Datenbank-Problematik darf nicht unterschätzt werden

06.02.1981

Seitdem die Fachabteilungen auch kleinerer und mittlerer DV-Anwender durch verstärkte Dialog-Verarbeitung "Blut geleckt" haben, werden die Datenverarbeiter mit immer neuen Forderungen konfrontiert. Aus dieser Situation heraus entscheiden sich nach Ansicht des Frankfurter DV-Leiters Ludwig Frank mittelländische Unternehmen häufig für den Einsatz einer Datenbank. Nur selten sei man sich dabei jedoch bewußt, welch immenser Aufwand mit der Umstellung auf ein

DB/DC-System verbunden ist. Die Probleme, die bei der Einführung einer Datenbank auftreten, seien in der Regel um vieles größer, als dies die Werbebroschüren der Hersteller ausweisen, konstatiert Gerd Heidinger von der Winkelhofer & Söhne KG. Der Münchner bekräftigt, daß er kleinere und mittlere Unternehmen vor der Verharmlosung der Datenbank-Problematik nur warnen könne. Diese verfügten in der Regel nicht über das erforderliche DV-Personals.

Hans-Georg Sontheimer

Leiter Datenverarbeitung, Magirus-Deutz AG, Werk Ulm

(IBM 370/158, DOS/US Honeywell Bull 66 DPS, Cicos)

Die Anforderungen an mittelgroße Unternehmen in bezug auf die Daten- und Informationsverarbeitung werden immer härter. Auf der einen Seite stehen die Anwender mit ihren Wünschen nach schnellen und aktuellen Informationen, rascher Integration neuer Projekte und dialogorientierten Systemen, auf der anderen die Datenverarbeitung, die mit dieser Problemstellung kaum Schritt halten kann.

Die "Software-Builder" sehen daher als Allheilmittel nur die Datenbanksysteme, die, vertraut man den Aussagen der Vertriebsbeauftragten, einfach zu installieren, leicht zu warten und jederzeit an die betriebliche Situation anzupassen sind.

In der Praxis sieht die Sache dagegen häufig anders aus. Die Installation geht noch relativ einfach vor sich, aber dann kommt die große Software-Krise. Rechner und DB-System sind zwar bereit, aber weder Anwender noch Programmierer verfügen über das entsprechende Know-how, um mit den auftretenden Problemen fertig zu werden.

Die DV-Abteilung hat kein ausreichend geschultes Personal, um bereits bei den Vorarbeiten "aktiv" die Datenbank mitzugestalten. Außerdem sind die Anwender meist nicht in der Lage, ihre Probleme EDV-technisch genau zu artikulieren.

Spezialisten aus Software-Häuser sind sehr teuer und belasten das relativ knappe EDV-Budget zusätzlich.

Aber selbst mit deren Hilfe ist die Inhouse-Crew überfordert, da die Aufgabe der fremden Analysten in erster Linie auf "Zum-Laufen-Bringen" erfolgsorientiert ist und bemessen wird.

Die Query-Sprachen, die es dem Anwender ermöglichen sollen, einfache Probleme ohne DV-Unterstützung zu formulieren und zu lösen, haben ebenfalls Haken und Ösen. Die Benutzer müssen in erster Linie die entsprechenden Zusammenhänge, Strukturen und Verkettungen erarbeiten, bevor sie solche Werkzeuge gezielt und sinnvoll einsetzen können, da die sonst übliche Rückversicherung aus der DV-Abteilung oft völlig fehlt.

Sicher haben Datenbanksysteme auch in mittelgroßen Unternehmen ihre Berechtigung und große Zukunftschancen. Wichtiger als schnelle Installation und rasche Übernahme alter Dateien ist zuerst die Schulung aller daran beteiligten Unternehmensbereiche, um das Verständnis für die neuen Tools zu schaffen und damit die Fundamente für einen soliden Aufbau zu legen. Im Gegensatz zu Großunternehmen sind DB-Experimente für mittelgroße Unternehmen gefährlicher, da die finanziellen Puffer sehr eng gesteckt sind und Fehlschläge die Existenz solcher Betriebe gefährden können.

Deshalb halte ich einen langsamen Übergang auf Datenbanksysteme mit entsprechenden Lernphasen und "Verschnaufpausen" für alle Beteiligten für sinnvoller als eine Ad-hoc-Umstellung, die meist nur den fortschrittlichen Charakter des Unternehmens demonstrieren soll.

