Jahresrückblick/Jahresrückblick, Teil 2 (November und Dezember)

Das Unwort des Jahres: New Economy

05.01.2001
Auch im zweiten Halbjahr 2000 machen die Hype-Unternehmen des neuen Wirtschaftens vor allem mit schlechten Nachrichten von sich reden. Die Ausnüchterung einer Branche setzt sich fort - und endlich greifen gesunder Menschenverstand und Realitätssinn wieder Platz.

November

So banal das technische Problem zu sein scheint: Immer wieder müssen Notebook-Hersteller zu Tausenden ihre Geräte zurückrufen, weil deren Akkus nicht funktionieren. Im November hat es Compaq erwischt. 55000 Energiespender für die Notebook-Modelle "Armada 500" und "V300" fangen bei Überhitzung an zu qualmen. Ähnlich erging es erst wenige Monate zuvor Dell : Der Direktanbieter musste 27000 Akkus zurückbeordern. Brandgefahr lautete die Diagnose. Nein, es sind übrigens keine namenlosen taiwanischen Lieferanten, die die Akkus beigesteuert hatten, sondern Sanyo Electric und Sony .

Dafür kann Compaq wider Erwartung, weil gegen den momentanen Branchentrend, auf sehr befriedigende Ergebnisse für das dritte Quartal verweisen: 288 Prozent Steigerung beim Nettogewinn, der erwirtschaftete Umsatz steigt um 22 Prozent. Ganz neue Gefühle deshalb auch bei CEO Michael Capellas: Erstmals seit undenkbaren Zeiten ist die Aktie seines Unternehmens mehr wert als die des Erzrivalen Dell.

Diese Meldung hat uns gerade noch gefehlt bei all dem Elend am Neuen Markt und den Unwägbarkeiten der New Economy: Nach einer Untersuchung der amerikanischen Sicherheitsberater Kroll Associates arbeiten in rund 40 Prozent der amerikanischen Internet-Unternehmen Manager mit zwielichter Vergangenheit . Das kriminelle Know-how reicht vom Betrugsdelikt bis hin zu Kontakten mit der Russen-Mafia . Apropos Sicherheit der Daten: Manchmal hilft ja schon der gesunde Menschenverstand, um das Schlimmste zu verhüten. Niemand weiß das besser als der britische Geheimdienst MI5: Dessen Schlapphüte haben dieses Jahr geheimste Informationen auf ihren Notebooks in Tapasbars hinterlegt oder sich auf Londoner Bahnhöfen klauen lassen.

Eine ewige Wahrheit bringt im November einmal mehr die COMPUTERWOCHE- Gehaltsstudie an den Tag: Wer sich gut verkauft, bekommt auch mehr. Und noch was darf als gegeben angesehen werden: Die Computerbrache zahlt satt. Fünf bis zehn Prozent Gehaltssteigerung gegenüber dem Vorjahr sind mehr, als sich Gewerkschaftler normalerweise zu erträumen wagen.

Wenn es nicht ein krimineller Akt und insofern zu verurteilen wäre, könnte einen fast so etwas wie klammheimliche Schadenfreude darüber anwandeln, dass Microsoft selbst Opfer einer Attacke von Hackern wird, die in das Allerheiligste des hauseigenen Computersystems eindringen. Unter den entwendeten Entwickler-Sourcecodes sollen sich auch neue Versionen von Windows-Betriebssystemen und der Office-Suite befinden. Nicht ohne Häme registriert der Rest der Welt, dass die Hacker sich ein Feature des Mail-Systems "Outlook" zunutze machen, mit dem schon der "Iloveyou"-Virus seine verheerende Wirkung entfaltet hatte: Über Anhänge an E-Mails können virenverseuchte Dateien durch das löchrige Sicherheitssystem von Microsoft schlüpfen und auf PC-Netze zugreifen.

Wer noch Zweifel gehabt haben sollte, wird in Berlin auf dem Kongress " Windows 2000 Migration " eines Besseren belehrt: Der Wechsel auf Microsofts neues Betriebssystem ist - so die einhellige Meinung der Anwesenden - ein Klacks, zu vergleichen nämlich mit einer R/3-Einführung.

