsprechend kategorisiert und strukturiert werden. Nur dann ist das KI-System in der Lage, diese Daten entsprechend zu analysieren und Handlungsempfehlungen zu entwickeln.

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CW: Künstliche Intelligenz ist eines der Trendthemen im Moment. Was ist KI für Sie?

Schröder: Künstliche Intelligenzen sind selbstlernende Systeme, die mit einer Vielzahl von Daten gefüttert werden. Diese Informationen sollten allerdings vorher strukturiert werden, damit nicht wahllos Daten in die Anwendung eingespeist werden. Für die KI-Lösung sind zu Beginn alle Daten gleichwertig, hier wird in einer Zusammenarbeit von Mensch und Maschine vorweg eine Kategorisierung vorgenommen. Generell ist ein KI-System nur so gut, wie die Daten, auf denen es basiert.

CW: Auf welche konkreten KI-Technologien hat sich Ihr Unternehmen spezialisiert?

Schröder: Informatica gilt schon seit langem als "Leader" bei der Verwaltung technischer und betrieblicher Metadaten, die unternehmensweit einheitlich erfasst werden. Der Fokus auf Metadaten bildet das zentrale Fundament der integrierten End-to-End-Datenverwaltungsplattform, der Informatica Intelligent Data Platform (IDP). Die Intelligenz für alle Produkte bildet dabei CLAIRE - Informatica's Kombination aus Metadatenfokus und Künstlicher Intelligenz bzw. Machine Learning. Claire unterstützt dabei mit einer Vielzahl von führenden Algorithmen, um Datenverwaltungsprojekte zu beschleunigen, die Klassifikationen und Erkennung von Datendomänen, -spalten und -strukturen zu automatisieren und den Nutzern intelligente Handlungsempfehlungen zu geben.

CW: Und was ist die wichtigste Erkenntnis, die Sie aus der Implementierung dieser KI-Lösungen bei Ihren Kunden bislang gewinnen konnten?

Schröder: KI schafft bei den meisten Menschen zuerst Jobverlustängste. Daher ist es wichtig, im Vorfeld die Einsparungspotentiale und die verbundenen Geschäftsprozessänderungen zu definieren und mit den betroffenen Mitarbeitern Perspektiven für neue Tätigkeitsfelder zu entwickeln.

CW: Begleiten Sie diese Entwicklungen, die bei Ihren Kunden in den Bereich von deren Changemanagement fallen, auf eine bestimmte Weise? Gibt es da Coaching?

Schröder: Wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit unseren Partnern, je nach Projekt übernehmen diese die Umsetzung oder die strategische Beratung. Im Bereich Change Management übernehmen unsere Consulting Partner üblicherweise die Beratung und das Coaching.

CW: Viele Unternehmen beginnen in Sachen KI zunächst klein. Wie gehen Ihre Kunden KI-Projekte an?

Schröder: Es werden in der Regel im Rahmen von Digitalisierungsprojekten sogenannte "Use Cases" definiert. Hierbei handelt es sich um Anwendungsfälle, abgeleitet aus den Anforderungen der Geschäftsprozesse, die sich aufgrund der neuen digitalen Möglichkeiten verändern und durch KI entsprechend verbessert und optimiert werden können. Die Definition dieser Use Cases findet üblicherweise im Rahmen von Workshops zwischen Business und IT statt.

CW: Und wofür setzen Ihre Kunden KI-Lösungen ein? Gibt es da wiederkehrende Muster?

Schröder: Unsere Machine Learning-Algorithmen werden derzeit hauptsächlich automatisiert angewendet, um Daten aufzufinden und zu katalogisieren. Hier führt die KI deutlich effizienter zu Ergebnissen in der Projektarbeit, im Speziellen bei agilen Vorgehensweisen.

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CW: Lassen Sie uns zu "Hands on AI", der neuen KI-Konferenz der COMPUTERWOCHE kommen, die Sie ja als Partner begleiten. Mit welchem Input kommen Sie am 25. Oktober zu uns nach Köln?

Schröder: Aus unserer Sicht fokussieren Organisationen derzeit stark auf die Nutzung von KI, aber aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ein Beispiel wäre der KI-Einsatz, um mit Innovationen die eigene Position zu stärken oder auch um auf neue Wettbewerber und Technologien zu reagieren. Eine Tatsache realisieren dabei die meisten Unternehmen nicht: Diejenigen Daten, die KI Systeme trainieren und die Ergebnisse von KI bestimmen, müssen wirklich ausgezeichnet sein. Die Wirkung und die Ergebnisse von KI sind direkt mit der Verfügbarkeit von exzellenten Daten und einem guten Überblick über die Datenlandschaft verknüpft.

CW: Welchen Schwerpunkt setzen Sie für Ihre Breakout-Session auf der Veranstaltung?

Schröder: In unserem Vortrag werden wir einige Industrietrends beschreiben und sie mit KI-Nutzungsszenarien verbinden. Angereichert wird das Ganze mit einer Untersuchung der Datengrundlagen, die maßgeblich für Ergebnisse sind. Das Ziel ist es, ein differenziertes Verständnis von "Back-End-KI" und "Front-End-KI" aufzubauen und den Teilnehmern zu zeigen, wie neue Enterprise Data Management Tools von Informatica dabei helfen können, die Herausforderungen von Back-End-KI zu lösen.

