Datenerfassung am Arbeitsplatz

13.02.1976

Die Hamburgischen Electricitätswerke AG betreiben seit 1969 ein Kundeninformationssystem, aus dem Laufe der Jahre weitere Informationssysteme entstanden sind. Im Jahre 1975 wurde die Datenerfassung am Arbeitsplatz für den Bereich Kundenbetreuung eingeführt, die Einsatzlenkung für den Netzbau folgte Anfang dieses Jahres, und ein Personal-Informationssystem mit direkter Dateneingabe wird im April 1976 in Betrieb genommen. Wir betreiben ein System IBM/370-158 (3 MB) mit 22 Laufwerken IBM 3330 und in der Datenfernverarbeitung überwiegend Bildschirme und Drucker der Serie IBM 3270 im Local- und Remote-Betrieb. Insgesamt sind zur Zeit ca. 120 Datenstationen angeschlossen.

Nach dem Start der Datenfernverarbeitung im Jahre 1969 blieben wir zunächst bei reinen Auskunftssystemen. Die Verwirklichung weitergehender Pläne größeren Umfangs war wegen des Bedarfs an residenter Programmspeicherung erst möglich, als mit der IBM/370-158 die Preise für Hauptspeicher erheblich zurückgingen und durch die virtuelle Speicherung der Hauptspeicherbedarf begrenzt wurde. Durch die gegenüber einem Batch-Programm relativ seltenen Aktivitäten in einem DFV-Programm werden diese durch Paging nicht bemerkenswert beeinflußt. Ein Verhältnis Real zu Virtuell wie 1:4 ist hier durchaus noch tragbar.

Neben grundsätzlichen Voraussetzung für das Betreiben eines aufwendigen Datenerfassungssystems traten jedoch einige überwiegend organisatorische Probleme auf, für die keine Lösungswege vorgezeichnet waren:

1. Ein System zur Datenerfassung am Arbeitsplatz erfordert ein hohes Maß an Verfügbarkeit. Daten müssen in dem Augenblick eingegeben werden können, in dem sie entstehen. Jede Störung wird sofort bemerkt, führt zu Minderung der Arbeitsleistung, zu unbeliebten Ausweichtätigkeiten und Zusatzarbeiten - und schlägt sich in Unmut gegenüber der EDV nieder.

2. Die Eingabe von Daten, die verändernde Wirkung auf gespeicherte Bestände haben, erfordert Kontrollen, die aufwendig und schwierig zu handhaben sind (LOG-Bestand, Protokolle).

Die möglichen Folgen einer nicht ausreichenden Kontrolle sind der Alptraum eines jeden EDV-Leiters oder der Innenrevision.

Die Zuordnung der Eingabeberechtigung nach Stationen, die per Programm leicht zu handhaben ist, genügt nur in solchen Fällen, in denen die räumliche Anordnung der Station die Benutzung durch Nichtberechtigte ausschließt.

Die Berechtigungszuordnung nach Personen ist erheblich sicherer, jedoch auch aufwendiger. Dafür bieten sich zwei Methoden an, das persönliche Password und der maschinenlesbare Ausweis.

Die Passwordmethode hat allerdings Schwächen. Erfahrungen mit dem TSO-Password haben uns gezeigt, daß eine Geheimhaltung fast ausgeschlossen ist.

Ein Ausweisleser kostet zusätzlich Geld und Programm. Entweder muß vor jeder einzelnen Dateneingabe der Ausweis "vorgezeigt" werden, was die Eingabe erheblich verzögert und nur bei gelegentlichen Eingaben in größerem Abstand vernünftig ist, oder die Berechtigung gilt mit Hilfe einer LOGON-ähnlichen Prozedur für alle nachfolgenden Eingaben. Die Berechtigung wird entweder durch zeitliche Begrenzung oder durch Abmeldung per Programm beendet.

3. Die Methode der Eingabe muß leicht begreiflich und schnell erlernbar sein, man hat es meistens mit einer großen Anzahl von Mitarbeitern unterschiedlicher Auffassungsgabe zu tun, die zudem ständig wechseln.

Ein formatfreie Eingabe nach der Schlüssewortparameter-Methode ist nur für gleichbleibende geübte Mitarbeiterkreise zu empfehlen (Zentrale Datenerfassung). Am besten eignet sich das Maskenverfahren, das alle modernen Bildschirmgeräte bieten.

Das Eintragen in das auf dem Bildschirm dargestellte Formular ähnelt dem Ausfüllen eines Ablochbeleges und wird schnell erlernt.

Bei Erfassungsarbeiten in Verbindung mit Auskunftsystemen ist das programmierte Ausfüllen der Masken mit bereits bekannten Informationen möglich. Schon das programmierte Eintragen des Ordnungsbegriffes vermindert die Fehlerrate und erspart Anschläge.

4. Das Antwortzeitverhalten erfordert besondere Aufmerksamkeit. Die Forderungen der anwendenden Fachbereiche sind unterschiedlich und liegen zwischen einer und fünf Sekunden. Wartezeiten über fünf Sekunden sind auf Dauer kaum zu tolerieren, da hierbei schon starke Beeinträchtigungen der Arbeitsleistung auftreten.

Alle für das Datenfernverarbeitungssystem laufenden Programme müssen selbstverständlich mit angemessenen Prioritäten versehen sein, so daß der daneben laufende Batch-Betrieb die Online-Programme so wenig wie möglich beeinflußt. Unter normalen Bedingungen werden bei uns die Antwortzeiten unter zwei Sekunden bleiben. Jedoch lassen sich bei der Vielzahl von Datenstationen (ca. 120) und Anwendungen (8) in unserm Hause Warteschlangen nicht vermeiden. Es treten gelegentlich Wartezeiten bis 5 Sekunden auf.

Ein voller Abbau von Warteschlangen ist nicht möglich. Verbesserungen lassen sich, nachdem alle programmtechnischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, nur durch teure Hardware-Einrichtungen erreichen. Eine IBM/ 370-168 läßt in solchen Fällen, in denen die Warteschlangen durch CPU-Engpässe auftreten, ein Abbau der Antwortzeiten erwarten. Es muß jedoch jemand gefunden werden, der die monatlichen Zusatzkosten von ca. 130 000 DM für den relativ geringen Nutzen trägt.