Für einen Donnerschlag sorgt das Landgericht Münster, als es im November zugunsten eines Autohändlers entscheidet, der auf Herausgabe eines nagelneuen VW Passat Variant TDI verklagt wurde. Anlässlich einer Versteigerung beim Online-Auktionator Ricardo hatte der Kläger das gute Stück zum letzten Gebot von 26350 Mark und damit für weniger als die Hälfte des Listenpreises erstanden geglaubt. Das Angebot des Automobilhändlers sei aber, entscheiden die Richter, kein Angebot im juristischen Sinn gewesen, sondern lediglich eine Aufforderung zur Abgabe von Angeboten. Der Lateiner nennt so was "invitatio ad offerendum" und der Kläger einfach "Sch...".

Von Sony stammt die Idee eines Roboter-Hündchens . Der hört auf den Namen "Aibo", hatte schon so manches Herz auf der Berliner Menschheitsgeschichte-Ausstellung "Sieben Hügel" erwärmt und ist eigentlich doch etwas für sozial Depravierte: Das blecherne Stück, dessen Name übersetzt "Gefährte" bedeutet, kann gegenüber einer Vorversion laut PR-Text seine Gefühle noch besser ausdrücken: Er wackelt nämlich mit den Ohren - was der Autor dieser Zeilen zum Beispiel nicht kann. Leuchtdioden an Kopf und Schwanz führen direkt zum Gefühlszentrum des zudem kommunikativen Haustiers: Redet man ihn nämlich nur lang genug mit seinem Namen an, merkt er sich diesen und wackelt freudig mit den Extremitäten. Robotnik ist in Schwarz, Rot und Gold erhältlich - im Dreierpack somit als Geschenk für deutsche Staatsgäste geeignet - und kostet ohne Software, also noch ganz blöd, immerhin doch nur 3400 Mark.

Für Unmut allenthalben sorgen Nachrichten, SAP versuche, seine bisherigen R/3-Kunden mit mehr oder weniger sanfter Gewalt auf die Mysap.com -Plattform zu locken. Wer zu lange zögert, soll dies im Geldbeutel zu spüren bekommen. Entsprechende Veröffentlichungen kommentieren die Walldorfer nicht ohne gewisse Enervierung.

Anfang November wird immer klarer, dass Hewlett-Packard die Lust an einer Übernahme der Beratungssparte von Pricewaterhouse-Coopers verloren hat - zumindest zu den bisherigen Konditionen. Von 17 bis 18 Milliarden Dollar Kaufpreis in bar und durch Aktientausch ist die Rede. Seit den ersten Übnernahmegerüchten im September ist HPs Aktienkurs allerdings um 23 Prozent gesunken. Auch melden immer mehr Investoren, welche die Übernahme begleiten sollen, Bedenken an, ob eine Eingliederung von 30000 PwC-Beratern in HPs 6000-Mann-Consulting-Truppe eine so gute Idee ist.

Dass die mittlerweile ziemlich sinnlos gewordenen kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten zwischen Israelis und Palästinensern nun auch im Internet ausgetragen werden, stimmt nicht gerade hoffnungsvoll für die Zukunft des WWW. Die US-Bundespolizei FBI hatte gewarnt, dass Firmen, die im Krisengebiet Geschäfte mit den Israelis machen, könnten Ziel cyberterroristischer Attacken werden. Jetzt erwischt es Lucent Technologies . Hacker greifen die Website des Unternehmens an und versuchen, diese mit massiven Anfragen zu fluten und so in die Knie zu zwingen. Ein Lucent-Sprecher bestätigt, dass Überwachungsmaßnahmen auf palästinensische Angreifer hindeuten.

So langsam kann man Mobilcom-Chef Schmid verstehen, wenn er lieber heute als morgen seine Firma vom Neuen Markt abziehen und am geregelten Markt platzieren würde. Nach Infomatecs Sündenfall, der nur mit Glück nicht den Rauswurf aus dem Nemax zur Folge hatte, kegelt die Börsenaufsicht jetzt die TK-Firma Gigabell aus dem vermeintlichen Börsenparadies. Das böse Wort vom Betrugsverdacht macht die Runde. Außerdem: Ein ehemaliger Schnulzenproduzent (Daniel David) in der Schaltzentrale einer New-Economy-Firma - das konnte ja nicht gut gehen, wussten die Schlauen nachher wieder genau.

Kaum ist die erste allgemeine Verunsicherung wegen Gigabells Absturz verklungen, musste der Paderborner Anbieter von Content-Management-Software Teamwork erkennen, dass in der New Economy die Bäume nicht immer in den Himmel wachsen. Liquiditätsprobleme haben die westfälische Firma in die Insolvenz getrieben.

