Datenbank-Management kontra Tabellenkalkulation

05.12.1986

ESCHBORN (CW) - Die integrierten Pakete vom Schlage eines Framework oder Symphony waren in der Vergangenheit nicht gerade die größten Umsatzrenner. Auf das entscheidende Feature, nämlich die Integration, haben die Anbieter offensichtlich weniger Wert gelegt, da bei diesen und anderen Paketen lediglich einzelne Moduln zusammengefügt wurden. Welche Trends und Marketingstrategien sich daraus ableiten lassen, verdeutlicht der nachfolgende Beitrag, der einer PC-Software-Studie entnommen ist: die mehrseitige Gesamtstudie wird in Kürze von der IDC Deutschland GmbH in Eschborn herausgegeben.

Seit Jahren findet ein Wettrennen der drei wichtigsten Segmente für PC-Standardsoftware statt: An der Spitze liegt Textverarbeitung, gefolgt von Tabellenkalkulation und Datenbankmanagement. Textverarbeitung ist in gewisser Weise ein eigenständiger Bereich, der mit kleinerer oder größerer Zuwachsrate "automatisch" wächst. Das Niederschreiben und Verändern von Text ist einfach eine grundlegende Arbeit im Bürobereich. Hingegen stehen Software für Tabellenkalkulation und Datenbankmanagement in schärferem Wettbewerb, als das vielleicht auf den ersten Blick einsichtig ist.

Rechnen ist sicherlich ebenso wie Schreiben eine Grundfunktion der Büroarbeit (wenngleich der Einsatzbereich kleiner ist). Die Leistungsmerkmale der Tabellenkalkulationssysteme sind jedoch zum Rechnen mit den vier Grundrechenarten völlig ungeeignet. Taschenrechnersimulationen in Schreibtischpaketen wie beispielsweise Sidekick sind hier viel besser einsetzbar. Wenn Tabellenkalkulation nicht viel mit Rechnen im landläufigen Sinne zu tun hat, so doch mit der strukturierten Anordnung numerischer Daten und deren relationaler Verknüpfung. Die Formulierung macht deutlich, daß Tabellenkalkulation und Datenbankmanagement vom Prinzip her identische Logiksysteme mit jeweils anderen Schwerpunkten und Benutzeroberflächen sind. Es gibt keine Anwendung, die auf einer Kalkulationstabelle programmierbar und auf einem Datenbanksystem undenkbar wäre. Diese Überlegung mag man heute noch als reines Gedankenspiel abtun, sie wird aber mit hoher Wahrscheinlichkeit die absehbare Zukunft bestimmen. Die bessere Ausgangsposition im Wettbewerb der beiden Ansätze hat die Datenbanksoftware. Mit nur wenigen Veränderungen der Leistungsmerkmale in den Bereichen der Benutzeroberfläche und der numerischen Verarbeitung ließe sich ein System wie dBase III in eine vollwertige Kalkulationstabelle verwandeln. Ashton-Tates integriertes Paket Framework setzt bereits Datenfelder und -sätze mit den Zeilen und Spalten einer Kalkulationstabelle gleich. Es scheint sicher, daß der Kampf Datenbankmanagement kontra Tabellenkalkulation über kurz oder lang von der Datenbanksoftware gewonnen wird. Bis die allerletzte Auslieferung eines Tabellenkalkulationsprogrammes stattfindet, wird es allerdings noch ein bißchen dauern.

Aufwendigere Textsysteme

Textverarbeitungssoftware wird sich auch weiterhin als in gewisser Weise separates Einsatzgebiet behaupten können. Auf der Basis neuer PC-Generationen werden Leistungsmerkmale, die heute im PC-Bereich nur selten zu finden sind, bald zur Selbstverständlichkeit werden. Dazu gehören:

Dokumentverwaltung und

Volltextrecherchesysteme = Datenbank-Ansatz

Dokumentverwaltung bedeutet, daß ein System nicht nur einen einzelnen Text verwalten kann, sondern eine Vielzahl von Textdokumenten. Vorpreschend in dieser Hinsicht ist Ashton-Tate's Multimate, andere Anbieter wie Micropro (Wordstar) und Microsoft (MS-Word) dürften nachziehen.

Unter Volltextrecherche versteht man die Möglichkeit, einen Text nach einer beliebigen Zeichenkombination (etwa einem Wort) durchsuchen zu lassen. Alle gängigen Textsysteme offerieren bereits einfache Ansätze wie "Suchen" oder "Suchen und Ersetzen". Eine ganz andere Dimension erhält Volltextrecherche aber erst im Zusammenspiel mit Dokumentverwaltung (Suche über ein Dokumentarchiv), kontextsensitiven Suchverfahren (Beispiel "alle Umsätze, die zu Apple genannt werden"), Auswertung von Synonymverzeichnissen (Beispiel: bei der Suche nach "PC" werden automatisch auch die Begriffe "Personal Computer" und "Mikrocomputer" berücksichtigt) und anderem.