Das Terminal als Rationalisierungsinstrument

05.12.1975

Mit Dieter Englisch, EDV-Org. - Chef der Südd. Bremsen AG, sprach CW-Chefredakteur Dr Gerhard Maurer

- Bei den Firmen Knorr-Bremse GmbH/Süddeutsche Bremsen AG haben Sie über 50 Bildschirme und 12 Online-Drucker installiert. Das Stichwort, ja der Kriegsruf bei Ihnen heißt "Online-Lösungen". Sie kennen den Vorwurf, daß hier vielfach Dinge aus Faszination um das technisch Mögliche realisiert werden, ohne daß an die Kosten gedacht wird. Wie sieht das in Ihrem Hause aus?

Für alle Online-Anwendungen wurde eine genaue Wirtschaftlichkeitsüberlegung durchgeführt, und wir können mit Zahlen beweisen, daß der Einsatz der Terminals wirtschaftlich gerechtfertigt ist.

- Welche Arten von Einsparungen bringt Ihnen der Bildschirm-Einsatz bei den Fachabteilungen?

Ich unterscheide dabei drei Kategorien von Einsparungen. Erstens: quantifizierbare Einsparungen. Zweitens: Steigerung der Sicherheit und Aktualität und drittens: psychologische Aspekte. Die letzten zwei Punkte sind keine meßbaren Einsparungen -, bringen jedoch dem Unternehmen wesentliche Vorteile.

- Das hieße, daß in Ihrem Kalkül sich die Wirtschaftlichkeit bereits allein aus den quantifizierbaren Einsparungen herleiten müßte?

Das ist richtig. Wir weisen die Wirtschaftlichkeit über quantifizierbare Einsparungen nach und betrachten die Punkte zwei und drei als Zugewinn.

- Betrachten wir zunächst die Ausgabenseite: Wie teuer - alles zusammengerechnet - ist der Einsatz von knapp 70 Datenstationen in Ihrem Hause?

Die reinen Hardware-Kosten liegen bei etwa 20 000 Mark pro Monat, für den Betrieb des Online-Systems im Rahmen der Gesamt-EDV müssen monatlich weitere 20 000 Mark veranschlagt werden.

- Nun haben Sie sicherlich errechnet, welche Einsparungen Sie machen. Da wären zunächst wohl die Personaleinsparungen anzuführen.

Durch die Verlagerung eines Teils der Datenerfassung in die Fachabteilungen, wo die Dateneingabe jetzt direkt über Bildschirme abgewickelt wird, konnten, ohne daß in den Fachabteilungen mehr Personal benötigt wurde, bislang sieben Datentypistinnen eingespart werden. Allein diese Einsparung deckt einen Großteil der Kosten des in unserem Hause installierten Terminal-Equipments.

- Gab es auch Personaleinsparungen in den Fachabteilungen, dadurch, daß effizienter gearbeitet werden kann?

Auf diesem Sektor ist eine Trennung der Einsparungen in solche, die durch den Einsatz der EDV allgemein und in eine Größe die speziell auf den Terminal-Einsatz zurückzuführen ist, etwas problematisch. Eindeutig ermittelbar ist jedoch eine Einsparung von insgesamt vierzehn Personen in den Fachabteilungen. Die Rechnung ist also ganz einfach: 21 eingesparte Personen rechtfertigen gewiß die Aufwendung von 40 000 Mark pro Monat.

- Wie hat sich der Online-Einsatz auf die Papierflut ausgewirkt?

Durch den wahlfreien Zugriff zur Datenbank- konnten bisher über zehn manuell geführte Karteien mit zusammen als 500 000 Positionen aufgelöst werden. Da der selektive Bedarf an Informationen in den meisten Fällen nicht vorbestimmbar ist, mußten zuvor umfangreiche Listen, die alte Sätze einer Datei beinhalten, ausgedruckt werden. Mit der Möglichkeit des direkten Zugriffs auf die Datei über Bildschirme konnte diesem sogenannten Lexikon-Effekt erfolgreich begegnet werden.