Linux -Anwendungen, genauer KDE-Anwendungen, laufen auch unter der Linux-Ausprägung Gnome. Weiß man. Weiß aber noch nicht jeder. Weswegen wohl Microsoft eine viel beachtete Anzeigenkampagne startete, in der so en passant die impliziten Vorteile einer Monopolmacht - sagen wir mal der von Microsoft - diskutiert werden. Ungesagt bleibt: Bei unterschiedlichen Linux-Distributionen geht, was nicht mal unter verschiedenen Windows-Varianten möglich ist - dass sich nämlich Anwendungen für eine Umgebung sich auch in einer anderen wohl fühlen. Dafür blättern Anwender Microsoft für ein Betriebssystem aber auch viermal so viel an Lizenzgebühren hin. Noch Fragen, Kienzle?

Seit Infineon aus dem Siemens-Koloss ausgegründet wurde, weisen die Zahlen des Halbleiterkonzerns steil nach oben: Konzernchef Ulrich Schumacher legt für das Geschäftsjahr 2000 einen rekordverdächtigen Konzernüberschuss von 1,13 Milliarden Euro und ein Umsatzwachstum von 72 Prozent oder 4,24 auf 7,28 Milliarden Euro hin. Kaum ist sie flügge, will die Tochter auch gleich ausziehen - im Münchner Umland werden eigene Bürogebäude weg von der Mutter gefunden.

Eine weitere Hürde auf dem Weg zur Gesellschaftsfähigkeit nimmt Linux, nachdem der Nürnberger Linux-Distributor Suse AG eine Version des Open-Source-Unix für IBMs S/390-Mainframes anbietet. Einsatzfähig auf den G5- und G6- sowie den Multiprise-3000-Großrechnern kann "Suse Linux Enterprise Server for S/390" sowohl innerhalb einer logischen Partition, auch als Gastsystem unter der Virtual Machine oder unter der Virtual Image Facility installiert werden.

Open Source wird nicht wie Paradies buchstabiertOpen Source wird allerdings nicht wie Paradies buchstabiert. Das musste auch der Welt größter Dienstleister in diesem Markt Linuxcare erkennen und 20 Prozent der Belegschaft feuern . Das Management wird bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr umgekrempelt. Die Kosten für eine nötige Dienstleistungsinfrastruktur seien sehr viel höher als erwartet ausgefallen, heißt es in einer offiziellen Erklärung. Europa als Zielmarkt wird aufgegeben, Linuxcare will sich nun auf den nordamerikanischen und pazifisch-asiatischen Markt konzentrieren.

Wie wäre es, wenn Sie künftig nur noch COMPUTERWOCHE in das Adressfeld eines Browsers eingeben, weil das ja nun wirklich logisch ist, und Sie landeten zielgenau auf der Homepage dieser Zeitung? Genau das will die US-Firma Realnames mit Schlüsselbegriffen erreichen, die Unternehmen für sich reservieren lassen und mit ihren Web-Seiten verknüpfen sollen. Vorbei wären die Zeiten, da man sich die Finger verbiegt, um neue Adressen, so genannte Unified Resource Locator (URLs), einzutippen. Wieder mal eine gute Idee - leider kennt praktisch niemand außerhalb der USA Realnames.

Noch sind sie nicht mal den Kinderschuhen entwachsen, schon prophezeien die Marktforscher von Forrester Research den europäischen Internet-Portalen einen mächtigen Ausleseprozess . Auf dem alten Kontinent dürften lediglich drei dominante nationale Portale überleben.

3,7 Milliarden Mark kostet deutsche Unternehmen die fehlerhafte Bedienung der PCs durch ihre Benutzer. Das hat die in Neu-Ulm ansässige EBS Software AG bei einer Befragung von IT-Managern aus 900 mittelständischen und großen Unternehmen erfahren und dabei die Produktionsausfälle sowie Reparaturkosten hochgerechnet. Jeder der rund 25 Millionen Firmenangestellten mit Zugriff auf einen PC brächte diesen im Jahr mindestens sechsmal zum Absturz. Schuld an der Malaise seien mangelhafte Schulungen. Hier allerdings gibt der Autor zu bedenken, dass er mindestens einen Menschen kennt, der hochintelligent und intuitiv eigentlich alles zu verstehen in der Lage ist, aber trotzdem jede Telefonzelle zum Absturz bringt. Ob es nicht vielleicht doch an der wenig eingängigen Software auf PCs liegt, wenn Benutzer ins Schleudern kommen?

