Trotz Hardware-Preisverfall und Dezentralisierung:

Datenerfassung außer Haus ist nach wie vor attraktiv

28.07.1978

MÜNCHEN - "Die beeindruckende Wirkung einer vielköpfigen eigenen Datenerfassung ist verschwunden", so Maximilian Wieland, EDV-Chef bei der Bayerischen Beamtenversicherung in München. Wieland prognostizierte bereits 1976 in der Computerwoche einen Wandel im Bereich der Datenerfassung: "Die Bedeutung der zentralen Datenerfassung weist eindeutig abnehmende Tendenzen auf".

Aber neue Verfahren wie Datensammelsysteme oder Online-Dateneingabe in den Fachabteilungen verringerten die Kosten für die hauseigene DE nicht formulierte Wieland seinerzeit. Als Alternative empfahl er kostenbewußten Anwendern die Datenerfassung außer Haus.

Obwohl sich in den letzten zwei Jahren die Hardwarepreise drastisch reduziert haben und intelligente Erfassungsplätze helfen, den Hauptrechner zu entlasten, hält der Bajuware die Datenerfassung außer Haus in vielen Fällen noch immer für preisgünstiger.

Wieland hat errechnet, wieviel ein erfaßter Satz mit durchschnittlich 50 Zeichen bei eigener DE kostet:

þMonatliches Grundgehalt einer Datentypistin 2 083 Mark 1/2hochgerechnet mit

Jahresfaktor 13,9 (Gratifikation,

Urlaubsgeld etc.) 2 413 Mark

þzuzüglich 40 Prozent

Gemeinkosten 965 Mark

þPersonalkosten bei

11 Datentypistinnen 37 158 Mark

þMaschinenmiete 6 500 Mark

Ergibt einen jährlichen Aufwand von 523 896 Mark.

Leistung der Datentypistinnen im Jahr: 99 Millionen Anschläge. Unter Berücksichtigung von etwa 70 Prozent Zweitanschlägen für die Prüferfassung werden nach obiger Rechnung jährlich effektiv 58 200 000 Zeichen erfaßt, so daß ein Zeichen 0,009 Mark, ein erfaßter Satz also 0,45 Mark kostet. Wieland: "Wer die Angebotssituation auf dem Datenerfassungsmarkt verfolgt, weiß, daß diese Dienstleistung dort wesentlich weniger kostet. weil ganz anders kalkuliert werden kann."

Entscheidend für Wieland ist jedoch. daß die Leistung externer Datenerfassung oft wesentlich über der hauseigenen liegt, "da DE-Büros häufig mit ausgeruhten Teilzeit- und Halbtagskräften arbeiten". Zudem verfügten diese Unternehmen teilweise über Abrufkräfte, die bei Spitzenbelastungen eingesetzt werden könnten. Wieland: "Logisch, daß die bei Arbeitsflauten keine Kosten verursachen." Nicht selten gäben Service-Unternehmen sogar Qualitätsgarantien.

Dennoch plädiert der Münchner EDV-Chef nichtt ausschließlich für Datenerfassung außer Haus: "Die Erfassungsarbeiten beim Anwender sind oft so kompliziert, daß sie nur von gut eingearbeiteten Mitarbeitern ausgeführt werden können." Ansonsten aber empfiehlt er, "den Versuch doch einmal zu wagen".

Einen Strukturwandel bei der Datenerfassung konnte auch A. F. von Waldow vom Münchner Datenerfassungs- und Verarbeitungsbüro Both & Müller feststellen: "Mehr und mehr gehen die Kunden - unabhängig von der Branche dazu über, die Datenerfassung kompletter Arbeitsgebiete außer Haus zu geben um die eigene Datenerfassung zu entlasten." Nach seinen Erfahrungen ist man auch - nach der anfänglichen Bildschirmeuphorie - größtenteils wieder davon abgegangen, dem Sachbearbeiter die Erfassung am Terminal zu überlassen: "Dieser Arbeitsplatz ist langfristig nicht effizient genug und damit zu teuer", konstatiert von Waldow. Vom Sachbearbeiterplatz aus würden zumeist nur noch kleine Änderungen im Datenbestand vorgenommen.

Schwerpunktmäßig wird das Datenerfassungsbüro zumeist dann in Anspruch genommen, wenn Arbeitsspitzen abgebaut werden müssen, da viele der Kunden ihre hauseigene DE für den Normalfall ausgerichtet haben und nicht permanent für Hochbetrieb ausgestattet sind. "Immerhin", so von Waldow, "kostet ein Datenerfassungsplatz monatlich etwa 4 800 Mark".

Während bei größeren Unternehmen eine eigene Datenerfassung kaum noch wegzudenken ist, planen vorwiegend mittelständische Betriebe die eigene Datenerfassung zum Teil gar nicht mehr ein, konstatiert von Waldow.