Gert Heidinger

Leiter Betriebswirtschaft, Joh. Winkelhofer & Söhne KG, München (Siemens 7.521, BS2000)

Nachdem wir zehn Jahre lang Datenverarbeitung außer

Haus betrieben haben, entschieden wir uns im letzten Jahr für einen eigenen Computer. Seit Oktober 1980 haben wir nunmehr ein Siemens-System 7.521 installiert.

Auch wir haben anfangs in Erwägung gezogen, ein Datenbanksystem einer konventionellen DV-Anlage vorzuziehen. Jedoch waren wir relativ schnell davon überzeugt, daß sich ein mittelständisches Unternehmen unserer Größe und Struktur den Luxus einer Datenbank nicht leisten kann.

Da kleinere Unternehmen in der Regel nicht über das erforderliche geschulte DV-Personal verfügen, hätte eines unserer Hauptprobleme darin bestanden, einen qualifizierten Datenbank-Spezialisten auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Aber auch in unserem Betrieb. haben wir eine gewachsene Gehaltsstruktur, so daß wir kaum in der Lage gewesen wären, die von den DB/DC-Profis geforderten Summen zu akzeptieren. Hinzu kommt die Situation, daß sich wohl kaum ein Datenbank-Spezialist für eine Tätigkeit in einem Unternehmen unserer Größe begeistern würde. Hätten wir uns also in unserer Lage für eine Datenbank entschieden, so hätten wir eine Lösung, mit Ausnahme der geringfügigen Unterstützung des Herstellers, allein realisieren müssen.

Letztendlich waren wir auch der Meinung, daß der bei uns anfallende Datenumfang nicht groß genug ist, um eine DB/DC-Organisation zu rechtfertigen. Sollten es jedoch die Hersteller schaffen, ein Datenbank-System zu konzipieren, das anwenderfreundlicher und leichter zu handeln ist als die bisherigen Systeme, so wären auch wir bereit, den Schritt in diese Richtung zu machen. Ich kann nur jedes mittelständische Unternehmen vor der Verharmlosung einer Datenbank seitens der Hersteller warnen. Die Probleme, die allein mit der Installierung des Systems verbunden sind, scheinen mir doch größer, als dies in den Werbebroschüren der Anbieter ausgeworfen wird.

Josef Sporer

Chefprogrammierer, Dugena Uhren und Schmuck eG, Darmstadt (Sperry Univac 90/60, OS 4)

Wir sind ein mittelständisches Unternehmen mit rund 350 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 230 Millionen Mark. Bereits seit 1973 arbeiten wir mit einem Datenbank-System von Sperry Univac. Nach bisherigen Erfahrungen können wir sagen, daß sich der Einsatz einer Datenbank für uns effektiv gelohnt hat.

Bedingt durch eine von uns jährlich durchgeführte Messe erhalten wir etwa vierzig Prozent aller Aufträge in dem relativ kurzen Zeitraum von einer Woche. Die Verwaltung des Auftragsbestandes (Datenmenge zirka 900 000 bis eine Million Sätze) können wir somit nur optimal mit einer Datenbank lösen.

Für einen mittelständischen Betrieb gibt es weder nach unten noch nach oben hin ehe Grenze die den DB/DC-Einsatz erforderlich macht. Unternehmensbedingt ist dies vielmehr von Faktoren wie Datenmenge, Struktur und Aufgabe sowie von einer Vielzahl betriebsspezifischer Aktivitäten abhängig. Je nach Aufgabenstellung kann es sich sogar als sinnvoll erweisen, in einem Kleinstbetrieb ein Datenbank-System zu installieren.

Bei der Entscheidung für eine Datenbank sollte der Anwender nicht nur die herkömmlichen Vorteile eines derartigen Systems in Erwägung ziehen, sondern auch berücksichtigen, daß man gegenüber eher konventionellen DV-Anlage schnellere Zugriffszeiten erreicht. Durch die Vermeidung von Doppel-Speicherung der Daten kann man gleichzeitig Speicherkapazität einsparen.