Wir haben schon lange nicht mehr Intel erwähnt: Deren neue Prozessorgeneration, der 64-Bit-Chip Pentium IV , soll in wenigen Wochen auf den Markt kommen, heißt es Anfang November. Drei Wochen später wird er tatsächlich vorgestellt. Komisch, nicht? Naja, kurz vor der Freigabe entdeckten die Ingenieure von Intel noch "Bios-Unstimmigkeiten". Aber die konnten noch rechtzeitig behoben werden. Alles paletti also - außer vielleicht, dass das neue Rennpferd langsamer ist als AMD s dazu noch niedriger getaktete "Athlon"-CPU.

Haben wir Medienvertreter nicht alle die Deutsche Telekom ab und an gerne durch den Kakao gezogen? Unbeweglicher Monopolist, rheinländischer! Jetzt haben wir wieder Gelegenheit dazu: Die Ergebnisse für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres werden am Finanzmarkt mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Nur einer Reihe von Sondereinflüssen wie die steuerfreien Beteiligungsverkäufe an den TK-Konsortien Global One und Wind, die Trennung von den Kabelgesellschaften in Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie der Erlöse aus dem Börsengang von T-Online wegen stieg der Umsatz auf 29,3 Milliarden Euro.

Das Ergebnis vor Steuern, Finanzergebnis, außerordentlichem Ergebnis und Abschreibungen (Ebitda) in den ersten drei Quartalen betrug 17,7 Milliarden Euro und lag damit um rund 6,5 Milliarden Euro über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Gleichzeitig stieg die Verschuldung kräftig auf 62,1 Milliarden Euro .

Anderen geht es schlimmer: Was im April 2000 nur ein Gedankenspiel war, dazu sieht sich Peter Bonfield von der British Telecom , dem das Wasser bis zum Hals reicht, jetzt gezwungen: die Aufspaltung des Konzerns in eigenverantwortliche Gesellschaften, die sukzessive zu je 25 Prozent an die Börse gebracht werden sollen. Das TK-Unternehmen muss im letzten Geschäftsquartal ein Gewinneinbuße von rund 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr verkraften. Außerdem klettert die Verschuldung auf satte 74,6 Milliarden Mark - Tendenz steigend.

Aber lassen Sie uns jetzt mal über ein Unternehmen reden, das wirklich ein echtes Problem hat: Dell Computer . Der Direktvertreiber von PC-Kisten steigerte seinen Gewinn im dritten Quartal 2000 um 40 Prozent, den Umsatz um 22 Prozent. Doch dann hieß es verschämt aus der Zentrale im texanischen Round Rock, man werde das angepeilte Ziel einer Erlössteigerung von 27 Prozent für das Gesamtjahr wohl nicht mehr erreichen; im nächsten Jahr sei gar ein Anstieg von lediglich 20 Prozent möglich. Naja, bei so miesen Zahlen ist doch klar, dass renommierte Finanzinstitute wie die Bank of America ihre Bewertung für Dell zurücksetzen und der Aktienwert auf 22 Dollar fällt.

Zur gleichen Zeit verkündet die Telekom-Tochter T-Online für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres ein vorläufiges Minus von 14,4 Millionen Euro. Außerdem fliegen auf der Führungsetage die Fetzen . Der Online-Dienst trennt sich im November von seinem Vertriebsvorstand Bernd Reichert-Berg sowie von vier weiteren Führungskräften. Offiziell nennt T-Online keine Gründe für das Ausscheiden. Vorwürfe sickern aber durch, die vier Manager hätten Sponsorengelder in die eigene Tasche gewirtschaftet. Aus unternehmensnahen Kreisen verlautet, man prüfe auch, inwieweit der frühere T-Online-Vorstandsvorsitzende Wolfgang Keuntje in diese Vorgänge verwickelt war.

Informix will sich mit einer zweigleisigen Struktur und neuer Unternehmensführung aus der Krise manövrieren. Das Zauberwort des etwas ramponierten Datenbankspezialisten soll künftig heißen: Anbieter von E-Business-Lösungen. Das hätten wir jetzt nicht gedacht!

