Das US-Justizministerium wird hellhoerig Antitrust-Richter werden sich ueber Microsoft-Praktiken nicht einig

30.07.1993

MUENCHEN (CW) - Der Versuch der US-Antitrust-Behoerde Federal Trade Commission (FTC), gegen Microsoft ein Verfahren wegen unlauteren Wettbewerbs einzuleiten, endete zum zweiten Male mit einem Patt zwischen den vier Richtern. Die offenkundige Entscheidungsunfaehigkeit des FTC hat jetzt das US- Justizministerium auf den Plan gerufen, das den Fall moeglicherweise an sich ziehen will.

Grosse Bedeutung wird der Untersuchung gegen Microsoft vor allem deshalb zugeschrieben, weil das Unternehmen in den USA vielen Herstellern als Hoffnungstraeger gilt. Dort wird diskutiert, ob die umstrittenen Erfolgsrezepte von Bill Gates nicht von der kriselnden Branche adaptiert werden sollten.

Zum Politikum wird der Fall darueber hinaus, weil er als Praezedenzfall der Regierung Clinton fuer den Umgang mit der Industrie gilt. Nach Darstellung der "Financial Times" ist das Patt vor allem auf die Haltung der konservativen Republikanerin Deborah Owen zurueckzufuehren, die Microsoft vehement gegen jegliche Vorwuerfe verteidige. Dennoch haette die Paralysierung des FTC vermieden werden koennen, wenn die US-Regierung die fuer ein klares Abstimmungsergebnis noetige und seit einiger Zeit vakante fuenfte Position im Richtergremium wiederbesetzt haette.

Die eher nachlaessige Haltung der Bush-Administration soll sich unter Clinton aendern. So verspricht Ann Bingaman, im US- Justizministerium fuer Antitrust-Vergehen zustaendig, dass "die neue Regierung bei Wettbewerbsverletzungen einen strengeren Kurs einschlagen" werde.

Die Juristin deutete an, dass das Justizministerium den Fall Microsoft an sich ziehen koennte. Diese Option besteht, weil die FTC-Richter sich zwar nicht fuer eine Klageerhebung, wohl aber gegen den Antrag von Deborah Owens auf eine Abweisung aller Vorwuerfe verstaendigen konnten.

Trotz dieser Sachlage deutet William Neukom, Microsofts Vice- President fuer juristische Angelegenheiten, die Entschlusslosigkeit des FTC als positives Zeichen: "Die Commission ist nach ausgiebigen Nachforschungen zu dem Schluss gekommen, dass die Ergebnisse keine Klage gegen Microsoft rechtfertigen."

Hohe Rabatte

fuer OEM-Partner

Seit rund drei Jahren untersucht das FTC Vorwuerfe von Mitbewerbern, wonach Microsoft mit unlauteren Mitteln seine dominante Stellung im PC-Softwaremarkt ausbaue. Konkret soll die Gates-Company bei Anwendern die Befuerchtung geschuert haben, dass Windows nicht reibungslos auf der

Systemsoftware anderer Anbieter laufen koenne. Darueber hinaus sollen die Lizenzpraktiken von Microsoft darauf ausgelegt sein, Konkurrenten vom Markt zu verdraengen.

Zu der Verhaertung der FTC-Positionen kam es vor allem wegen der Microsoft-Praxis, OEM-Partnern besonders hohe Rabatte einzuraeumen, wenn diese ihre Rechnerlinien ausschliesslich mit einem vorinstallierten Microsoft-Betriebssystem ausliefern. Mit dieser Politik, so der Vorwurf, werde es fuer die OEMs unattraktiv, andere als Microsoft-Betriebssysteme anzubieten.

Selbst Jochen Haink, Geschaeftsfuehrer der Microsoft GmbH, raeumt die konkurrenzverdraengende Wirkung dieses Verfahrens ein: "Natuerlich hat so eine Exklusivitaetsklausel bei einem kleinen Anbieter eine andere Wirkung als bei einem grossen" (vgl. CW Nr. 25 vom 18. Juni 1993, Seite 11).

Dass den Anwendern die scheinbar kundenfreundliche Politik des Anbieters langfristig nicht unbedingt entgegenkommt, verdeutlicht Susan Klum, Leiterin der Unternehmensberatung Micro Resources, San Franzisko: "Derzeit erfuellt Microsoft offenbar die Kundenwuensche, wenn aber die Softwarepreise in einigen Jahren steigen, koennte es an preiswerten Konkurrenzprodukten fehlen."