Messe-Rundgang: Business Intelligence

Data-Warehouse-Trend spiegelt sich auf der Messe wider

08.10.1999
MÜNCHEN (CW) - Der ohnehin schon heterogene Markt für die innerbetriebliche Informationslogistik teilt sich weiter auf. Sorgten zunächst Begriffsdefinitionen von Data-Warehouses, Data-Marts und Business-Intelligence-(BI-)Anwendungen für Verwirrung, legen die Anbieter jetzt noch einen drauf: Dieses Jahr gehören die Web-Integration, vertikale Lösungen, der Mittelstand sowie die BI-Alternativen Marke Eigenbau und von der Stange zur Munition der Marketing-Abteilungen. Ein Besuch der Systems ''99 kann hier zur Klärung beitragen.

Wer die Halle A1 betritt, wird unvermeidlich auf die Stände der SAP AG treffen. Die Walldorfer haben den größten Block im Mittelteil gebucht, wo sie unter anderem Innovationen zum eigenen "Business Information Warehouse" (BW) vorstellen. Das Schlagwort hier heißt "lösungsorientiert": Verschiedene vorkonfigurierte Inhalte (Business Content) im BW sollen auf Basis der R/3-Prozesse extrahiert, zu einem Meta-Datenmodell verknüpft und über das Enterprise-Portal MySAP.com als Reports zur Verfügung gestellt werden.

Neu im BW 2.0 ist die vollständige Web-Integration, denn bislang wurde Microsofts Excel als Präsentations-Layer eingesetzt. Informationen sollen über das Internet beschafft sowie auf dem gleichen Weg zur Verfügung gestellt werden. Die Lösung ist voraussichtlich im ersten Quartal 2000 erhältlich. Darüber hinaus plant SAP, das BW für den Mittelstand aufzubereiten. Nach Aussage der Walldorfer wird sich der Softwarekonzern auch in der AS/400-Welt engagieren.

Die Firma Business Objects siedelt sich mit einem Partnerstand auf der SAP-Bühne in Halle A1 an. Das französische Unternehmen hat, um der allgemeinen Entwicklung Rechnung zu tragen, einen Buchstaben vor das Lösungsspektrum gesetzt, das sich jetzt "E-Business-Intelligence" nennt. Dadurch soll die Integration von Extranets in die Information Supply Chain signalisiert werden. Weitere Schwerpunkte sind die Anbindung an ERP-Lösungen; nicht zuletzt wegen der räumlichen Nähe ist dabei in erster Linie R/3 von SAP gemeint.

Die Produkt-Suite "Business Objects" ist in der neuen Version 5.0 zu sehen. Zu ihr gehören ein gleichnamiges Werkzeug für Analyse, Reporting und Online Analytical Processing (Olap) sowie eine HTTP-Server-Komponente namens "Webintelligence 2.5". Weitere Tools sind der "Broadcast Agent" für den Versand von Nachrichten, der "Set Analyzer" zur Bearbeitung vorstrukturierter Datensätze sowie die Microsoft-basierte Entwicklungsumgebung "Developer Suite". Parallel sind die Lösungen auf dem Microsoft-Partnerstand 129 in Halle A4 zu sehen.

Ebenfalls im SAP-Revier in Halle A1 findet sich der Stand von Informatica. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, den Aufbau von Decision-Support-Systemen und die Integration in betriebswirtschaftliche Standardprogramme zu beschleunigen. Der Backend-Spezialist für Analysesoftware präsentiert seine Produktgruppe "Powerconnect". Diese kommt zuerst für SAP und Peoplesoft auf den Markt und extrahiert Daten sowie Metadaten aus dem Backend-System. Der "Powercenter"-Server bereitet die Informationen auf und lädt diese in Warehouses beziehungsweise Marts.

Diese semantische Schicht namens "Business Component Framework" soll Anwender von der Komplexität der Quelldatenbestände abschirmen. Datenelemente, die ein entsprechendes Geschäftsobjekt umfassen, werden von den Tools als abstrakte Einheit identifiziert, umgewandelt, strukturiert und gebündelt. Die Komponenten legen dabei den Extraktionsprozeß fest, so daß sich der Entwickler ganz auf die Formulierung der Transformationslogik konzentrieren kann, ohne Abfragedefinitionen festlegen zu müssen.

Nicht weit entfernt in Halle A1 hat Sagent Technologies seine Zelte auf Stand 342 aufgeschlagen. Das Unternehmen aus Grasbrunn bei München bringt seine Data-Warehouse-Lösung "Sagent Solution" in Version 4.0 mit nach Riem. Neu ist das Zusatzmodul "Metalens Reports" für den Zugriff und die Analyse von Metadaten im Repository. Anwender, die Sagents "Data Load" oder den "Data Server" einsetzen, können sich das Tool kostenlos aus dem Internet herunterladen.