Pricewaterhouse-Coopers hat auf indirektem Weg einen Beleg für die These gefunden, dass die Unternehmens-IT für den Geschäftserfolg einer Firma von zentraler Bedeutung ist: In einer Untersuchung bei weltweit 125 Firmen äußerten 72 Prozent der Befragten, größtes Hindernis für eine erfolgreiche Fusion von Unternehmen sei die schwierige Verschmelzung der jeweiligen ITSysteme. Eine Untersuchung des Wirtschaftsblattes "Business Week" hatte ergeben, dass bei 150 Konzernzusammenführungen zwischen 1990 und 1995 rund die Hälfte der Comanies nach der Vereinigung schlechter bedient waren als vorher.

Rechtzeitig zur Systems wartet das European Information Technology Observatory (Eito) mit neuen Zahlen zum angespannten Arbeitmarkt in Europa für IT- und E-Business-Spezialisten auf: Der Bedarf an Experten werde bis 2003 von 14,5 auf 22 Millionen wachsen. Heute schon könnten 13 Prozent aller Stellen nicht besetzt werden, 2003 sei mit 18 Prozent zu rechnen. Anders ausgedrückt: Heute fehlen in Europa 1,9 Millionen Spezialisten, 2003 werden es, "wenn nichts passiert", 3,8 Millionen sein. Damit, warnt Eito, verschenkt Europa auch ein dreiprozentiges Wirtschaftswachstum.

Optimismus will eine Studie verbreiten, die die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) gemeinsam mit KPMG Consulting Ende November veröffentlicht. Deutsche Unternehmen seien, geht es um die Nutzung des Internet, besser als ihr Ruf . Allerdings scheint die Untersuchung mehr zu verschleiern als offenzulegen. Dass 90 Prozent von insgesamt 371 befragten Unternehmen "online" sind, bedeutet nach der Definition nur, dass sie sich über das WWW zum einen einen weiteren Informationskanal erschließen. Zum anderen kommunizieren sie über dieses Medium via E-Mail. Das ist alles noch nicht besonders originell. Einen Hinweis auf die Zukunftsgewandtheit deutscher Unternehmen wären aber Umsätze, die mit Geschäftstätigkeiten im WWW erwirtschaftet werden. Und da sieht es eher mau aus: Lediglich ein Drittel der befragten Firmen erzielt bereits Erlöse durch E-Commerce-Aktivitäten.

Das stagnierende Geschäft im ERP-Markt zwingt Unternehmen zur Kooperation. Das dachten sich auch die dänischen Softwarehäuser Navision und Damgaard . Beide hatten zuletzt mit Umsatzrückgängen zu kämpfen und nur noch leichte Gewinne ausgewiesen. Vereint wollen zwei Schwache jetzt wieder stark werden. Dass ihre ERP-Produkte für den Mittelstand - insbesondere "Navision Financials" und Damgaards "Concorde" - eine "mögliche Überlappung" aufweisen, wie es ein Analyst ausdrückt, scheint ihren Neuaufbruch nicht zu stören.

Fujitsu-Siemens Computers (FSC), vor einem Jahr aus Fujitsu Europe und SNIs Computersparte hervorgegangen, legt mal wieder eine neue Unternehmensstrategie vor. Auf der Bilanzpressekonferenz von Siemens klagt das Oberhaupt des bajuwarischen Großkonzerns Heinrich von Pierer, die Computersparte, also FSC, arbeite noch immer defizitär. FSC-Chef Paul Stodden zieht deshalb ein schon betagtes Kaninchen als neue Strategie aus dem Hut: Mobile Computing soll es nun richten bei dem japanisch-bayrischen Gespann. Überzeugt hat die Strategie noch niemanden.

Gerade erst haben wir geschrieben, viele Anbieter von Flatrates stünden vor der Pleite, weil sie die Infrastruktur der Deutschen Telekom nutzen müssen und von der mit zeitabhängigen Nutzungsgebühren geknebelt werden. Damit ist nun ab dem 1. Februar 2001 Schluss. Ab dann nämlich, entscheidet die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP), muss die Ron-Sommer-Company ihrer Konkurrenz selbst Flatrates anbieten.