- Das hat doch sicherlich nicht zu unterschätzende Einsparungen bei den Papierkosten gebracht. Haben Sie auch das durchgerechnet?

Ich möchte Ihnen dazu ein paar Beispiele nennen: Der Verbrauch von Vierfach-Tabellierpapier hat sich um jährlich 400000 Blatt verringert. Das entspricht bei einem Preis von 81 Mark pro 1000 Blatt immerhin einer jährlichen Einsparung von 32000 Mark. Die Zahl der gedruckten Übersichten für die Materialdisposition hat sich ebenfalls um 400000 Formulare verringert. Bei einem Preis von 17 Mark pro 1000 Blatt kann damit eine jährliche Einsparung von etwa 7000 Mark erreicht werden. Es kommen noch diverse Kleckerbeträge dazu, die vielfach übersehen werden. So können zum Beispiel durch Vereinfachung von Formularsätzen, Wegfall von Kopien und so weiter auch noch Einsparungen in der Größenordnung von etwa 10 000 Mark pro Jahr erreicht werden.

- Wenn wir schon einmal bei den Randeffekten einer Umstellung auf Online-Sachbearbeitung sind, lassen sich sicherlich auch noch Einsparungen von zahlreichen Nebenkosten anführen.

Es konnten Lochkartenschränke, Ziehkarteitröge, Karteischreibtische, Regale und so weiter zum Anschaffungswert von etwa 100000 Mark anderen Abteilungen bei Bedarf zur Verfügung gestellt beziehungsweise auf dem Second-Hand-Markt verkauft werden. Für unsere Arbeitsplanschreibung, die früher über Schreibautomat abgewickelt wurde, hätten nach achtjährigem Einsatz neue Maschinen im Wert von 125 000 Mark beschafft werden müssen. Diese Investition konnten wir einsparen. In den Lagern und im Wareneingang waren fünf Registriergeräte installiert, die nun überflüssig wurden. Neupreis pro Gerät: 10 000 Mark.

- Sie sprachen von nicht quantifizierbaren Vorteilen des Online-Einsatzes und nannten mehr Aktualität und Sicherheit, wie auch psychologische Aspekte. Können Sie diese Vorteile noch etwas näher erläutern?

Hier seien schlagwortartig die wichtigsten Gesichtspunkte auf geführt: Verkürzung der Datenwege, Ausschaltung von Datenzwischenträgern und der damit verbundenen Gefahr von Übertragungsfehlern; Datenerfassung durch Fachkräfte, die die Sachzusammenhänge kennen geführte Dateneingabe durch Programm-Masken; sofortige Plausibilitäts-, Vollständigkeits- und Grenzwert-Prüfung mit unmittelbarer Korrekturmöglichkeit; fallweise Sofortverarbeitung und damit Fortfall von Eilmethoden durch Sofort-Zugriff zu einer gemeinsamen zentralen Datenbank; ständige Auskunftsbereitschaft mit gleichem Aktualitätsstand für alle Benutzer.

Dieter Englisch (39)

ist Ing. (grad.) für Wirschafts- und Betriebstechnik. Seit 1960 ist er bei den Firmen Süddeutsche Bremsen AG (Produktionsfirma) und Knorr-Bremse GmbH (Konstruktions-, Entwicklungs- und Vertriebsfirma) tätig, zunächst Assistent des Organisationsleiters, dann als Leiter der Programmierung und seit 1968 als Leiter der Datenverarbeitung, und Datenverarbeitungsorganisation. Bei der, Knorr-Bremse-Süd-Bremse (gemeinsamer Jahresumsatz etwa 300 Millionen Mark, 3200 Beschäftigte) ist seit November 1975 eine 370/158, 512 KB, installiert. Mit dem, Bildschirm-Eintsatz wurde 1969 - damals noch auf einer 360/40 - begonnen, und auf der 370/145 (DOS) wurde das Konzept so weit forte daß heute knapp 70 IBM-Datenstationen in den Fachabteilungen eingesetzt sind.