Unbegründet ist vielfach die Angst der Benutzer vor einem "komplizierten Datenbanksystem". Eine Entscheidung gegen die Datenbank wird meist durch das Fehlen von Datenbankspezialisten begründet. Nach unserer Erfahrung ist jedoch ein DB/DC-System vom Prinzip her auch nicht schwieriger zu handeln als eine normale Datei. Ein mittelständisches Unternehmen kann, wenn es über einen qualifizierten Programmierer verfügt, problemlos eine Datenbank installieren und betreiben. Dazu bedarf es keinerlei externer Spezialisten.

Zugegebenermaßen besteht eine der Hauptschwierigkeiten der DB/DC-Einsteiger darin, erst einmal die Logik der Datenbank zu begreifen. Hinzu kommen geringfügige Probleme bei der Strukturierung, die jedoch nach einer kurzen Erfahrungsspanne weitgehend ausgemerzt sein sollten.

Eine wichtige Regel sollten sich jedoch Datenbank-Newcomer zu Herzen nehmen: Die Umstellung auf ein DB/DC-System muß schrittweise erfolgen. Die Programme müssen Step by Step übernommen werden. Mit einer Umstellung ad hoc die Endstufe der Anwendung erreichen w wollen, wäre geradezu tödlich.

Hält man sich für dieses Rezept, gibt es auch für ein Unternehmen mit geringfügiger Manpower keine Schwierigkeiten bei der Realisierung eines Datenbank-Konzeptes.

Ludwig Frank

DV-Leiter, Büro Actuell Einkaufs- und Marketing-Verband eG, Frankfurt (IBM 3-12, IBM /34)

Ich kann den Einsatz eines Datenbank-Systems in einem mittelgroßen Betrieb ohne Einschränkung bejahen. Wir haben bisher mit den IBM-Anlagen 3-12 und /34 gearbeitet und im letzten Jahr die Entscheidung für eine /38 getroffen.

In der Vergangenheit haben wohl die meisten Unternehmen im Basisdatenverarbeitungsbereich im Batch-Betrieb gearbeitet. Erst in letzter Zeit sind viele Anwender auf Dialog-Verarbeitung umgestiegen. Nachdem nunmehr die Fachabteilungen regelrecht "Blut geleckt" haben, werden die Datenverarbeiter mit immer neuen Forderungen konfrontiert. Diese können jedoch mit den vorhandenen Systemen und der relativ dünnen Personaldecke nur begrenzt realisiert werden, so daß es in vielen Unternehmen verstärkt zu Kontroversen kommt. Aus dieser Situation heraus werden heute vielfach Entscheidungen für eine Datenbank gefällt.

Das von uns georderte System /38 legt uns in verschiedenen Bereichen gewisse Zwänge auf. So müssen wir eine Umstellungsphase einkalkulieren, die mit einem riesigen Arbeitsaufwand verbunden ist. Außerdem muß durch den Datenbank-Einsatz unser Betrieb organisatorisch völlig umgestellt werden. Verständlich, daß wir die Installierung unseres neuen Systems sowohl mit einem lachenden, als auch mit einem weinenden Auge sehen. Auf der einen Seite steht der riesige Aufwand, der mit der Umstellung verbunden ist, auf der anderen ein zukunftsorientiertes und besseres Arbeiten, wenn die Installationphase abgeschlossen ist

Das größte Problem für einen DB/DC-Einsteiger liegt im Personalbereich. Da man im Umgang mit den konventionellen Maschinen bisher in anderen Dimensionen dachte, muß zuerst ein Umdenkungsprozeß bei den Mitarbeitern in Richtung Datenbank-Organisation stattfinden. Hinzu kommt, daß die DB/DC-Realisierung nicht mit der bisherigen Manpower möglich ist. Wir müssen also unsere DV-Mannschaft um mehrere Mitarbeiter aufstocken. Da jedoch das DV-Budget in mittelständischen Betrieben meist nicht die Möglichkeiten aufweist wie in Großbetrieben, könnte es bei den derzeit am Markt üblichen DV-Gehältern zu weiteren Schwierigkeiten kommen.

Datenbank-Einsteiger sollten sich von vornherein klar darüber sein, was sie mit ihrer Maschine überhaupt machen wollen. Wenn man seine Anwendung nur so weiterfahren will wie bisher, sollte man von einer Datenbank die Finger weglassen und bei seinem alten System bleiben.