Mit der Baader Wertpapierhandelsbank AG , München, hat die Brain International AG in Breisach am Rhein, den lang gesuchten Großinvestor gefunden. Die Bank übernimmt 35,4 Prozent der Aktien und 50,1 Prozent der Stimmrechte an Brain. Mit dem Wandel in der Gesellschafterstruktur wird auch der Vorstand neu organisiert. Hans-Peter Eitel löst den bisherigen Vorsitzenden Kurt Rembold ab. Der behält zwar sein Aktienpaket von 14,7 Prozent, überträgt aber das Stimmrecht an Baader. Die wichtigere Frage, wie sich das in die Schlagzeilen geratene Unternehmen in Zukunft ausrichten will und welche Produktstrategie verfolgt werden soll, beantwortet Eitel eher undeutlich. In den Kerngeschäftsgebieten werde man die Entwicklungsanstrengungen verstärken, um so einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Hat jemals ein Firmenchef etwas anderes gesagt?

Als clever könnte sich eine Partnerschaft erweisen, die der havarierende ERP-Anbieter Baan mit dem Application-Service-Provider Innobase , München, eingegangen ist. Zwar sind die Holländer mittlerweile von Invensys übernommen, trotzdem stellt sich die Frage nach der Zukunft der Baan-Software. Die als Spinoff der Egora Holding GmbH gegründete Innobase bietet künftig umfassende Lösungen auf Basis der aktuellen Plattform "Baan ERP 5.0c" an. Das ASP-Schnupperangebot soll das Risiko für Neukunden minimieren. Die alte Klientel mit ihren teils stark modifizierten Baan-Applikationen erhält zudem die Möglichkeit, die anstehende Umstellung auf den Euro ohne große Alpträume zu bestehen.

DezemberIn Deutschland ist mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung nicht begeistert von der Einführung der Weichwährung Euro . Irgendwie scheint diese Haltung auch auf IT-Abteilungen abzufärben: Einer Untersuchung der Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young zufolge lassen sich nämlich viele Firmen, insbesondere aber auch die öffentliche Verwaltung, bei der Euro-Umstellung zu viel Zeit. Fast ein Drittel der deutschen Unternehmen und Behörden wird erst 2002 ihre Hauswährung auf den Euro umstellen, so die Studie. Wie sie da ihre Geschäftsprozesse noch rechtzeitig auf die Einheitswährung eichen wollen, ist eher schleierhaft.

Die CeBIT wird ab 2002 wieder um einen Tag verlängert !

Novell , einstmals Überflieger der Netzwerkszene, verliert zunehmend an Boden: Das Geschäftsjahr 1999/00 (Ende: 31. Oktober) beendet das Unternehmen aus Utah mit einem Gewinnrückgang von 74 Prozent, der Umsatz fiel um 8,7 Prozent. Schuld am deprimierenden Ergebnis sind nicht nur Abfindungen, die für jeden sechsten Mitarbeiter des Unternehmens gezahlt werden müssen. Auch das Geschäft im vierten Quartal geht gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres um knapp 21 Prozent zurück.

Beim Debis Systemhaus rumort es ordentlich. Seit die Deutsche Telekom die Schwaben übernommen hat und mit der eigenen IT-Tochter DeTeCSM zum neuen Servicehaus verschmilzt, verlassen Debis-Mitarbeiter das Unternehmen nach nicht bestätigten Meldungen in Scharen. 4500 Beschäftigte inklusive fünf Top-Manager haben danach dem ehemaligen Daimler-Chrysler-IT-Lieferanten in den vergangenen acht Monaten den Rücken gekehrt.

Auf dem Gelände des Sommerpalastes in Bangalore, dem Silicon Valley Indiens, fand zum dritten Mal die größte IT-Messe Asiens statt - und kein deutsches Unternehmen aus dem Mittelstand versucht, sich vielleicht nach interessierten Green-Card-Aspiranten umzusehen. Nur weltweit agierende Firmen wie Bosch oder die Deutsche Bank zeigen auf der IT.Com Flagge. So kann man seine Chancen eben auch vertun.

Bei BASF hängt der Haussegen schief. Anfang Dezember wird bekannt, dass der Chemieriese seine IT europaweit in einer Tochter zusammenführen will. Die BASF Information Service GmbH (BIS) soll offensichtlich nicht nur neue strategisch wichtige Themen wie E-Commerce oder Supply-Chain-Management-Strukturen befördern - ähnliche Auslagerungen planen ja auch andere Unternehmen wie Daimler-Chrysler. Vielmehr versprechen sich die Verantwortlichen von der Ausgliederung offensichtlich auch, hemmende Strukturen in den IT-Etagen des Konzerns aufzubrechen, überhöhte IT-Kosten zu reduzieren und die Flexibilität wieder zu erhöhen.

