Der Meßplatz zum Netzwerk:

Daten-Monitor ersetzt den nassen Finger

29.02.1980

Je komplexer die Systeme werden, desto teurer wird jede Ausfallminute. Es wird also zunehmend wichtiger, einen Fehler umgehend zu lokalisieren und zu reparieren. In Netzwerken, speziell wenn sich der Anwender für Geräte verschiedener Hardwareanbieter entschieden hat, geht dies nicht immer glatt, da im Fehlerfall die Hersteller vielfach versuchen, das Problem von sich wegzuschieben. Die Kombination aus Diagnosesystem und dem Mann, der im Betrieb damit umzugehen weiß, dem TP-Koordinator, soll die Fehlstelle kurzfristig aufdecken und es so möglich machen, den zuständigen Servicedienst gezielt zu verständigen.

Um die getätigten und ständig wachsenden Investitionen im EDV- und insbesondere im DFÜ-Bereich optimal nutzen zu können, beziehungsweise optimal verfügbar zu halten, ist ein DFÜ-Diagnose-Meßplatz unbedingt erforderlich geworden.

Den Luxus mit herkömmlichen Meßmethoden und Testgeräten, sprich dem "Nassen Finger", Störungen und Fehlerquellen in Kommunikationsnetzen zu erraten, können sich nur noch wenige EDV-Leiter leisten. Das hierfür neu geschaffene Berufsbild des TP-Koordinators gewinnt deshalb ständig mehr an Bedeutung. Diesem muß jedoch ein besonderes Instrumentarium zur Verfügung stehen, nämlich ein Anwenderorientierter Diagnose-Meßplatz.

Ein Diagnose-Meßplatz rangiert typisch von 25 000 bis 250 000 Mark, je nach Größe und Ausbaustand. Eine derartige Investition setzt eine sorgfältige und gewissenhafte Planung voraus. Das bedeutet eine Ist-Analyse - darunter versteht man den derzeitigen Ausbaustand des Kommunikationsnetzes - und eine Soll-Analyse, also die zukünftig geplanten Ausbau- und Erweiterungsmöglichkeiten. Hierzu ist natürlich auch der Personal- und Ausbildungsstand des zur Verfügung stehenden oder geplanten Personals mitzuberücksichtigen. Zuletzt ist die Wahl des Standortes für den Diagnose-Meßplatz von großer Bedeutung. In den meisten Fällen ist der Meßplatz als Zentraleinheit im Rechenzentrum integriert. Es zeigt sich jedoch zunehmend, daß auch ein dezentraler Meßplatz aus Sicherheitsgründen mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Hierfür sind besondere Systembausteine mit Fernsteuerung und Fernüberwachung erforderlich. Diese neuartigen mikroprozessorgesteuerten Einrichtungen können genau auf die Anforderungen und Wünsche des Kunden zugeschnitten werden.

Auswahlkriterien für die Systembausteine

Um eine Aussage über den Zustand einer Datenübertragungsstrecke geben zu können, müssen auf der analogen, sprich Postleitungsseite, sowie auf der digitalen, zum Beispiel V.24-Schnittstellenseite, Messungen und Überwachungen vorgenommen werden. Für die analoge Meßtechnik besteht ein breites Angebot an entsprechenden Meß- und Testgeräten. Aufgrund der besonderen Situation in der Bundesrepublik Deutschland in bezug auf die rechtlichen Bestimmungen der Deutschen Bundespost, dürfen Analogmessungen von Seiten des Anwenders nicht durchgeführt werden. Es gibt jedoch zahlreiche Anwender, die hierfür eine Ausnahmegenehmigung der Post bekommen haben. Die Grundlage für einen Diagnose-Meßplatz ist der unterbrechungsfreie Zugriff zur digitalen Schnittstelle. Dafür gibt es unterschiedliche digitale Schnittstellen-Rangierfeld- und Umschaltsysteme.

Die richtige Installation ist ein Punkt, der nicht unterbewertet werden sollte. Er reicht von der Standortauswahl in bezug auf die maximal erlaubten Kabellängen über die Kabelbeschriftung, die Zugentlastungen, die unbedingt vorgesehen sein sollten, Einbautiefen für die unterschiedlichen Systembausteine, bis hin zum ergonomisch gestalteten Arbeitsplatz des Anwenders oder Bedieners. Diese Punkte setzen eine sachkundige Planung und Beratung unbedingt voraus. Es ist selbstverständlich, daß bei einem Diagnose-Meßplatz, der aus vielen Systembausteinen besteht, eine sorgfältige Schulung vorausgehen muß. Eine praxisbezogene Einweisung in den Diagnose-Meßplatz gewährleistet den optimalen Nutzen und Einsatz für den Anwender.