CW: Haben Sie einen konkreten Tipp für Anwender, die erste KI-Aktivitäten starten? Was ist das wichtigste, das Sie bei der Umsetzung Ihrer bisherigen Projekte gelernt haben?

Schröder: Das Wichtigste sind die Daten, die einem KI-System zugrunde liegen. Ohne entsprechend aufbereitete Daten bleibt eine KI-Anwendung "dumm", das heißt, sie ist nicht in der Lage, wichtige von unwichtigen Daten zu unterscheiden. Somit lässt sich das Potenzial von KI nicht ausschöpfen.

CW: Anwender sollten also zuerst ihre Daten in den Griff bekommen. Was empfehlen Sie Unternehmen diesbezüglich?

Schröder: Unternehmen sollten ihre Daten gesichtet und strukturiert haben. Darüber hinaus müssen sie KI nicht direkt im gesamten Unternehmen implementieren. Ein kleineres Pilotprojekt, um KI-Anwendungen und deren Akzeptanz durch die Mitarbeiter zu testen, ist ein guter erster Schritt. Ist das Projekt erfolgreich, lässt sich das KI-System auf weitere Abteilungen ausrollen, bis es schließlich im gesamten Unternehmen eingesetzt wird.

Deutschland muss etwas tun, um nicht abgehängt zu werden. Es reicht nicht aus, auf KI-Forschungszentren der US-Konzerne zu setzen, von denen einige in Deutschland ansässig sind. Deutschland muss hier investieren und beispielsweise durch Public-Private Partnerships KI verstärkt fördern.

CW: Mit KI werden gerne Dystopien verbunden, Diskussionen zum Thema sind oft von ethischen Bedenken und Rufen nach Regulierung geprägt. Wie stehen Sie dazu?

Schröder: Viele der Bedenken, die rund um das Thema KI in der Gesellschaft herrschen, sind von Hollywood-Filmen geprägt, in denen KI und Roboter als böse dargestellt werden. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus. Zum einem steckt KI noch in den Kinderschuhen was das Thema Lernen angeht - ganz zu schweigen davon, dass KI-Anwendungen ein eigenes Bewusstsein entwickeln. Wenn dies überhaupt jemals der Fall sein sollte, liegt dies noch in weiter Ferne. Allerdings sollten wir nicht so lange warten, sondern bereits jetzt die rechtlichen Grundlagen für die Kontrolle von KI schaffen. Sobald diese bestehen, gibt es Rahmenbedingungen und Standards, an die sich Entwickler wie Unternehmen halten müssen. Dies würde den Umgang mit KI vor allem in Zukunft erleichtern.

CW: Wenn wir über das Thema Regulierung sprechen, passt auch der folgende Gedanke ganz gut: Deutschland soll in den nächsten Jahren zum führenden KI-Standort aufsteigen. Die Innovationstreiber aus diesem Bereich sind eher in den USA, in China und in Israel zu finden. Weshalb ist das so und was muss sich in Deutschland ändern, damit das Ziel, der führende KI-Standort zu werden, erreicht werden kann?

Schröder: In China werden von der Regierung Prioritäten in verschiedenen Segmenten gesetzt. Im Technologie-Bereich gehören dazu beispielsweise Supercomputer, vernetzte Fahrzeuge und KI. Hier werden auch von staatlicher Seite hohe Investitionen getätigt, entsprechende Forschungsprojekte mit Hochdruck verfolgt und Wissenschaftler speziell dafür aus- und weitergebildet. Israel und die USA sind generell Hochburgen für Technologie-Entwicklungen. Da KI ein Trend-Thema ist, ist es ganz normal, dass hier nicht nur viele Start-ups auf KI-Technologien setzen, sondern auch etablierte Unternehmen wie IBM oder Microsoft. Allerdings: Deutschland muss etwas tun, um nicht abgehängt zu werden. Es reicht nicht aus, auf KI-Forschungszentren der US-Konzerne zu setzen, von denen einige in Deutschland ansässig sind. Deutschland muss hier investieren und beispielsweise durch Public-Private Partnerships KI verstärkt fördern. Informatica beschäftigt über 100 Entwickler am Standort Stuttgart, die sich auch mit dem Thema befassen.

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CW: Zum Schluss noch eine kurze Frage: Wo sehen Sie das Thema KI in 5 Jahren?

Schröder: In fünf Jahren wird KI Standard in Unternehmen sein. Von Pilotprojekten hat sich die Technologie dahingehend entwickelt, dass sie über alle Abteilungen hinweg eingesetzt wird. KI-Anwendungen werden darüber hinaus maßgeblich zur Entscheidungsfindung beitragen: Sie analysieren Daten deutlich schneller als dies manuell der Fall wäre und können ihren Empfehlungen damit eine größere Menge an Daten zugrunde legen. Organisationen treffen damit fundiertere Entscheidungen, die zur Kundenzufriedenheit und zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen.

CW: Vielen Dank­ für das Gespräch!