Gleich 19 Berichtsvorlagen von Sagent sollen die Verwaltung eines Data-Warehouse auf Trab bringen. Sie informieren den Anwender in drei Management-Bereichen: Zum einen geben sie Aufschluß über einzelne Repository-Elemente und deren Abhängigkeiten, ferner zeigen sie die Abfragehäufigkeit der Datenbanktabellen, und schließlich analysieren sie die Auswirkungen von Veränderungen einzelner Data-Warehouse-Komponenten, um die Planungssicherheit bei Erweiterungen zu erhöhen.

Hyperion hat den Stand 545 in Halle A1 bezogen. Dort präsentiert das Unternehmen die Version 6.0 ihres plattformübergreifenden Olap-Servers "Essbase". Neu ist die Analyse der Geschäftsprozesse in den Bereichen Customer-Relationship-Management (CRM) und Supply-Chain-Management (SCM). Außerdem soll das Tool darüber wachen, wie es um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens bestellt ist. Das Know-how aus dem Bereich Performance-Management hatte sich Hyperion erst im Mai mit der kanadischen Firma Sapling eingekauft.

Die MIK-Gruppe aus Konstanz hat sich ebenfalls in Halle A1 angesiedelt. Auf Stand 511 liegt das komplette Portfolio aus, das sich aus "MIK-Olap 4.0", "MIK-One" sowie "MIK-Reporting" zusammensetzt. Letzteres Query-Tool erhielt zusätzlich den Namen "Seagate Info 7", was die im Juli geschlossene Partnerschaft mit der Firma Seagate Software IMG widerspiegelt. Mit seiner Hilfe lassen sich Reports über Netzwerk, Internet oder E-Mail an beliebig viele Nutzer verschicken, wobei die ordnungsgemäße Verteilung von einem integrierten Sicherheitssystem überwacht wird.

MIK-One ist eine Controlling-Oberfläche für die Informationsdarstellung für Manager. Beispielsweise sind Vorjahresvergleiche und ein Währungsrechner integriert und damit ohne Programmieraufwand verfügbar. Die multidimensionale Datenbank MIK-Olap schließlich ist speziell auf betriebswirtschaftliche Abfragen zugeschnitten. Darunter fallen die Bereiche Vertrieb, Einkauf, Personal und Logistik. Nach Angaben des Unternehmens wurde in der neuen Version das Tempo der Abfragen erhöht, während man die Cube-Größe und den Arbeitsspeicherbedarf reduziert hat - Stichwort "Olap auf Notebooks".

Neue Halle, neues Glück

Nebenan, in Halle A2, warten die Datenbanker von Oracle mit dem größten Stand, Nummer 163, auf. Das Unternehmen zeigt Neuheiten zu den Komponenten "Warehouse Builder", "Data Mining", "Balanced Scorecard" und "Express Server". Oracle hatte bisher hinsichtlich Data-Mining nicht viel zu bieten und erwarb kürzlich den Spezialisten Thinking Machines. Danach wurden Features von dessen Mining-Werkzeug "Darwin" in die Datenbank "8i" integriert. Das Werkzeug zeichnet sich laut Oracle durch seine Skalierbarkeit und den großen Methodenumfang aus. Der Express Server schließlich dient zum Aufbau komplexer analytischer Applikationen, wurde in einigen Punkten verbessert und erlaubt zusammen mit dem "Relational Access Server" den Aufbau hybrider Warehouse-Architekturen.

Ein paar Schritte über den Flur, auf Stand 351 in Halle A2, finden sich die aktuellen Angebote von Hummingbird Communications. Die Firma bringt die Version 3.1 der "Genio"-Suite aus Hamburg mit nach München. Auf Grundlage eines Metadatenspeichers wird der Informationsfluß in den Systemen der Entscheidungsunterstützung durch Genio transformiert, bereinigt und gesteuert, so das Unternehmen. Darunter fallen Data-Warehouses, Data-Marts, ERP-und CRM-Systeme sowie Olap-Umgebungen. Das Ergebnis sei eine konsistente Datenbasis, wodurch sich Barrieren für den elektronischen Datenaustausch im Unternehmen beseitigen ließen.

Einen Katzensprung entfernt, auf Stand 347, haben sich die Business-Intelligence-Spezialisten von Cognos niedergelassen. Daß der Hersteller zu Recht behauptet, die erste integrierte Gesamtlösung für unternehmensweite BI-Anwendungen auf den Markt zu bringen, werden die Marketing-Abteilungen der Konkurrenten bezweifeln. Das neue Standkonzept jedenfalls sollte einen Besuch wert sein: Angeblich wird hier während der Messe kein einziger Monitor zu sehen sein, geschweige denn ein Computer. Das ist löblich.