Neue Erfahrung bei der Internet-Speerspitze Amazon.com . Die hält ja wie bekanntlich alle E-Business-Unternehmen viel auf sein dynamisches Image: Jung und engagiert surfen deren Mitarbeiter immer oben auf der Technologiewelle. Jetzt aber fällt der Wert der Aktie in den Keller, und schon verlässt die Angestellten des Vorzeigeunternehmens der New Economy der avantgardistische Geist, und Mitarbeitervertretungen sind gefragt.

Das Management hingegen scheut Gewerkschaften wie der Teufel das Weihwasser und verteilt in einem internen Memo an die Manager der mittleren Führungsebene Benimmregeln: Arbeitnehmervertretungen schadeten Betrieben und Mitarbeitern gleichermaßen, weil sie "aktiv Misstrauen gegenüber Vorgesetzten schüren". Gewerkschaftlicher Einfluss schaffe eine "unkooperative Haltung" innerhalb der Belegschaft. Gewerkschaftliches Engagement von Arbeitnehmern lasse sich daran erkennen, dass Mitarbeiter in Gruppen zusammenstünden und "plötzlich ihr Gespräch beenden, wenn ein Vorgesetzter naht", heißt es in dem Memo weiter. Verräterisch sei auch unhöfliches Verhalten in der Kantine.

Die Renaissance der Arbeitnehmervertreter in Yuppie-Firmen kommt nicht ganz überraschend: In Schweden etwa verzeichnet der Industrieangestellten-Verband SIF seit dem Sommer 2000 einen signifikanten Zustrom von neuen Mitgliedern aus der New Economy. Insgesamt 1000 neue Angehörige haben sich im dritten Quartal unter das schützende Dach der Gewerkschaft begeben - immerhin doppelt so viel wie im Vergleichszeitraum des Vormonats. Auch der schwedische Gewerkschaftsverband Jusek kann eine wachsende Zahl von Mitgliedern verzeichnen: Im Oktober legte Jusek um 20 Prozent zu, die meisten Neuorganisierten stammen aus Internet-Firmen.

Der Softwarespezialist für Spracherkennngssoftware Lernout & Hauspie muss im Dezember Antrag auf Gläubigerschutz stellen. Die Meldungen über undurchsichtige Geschäfte insbesondere in Südkorea häuften sich. Hochrangige Manager verlassen das Unternehmen, geraten aber selbst ins Visier der Untersuchungsbehörden. Nun wird offenbar, dass in den Firmenkassen 100 Millionen Dollar verschwunden sind. Das Ende des Konzerns dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.

Nach Intel , Dell und Apple muss jetzt auch Gateway eine Gewinnwarnung veröffentlichen. Das Weihnachtsgeschäft, eigentlich traditionell das stärkste Quartal des Jahres nicht nur für PC-Hersteller, verläuft schleppend. Die Technologiebörse Nasdaq quittiert es einmal mehr mit einem Absturz der Technologiewerte.

Novell sieht harten Zeiten entgegen. Die einstige Cash-Cow Netware verliert immer mehr Befürworter bei Unternehmen an Microsoft und Windows 2000. Meldungen Mitte Dezember besagen, dass allein die Verkäufe des Novell-Netzbetriebssystems um 24 Prozent zurückgegangen sind. Neigt sich auch hier eine Ära dem Ende entgegen?

Zuletzt kommen wir Ihnen noch mit einer originellen Idee aus deutschen Unternehmen: Nachdem die Green Card nicht unbedingt der Hit der Saison wurde, denken die Kreativgeister der jungen Internet-Szene eben in die andere Richtung - wenn ausländische Experten nicht zu uns kommen, dann gehen wir eben zu ihnen. In der Tschechischen Republik, zumal in deren Hauptstadt Prag, fliegen deutschen Jungunternehmern die Spezialisten zu.

Jan-Bernd Meyer

jbmeyer@computerwoche.de

Abb: Berater sind die Gewinner der diesjährigen CW-Gehaltsstudie. Stark aufgeholt haben gegenüber dem Vorjahr die Datenbankspezialisten. Nach wie vor vergleichsweise schlecht kommen die Netzadministratoren weg. Quelle: CW