Internet-Zugang auf Langstreckenflügen

Das World Wide Web hebt ab

15.06.2001
Flugzeuge sind die letzten Internet-freien Refugien. Das wird sich schon bald ändern. Noch in diesem Jahr soll der Datenzugang auch über den Wolken möglich werden. Flugzeughersteller und Airlines arbeiten derzeit an der Realisierung entsprechender technischer Systeme. Von Frank Littek*

Den Passagieren an Bord von Flugzeugen soll bald der gleiche Zugang zu digitalen Medien und elektronischer Kommunikation möglich sein, wie sie ihn von zu Hause oder aus dem Büro kennen. Neben der Nutzung des Internet ermöglicht eine neue Technologie auch den Empfang von Fernsehprogrammen an Bord.

Grundlage für dieses Angebot ist eine vom amerikanischen Flugzeughersteller Boeing entwickelte Antennentechnologie, die Datenübertragungsraten von maximal 5 MBit/s erlaubt. Äußerlich sind die Antennen bei einer Bauhöhe von wenigen Zentimetern kaum sichtbar. Die Übertragung der Daten erfolgt via Satellit.

Nach den Planungen von Boeing sollen die neue Dienste etwa so viel kosten wie mobiles Telefonieren. In der ersten Phase des Systemaufbaus werden bereits bestehende Satelliten eingesetzt. Langfristig plant der Flugzeugbauer aber auch den Einsatz neuer Satelliten zu diesem Zweck.

Für Boenig ist die Entwicklung der Internet-Technik an Bord von Flugzeugen ein gutes Argument gegenüber ihren Kunden, den Airlines. Diese wiederum dürfen mit einer entsprechenden Nachfrage ihrer Passagiere rechnen. Phil Condit, Vorstandsvorsitzender von Boeing, zum Nutzen der neuen Technik: "Bei Flugreisen haben Sie heutzutage wenige Optionen. Sie können ein Buch lesen oder einen von verschiedenen Filmen anschauen. Aber bald können Sie sich unterwegs ein Fußballspiel live ansehen oder die aktuellen Börsenkurse abfragen."

Auch wenn "Connexion by Boeing", wie der Service heißt, als globaler Dienst geplant ist, wird das System zunächst nur für den nordamerikanischen Markt zur Verfügung stehen. Über Europa und dem Nordatlantik soll das Angebot ab 2002 in Betrieb gehen.

Nachfrage ist absehbar

Schon heute lässt sich eine rege Nachfrage nach der neuen Technik von Seiten der Passagiere absehen. Deswegen haben sich die Airlines - im Konkurrenzkampf um die Gunst der Fluggäste für jeden Wettbewerbsvorteil dankbar - dieses Themas angenommen.

Erste Erfahrungen in diesem Bereich konnte zum Beispiel die Lufthansa sammeln. Die Hamburger Lufthansa Technik stattete einen Airbus A 340 für eine Privatkunden mit einem entsprechenden System aus. Zum Einsatz kam dabei die Antennentechnologie von Boeing. Neben dem Internet kann der Kunde damit an Bord seiner Langstreckenmaschine 400 TV-Kanäle empfangen.

Sobald der Internet-Zugang über den Wolken allgemein verfügbar ist, will die Lufthansa diesen Service anbieten. Um die Möglichkeiten des Internet zu nutzen, muss der Passagier dann lediglich seinen eigenen Laptop in eine dafür vorgesehene Buchse stöpseln, so wie es heute auch schon bei der Nutzung der Kopfhörer üblich ist.

Auch zahlreiche andere Airlines planen den Einbau der neuen Technik oder prüfen zurzeit die Einsatzmöglichkeiten. Dabei zeichnet sich eine Zweiteilung des Marktes ab: Fluggesellschaften, die eher Kurz- und Regionalstrecken befliegen, werden wahrscheinlich vom Einbau der neuen Technik absehen. Ein Beispiel ist Tyrolean Airways. "Da es sich bei Tyrolean Airways um eine reine Regionalfluglinie handelt, besteht für uns leider keine Möglichkeit, das Internet in der Passagierkabine zu nutzen", stellt Stefan Bracher von der kleinen österreichischen Fluglinie fest. Ähnlich die Deutsche BA. "Wir sind der Meinung, dass die Maßnahme des Internet-Angebots auf Kurzstrecken in keiner vernünftigen Kosten-Nutzen-Relation stehen würde", erläutert Pressesprecherin Antje Urban. "Jedoch überdenken wir derzeit die Möglichkeit von Internet-Zugängen in Warteräumen."

Airlines mit einem großen Langstreckenanteil planen dagegen einen Einbau der neuen Technik. So befinden sich entsprechende Systeme bei Singapore Airlines und Qantas in der Erprobung. Nicht anders sieht es bei Austrian Airlines aus. "Sobald ein technisch ausgereiftes System angeboten wird, planen wir, es auch den Passagieren zur Verfügung zu stellen", kündigt Pressesprecher Johann Jurceka an. Japan Airlines überprüft die Einführung im Rahmen einer großangelegten Studie zur Bordunterhaltung, wie Pressesprecherin Martina Dietrich erläutert. Dabei "ist der Internet-Service ein Teilaspekt".

Internet in allen Klassen

Abgeschlossen ist dagegen die Entscheidungsfindung bei Korean Airlines. "Für alle Maschinen, die ab 2001 geliefert werden, ist die Ausstattung mit Internet-Zugang in allen Klassen geplant", vermeldet Beate Zwerman-Seibert für das Unternehmen. Und British Airways, der große Lufthansa-Konkurrent in Europa? "Wir sind der Überzeugung, dass es eine Nachfrage nach Internet-Zugängen an Bord gibt", sagt Pressesprecherin Stefanie Schröder. Aus diesem Grund "testet British Airways momentan den Einsatz an Bord. Erweisen sich die Tests als erfolgreich, wird British Airways seinen Passagieren die Internet-Nutzung an Bord schnell ermöglichen."

* Frank Littek ist freier Journalist in Heeslingen.