Neue Vermittlungstechniken (X.25)

In Europa werden von den verschiedenen Postbehörden neue paketorientierte Datennetze geplant. In Frankreich Transpac-Netz, in Deutschland Euronet und in den Skandinavischen Ländern Nordic-Net, um nur einige hier zu nennen. Diese neuartigen und komplexen paketorientierten Datennetze entsprechen den CCITT-Empfehlungen X.25 und X.75. Die Diagnose in diesen zukünftigen paketorientierten Vermittlungsnetzen setzen Meßgeräte voraus, die einen Einsatz auf der Bit-Ebene gewährleisten.

Die gesamte DÜ-Diagnose bezieht sich bei unseren Betrachtungen ausschließlich auf die digitale Schnittstelle. Inzwischen steht auch die Deutsche Bundespost dem Einsatz von qualifizierten DÜ-Diagnose-Meßplätzen sehr aufgeschlossen gegenüber. Zur Diagnoseunterstützung hat sich inzwischen das neue Berufsbild des TP-Koordinators in der Praxis bestens bewährt. Die vordringlichen Aufgaben eines TP-Koordinators bestehen in der schnellen Fehlerlokalisierung eines Kommunikationssystems; dazu dient ihm der Diagnose-Meßplatz. Er soll jedoch keine Störungen beheben, sondern lediglich koordinierend eingesetzt werden, um den richtigen Verantwortungsbereich und dadurch den richtigen Service-Techniker ansprechen zu können. Es fällt nicht schwer, hieraus resultierend die Vorteile für den Anwender ganz besonders bei Mixed-Hardware-Systemen zu erkennen. Durch den wirkungsvollen Einsatz von DÜ-Diagnose-Systemen erspart sich der verantwortungsbewußte DÜ-Anwender lange Ausfallzeiten und erreicht dadurch eine optimale Gesamtverfügbarkeit seines DÜ-Systems.

Den wichtigsten Systembaustein eines Diagnose-Meßplatzes stellt der DÜ-Monitor dar. Er erlaubt die passive Überwachung eines Übertragungs- oder Kommunikationskanals während des Betriebes. Die jüngsten Entwicklungen im passiven Monitorbetrieb stellen bei der Telemation der intelligente Daten-Monitor "Interview 3500" sowie das Modell "HC-802A" dar. Beide Geräte zeichnen sich durch einen neuartigen, gut lesbaren 7-Zoll-Bildschirm aus. Einfache Bedienung, integrierte Online-Kassette mit Schnittstellenabspeicherung, und sind für alle Protokolle inklusive den Bitorientierten Prozeduren wie SDLC, HDLC, X.25 vorbereitet. Dies ist besonders wichtig, da hier Entscheidungs- und Ausfallkriterien auf Bit-Ebene erfolgen und nicht wie bei üblichen BSC-Verfahren auf Zeichenebene. Durch die Menütechnik ist auch eine Programmierung nicht mehr erforderlich. Mit dem passiven Monitorbetrieb können etwa 75 Prozent aller DÜ-Diagnose-Anforderungen abgedeckt werden.

Für komplexe Offline-Tests sowie für Programmentwicklungen bei Schnittstellen-Adaptionen im Mixed-Hardware-Bereich sind interaktive Diagnose-Systeme erforderlich. Sie erfordern vom Anwender einen höheren technischen Ausbildungsstand und eine Einweisung in die Programmiertechnik. Hierzu möchte ich zwei Systeme vorstellen. Als erstes den intelligenten Datenübertragungs-Analysator "ÁFOX", Modell HC-803AT der Halcyon. Dieses portable Diagnosesystem besteht aus einem Monitorteil, einem interaktiven Simulationsteil mit hexadezimaler Eingabetastatur sowie einer integrierten Minikassette. Der "ÁFOX" ermöglicht interaktiven Simulationsbetrieb bis maximal 19 200 Bit pro Sekunde. Als zweites interaktives Simulationssystem stellen wir den "INTERSHAKE II" vor. Durch den integrierten 16-Bit-Minicomputer lassen sich hier interaktive Simulationsanwendungen auch im höheren Geschwindigkeitsbereich bis maximal 256 K durchführen. Für beide Systeme steht zur Langzeitprotokollierung ein entsprechendes Magnetbandaufzeichnungsgerät zur Verfügung.

* Peter J. Mikutta ist geschäftsführender Gesellschafter der Telemation, Gesellschaft für Datenübertragung mbH, Frankfurt.