Mittels Gesprächen wollen die Cognos-Vertriebler auf die neuen Funktionen ihrer BI-Plattform aufmerksam machen. Darunter fallen auch vorgefertigte Applikationen für Data-Marts, die sich nach Aussage von Cognos vom Anwender sofort einsetzen lassen. Es handele sich dabei ausdrücklich nicht um Tools, mit denen Berichte implementiert und definiert werden, sondern um fertige Reports, die dem Best-Practice-Ansatz folgen. Eine individuelle Einstellung sei darüber hinaus jederzeit möglich.

Der Stand 438 in Halle A2 wurde von Applix gemietet. Der Präsentationsschwerpunkt liegt auf der Inter- und Intranet-Fähigkeit der Produkte. Anders als Business Objects wählte Applix jedoch kein "E", sondern ein "I" als Hinweis auf neue Funktionalitäten. Die multidimensionale Olap-Datenbank des Unternehmens heißt folglich ab der Version 7.1 "ITM1". Ein neues Werkzeug namens "Turbo Integrator" soll den Datenimport in den Cube beschleunigen. Die dazu erforderliche Anpassung der Datenquellen erfolgt über eine mitgelieferte Scriptsprache.

Andere Neuheiten von ITM1 sind neben einer verbesserten Programmier-Schnittstelle, "OLE DB for Olap", eine erweiterte Browser-Funktionalität. Diese macht jetzt beispielsweise den Drilldown direkt im Spreadsheet möglich. Darüber hinaus gibt es ab sofort eine Funktion, mit der direkt auf Benutzer, Gruppen und Rechtedefinitionen zugegriffen werden kann.

Der am Neuen Markt notierte Standardsoftware-Anbieter Soft M stellt seine AS/400-Rechner in der Halle A2 am Stand mit der Nummer 133 auf. Neben Innovationen im Vertriebs- und Kundendienstbereich zeigt die auf mittelständische Unternehmen spezialisierte Firma eine Olap-Lösung vom Darmstädter Anbieter MIS AG. "Alea" wurde in das ERP-Paket "Soft M Basis/400" integriert. Damit sollen sich quasi per Knopfdruck Daten aus der betriebswirtschaftlichen Standardsoftware extrahieren und auswerten lassen.

Wer die MIS AG direkt besuchen will, muß sich bis in Halle A4 durchkämpfen. Auf dem Microsoft-Partnerstand 129 zeigt das Unternehmen, wie sich das Decision-Support-System Alea an den "SQL Server 7.0" des Softwareriesen anflanschen läßt. Das neue Release soll die Integration betriebswirtschaftlicher Planungs- und Analyseapplikationen in bestehende Data-Warehouse-Umgebungen vereinfachen. Im Bereich des Marketing- und Vertriebscontrollings hat die Firma darüber hinaus den "Deltaminer" in der neuen Version 3.7 im Sortiment.

Eine Analyseplattform für den SQL Server bietet auch DC Soft an - ebenfalls unter dem Dach der Gates-Company auf Stand 129. Der Olap-Client hat den Namen "Proclarity 2.0" und umfaßt ein Software-Development-Kit zur Entwicklung eigener Anwendungen rund um Microsofts Olap-Services. Die ab sofort erhältliche Software stammt vom Anbieter Knosys und läßt sich entweder als Client-Server- oder als Internet-Anwendung nutzen. Durch die Integration von Browser-Technologien können Web-Adressen, HTML-Seiten und Office-Dokumente in die Analysen eingebunden werden.

Die Intellicube Software AG schließlich residiert in Halle 5 auf Stand 405. Mit im Gepäck hat die Kölner Firma das Programm "Control-It" speziell für kleinere und mittlere Unternehmen. Dabei handelt es sich um ein betriebswirtschaftliches Planungs- und Analysesystem auf Olap-Basis. Die Geschäftsprozesse sind nach Herstellerangaben nicht direkt im Programm codiert, sondern in Form sogenannter Modelle abstrakt hinterlegt. Es ist jedoch möglich, völlig eigenständige Analysemodelle zu entwickeln.

Reports werden mit Hilfe von Excel-Masken definiert, wobei die Datenhaltung auf dem zentralen Olap-Server erfolgt. Als Datenspeicher wird Alea von MIS eingesetzt, das im Lieferumfang von Control-I+ enthalten ist. Ferner kann das Tool auf den SQL Server 7.0 und ODBC-Quellen zugreifen. Zu mittelständischen Buchhaltungssystemen, beispielsweise von Sage KHK ("Classic Line", "Office Line") oder Datev, bestehen Datenanbindungen.