Interview mit Oracle-Deutschland-Chef Kenneth Johansen

"Datenbanken sind absolut nicht Commodity!"

22.01.2018
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Das Universal Credit Model belohnt Treue

Rund um Oracles Lizenzpolitik gab es in den vergangenen Monaten immer wieder Ärger. CIOs in Deutschland und Europa haben sich über hohe Kosten und unfaire Konditionen beschwert. Was unternimmt Oracle, um hier die Wogen zu glätten?

Johansen: Wir haben in Sachen Lizenzierung viel getan und uns immer wieder bewegt. Das wichtigste, das aus meiner Sicht in den letzten sechs Monaten passiert ist: Wir haben komplett die Art und Weise geändert wie wir Cloud-Dienste lizenzieren. Mit unserem Universal Credit Model geben wir unseren Kunden viel mehr Flexibilität und Freiheiten. Vereinfacht gesagt erwerben unsere Kunden nach diesem Modell für einen Fixbetrag Credits und können damit in der Oracle-Cloud für einen definierten Zeitraum tun was sie wollen. Je mehr Dienste sie von uns beziehen, desto günstiger wird es für sie.

Ist das Universal Credit Model bereits aktiv?

Johansen: Ja, wir haben es kurz vor Weihnachten eingeführt. Das zweite, das wir tun: Wir ermöglichen unseren Kunden, ihre vorhandene On-premise-Lizenz in die Cloud zu überführen. Wenn Sie eine Lizenz für eine Oracle-Datenbank haben, können sie die mitnehmen in die Cloud. Das einzige, wofür Sie zahlen müssen, ist die Automatisierungsfunktion des PaaS-Dienstes. Unterm Strich hat man so einen deutlichen Preisnachlass.

Die Proteste richten sich vor allem gegen die Lizenzbedingungen in virtualisierten IT-Umgebungen. Oracle stuft gängige x86-Virtualisierungslösungen wie VMware, Hyper V und Xen nur als Soft-Partitioning ein, was zur Folge hat, dass Ihre Produkte für den kompletten Server beziehungsweise Server-Verbund in Lizenz genommen werden müssen. Wird sich das ändern?

Johansen: Wir haben hier unsere eigene Sicht auf die Lizenzierung. Wenn Kunden dynamisch Computing-Workloads über viele Server hinweg verteilen, müssen wir dafür Lizenzgebühren nehmen. Unsere Kunden sind sich dessen bewusst. In der Cloud ist das übrigens einfacher. Dort bepreisen wir nur die Service-Instanz auf einer CPU.

Im vergangenen Jahr haben wir ein Gespräch zwischen Ihrem CEO Mark Hurd, dem CEO von AT&T John Donovan sowie einem unserer US-Kollegen veröffentlicht. AT&T verlagert Tausende von Datenbanken in die Oracle-Cloud, um Informationssilos aufzulösen, effizienter zu werden und mehr Freiraum für die Entwicklung neuer Produkte zu schaffen. Gibt es solche Großprojekte auch hierzulande?

Johansen: Tatsächlich sehen einige global aufgestellte Player TCO-Vorteile, wenn sie signifikante Workloads in die Cloud verlagern. Diese Diskussionen führen wir auch mit einigen Großkunden in Deutschland. Es geht um Effizienz, einfache Skalierbarkeit und die Einsparung von Ressourcen - es fehlt ja an allen Ecken und Enden Fachpersonal.

Der Schritt in die Cloud lohnt sich in vielerlei Hinsicht

Larry Ellison hat gesagt, er wolle mit Cloud-Softwarelizenzen mehr Geld verdienen als mit On-Premise-Lizenzen. Warum sollten die Kunden dann Kostenvorteile haben?

Johansen: Ich bin zu 100 Prozent sicher, dass Kunden enorme Kostenvorteile haben. Oracle kann aber trotzdem Geld verdienen. In den vergangenen Jahren verkauften wir die Datenbanklizenz, andere verkauften Server, Speicher, Software, Netzwerkequipment etc. - und manchmal noch den Betrieb obendrein. Wenn der Kunde nun mehr Kapazitäten an Oracles Cloud-Dienste überträgt, gewinnt er an Flexibilität, Skalierungsvorteilen, Sicherheit, und Time to market. Diese Vorteile werden unterm Strich deutlich messbar sein. Insofern ist das ist eine klare Win-Win-Situation.

Ein Blick auf Ihre letzten Quartalszahlen zeigt, dass auch das klassische On-premise-Geschäft noch um drei Prozent wächst. Haben die Kunden Ihre Cloud-Botschaft noch nicht verstanden?

Johansen: Da komme ich auf eine Ihrer vorherigen Fragen zurück: Sind Datenbanksysteme eine Commodity-Technologie? Tatsache ist, hier wird gerne investiert, denn es ist sinnvoll. Oracle wächst stabil im On-premise- und stark im Cloud-Markt. Wir haben immer noch sehr viele Kunden, die mit ihren Projekten auf einer intern installierten Datenbanksoftware aufsetzen und weit davon entfernt sind, ihre vorhandenen Infrastrukturen abzuschreiben. Schaut man aber auf die neuen, zukunftsgerichteten Projekte, dann laufen die mehrheitlich in der Cloud.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Woran arbeitet Oracle gerade, was wird in den nächsten zwei, drei Jahren wichtiger?

Johansen: Mit der Übernahme des ERP-Anbieters Netsuite haben wir rund 35.000 Kunden in unserer ERP-Cloud. Hier werden wir weltweit einen großen Sprung nach vorne machen. Wir sind nun auch stark im mittleren und unteren Marktsegment aufgestellt, mit unserer E-Business Suite waren wir das auch schon bei den Großkunden. Außerdem werden wir einige unserer Kunden dabei begleiten, auf unsere Autonomous Database zu wechseln. Das wird Fahrt aufnehmen und die Art und Weise des Datenbankbetriebs vollständig verändern.

Oracle hat kürzlich ein Unternehmen aus Australien übernommen, Aconex. Es bietet eine Plattform für Bauunternehmen an. Lieferanten, Bauträger, Projektmanager und andere können sich darauf organisieren und vernetzen. Wollen Sie künftig intensiver in Komplettlösungen für vertikale Märkte einsteigen?

Johansen: Mit dieser Akquisition haben wir eine neue weltweite Business Unit bei Oracle aufgemacht. Diese Strategie des vertikalen Fokus verfolgen wir schon eine ganze Weile, zum Beispiel für die Finanzbranche, Pharma oder Life Science. Das sind Akquisitionen für ganz bestimmte Industriesegmente, die Bedarf an ganz spezifischem Know-how haben. Wir machen das schon eine ganze Weile und werden es nun in der SaaS-Ära fortsetzen. Das ergibt viel Sinn.