New Work – Arbeit der Zukunft?

Das Team hat die Macht

13.06.2017
Von  und
Marc Wagner ist Future-Work-Evangelist und ein ausgewiesener Experte rund um die Themen Future Work, New Work und Innovationskultur. Er ist Senior Partner und Global Head of Transformation, Peoplemanagement & Integral Business bei Detecon International, einer auf digitale Transformation spezialisierten Managementberatung. Seit mehr als 20 Jahren begleitet er Unternehmen bei der Gestaltung der digitalen Transformation. Er ist Autor diverser Publikationen und Studien rund um New Work und Innovationskultur.
Co-Autorin von Marc Wagner (IDG-Experte)

Massiver Eingriff in das Belegschaftsverhalten

Die konkrete Umsetzung von New Work ist in der Tat kein leichtes Unterfangen. Der Teufel steckt auch hier im Detail. Was sich auf dem Papier oder in einer Powerpoint-Präsentation so selbstverständlich liest und anhört, führt bei der operativen Umsetzung oft zu massiven Widerständen und unvorhersehbaren Problemen.

Dies beginnt beim Scoping und der Vorbereitung einer New-Work-Initiative und endet bei der Akzeptanz der Betroffenen. Letztlich bedeutet New Work in vielen Unternehmen einen massiven Eingriff in das Verhalten der Belegschaft sowie in die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitern. Aber genau diese gilt es zu aktivieren und für New Work zu begeistern und nicht zu neuem Verhalten zu zwingen und mühsam zu überreden. Mit anderen Worten: Das Orchester spielt nicht harmonisch und wichtige Spieler fehlen.

Schaffung von Zielkongruenz

Die Metapher des Orchesters passt für New-Work-Initiativen sehr gut. Ein Unternehmen braucht die richtigen Mitspieler, einen hervorragenden Dirigenten und gute Instrumente - insbesondere aber ein Team, dessen Mitglieder perfekt aufeinander abgestimmt sind, in dem jeder das Beste gibt, aber trotzdem das gemeinsame Ergebnis im Vordergrund steht.

Sehr häufig ist zu beobachten, dass wichtige Player zu Beginn vergessen oder Silo- und Grabenkämpfe in New-Work-Initiativen hineingetragen werden. Es gibt schon genug Widerstände im Projektverlauf, da sollten Kämpfe innerhalb des Projektteams möglichst schon im Vorfeld vermieden werden. Dabei ist, wie die Erfahrung zeigt, gerade das Zusammenspiel der Dimensionen "People" (Mindset, Kultur, Organisation), "Places" (Home, Mobile, Office), "Tools" (Technologie) und die Einbeziehung entsprechender Vertreter entscheidend - in Deutschland betrifft das auch die Mitbestimmung und Vertreter der IT- und Datensicherheit. New Work birgt viele Chancen für die Mitarbeiter (Stichworte Flexibilität, Kommunikation, …), die klar und ehrlich herausgearbeitet und kommuniziert werden müssen. Zudem muss das Mittelmanagement unbedingt als Katalysator genutzt und möglichst früh gewonnen werden. Es stellt nicht nur einen der wichtigsten Multiplikatoren dar, sondern kann auch die Keimzelle für Widerstände und korrosive Energie sein. Hier darf eine Gegenwehr nicht unterschätzt werden.

Funktionalität geht vor Chic

An dieser Stelle ein kurzer Blick in die Dimension "Places". Deren Veränderung wird häufig federführend vom Immobilien- beziehungsweise Group Real Estate Management verantwortet und vorangetrieben. Die Ziele des Bereichs sind häufig (je nach organisatorischer Aufhängung) stark an Effizienz- und Standardisierungsvorgaben gebunden, was nachvollziehbar ist und erst einmal nicht im Widerspruch zu einer New-Work-Initiative steht. Allerdings besteht die Gefahr, dass "Modell- und Raumkonzepte der Vergangenheit" auf eine zukünftige Arbeitskultur und -organisation Anwendung finden sollen. Vorsicht, das ist der absolute Killer. Bei der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsumfelds ist entscheidend, einen optimalen Mix aus optisch ansprechend, inspirierend und motivierend sowie funktional zu finden. Wobei ganz klar gilt: Funktionalität vor Chic und Chichi. Nichts frustriert Mitarbeiter mehr, als in einem Raum zu sein, in dem sie nicht richtig arbeiten können, weil zum Beispiel ein Beamer oder ein Bildschirm fehlt.

Den Scope im Auge behalten

Hier wurde bisher dem ganzheitlichen, harmonischen Ansatz das Wort geredet, weil er ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Allerdings gilt es gleichzeitig dafür zu sorgen, dass der Scope der New-Work- Initiative machbar bleibt. Alleine der Begriff New Work schreit regelrecht nach einem "Wir-retten-die-Welt"-Programm oder der berühmten eierlegenden Wollmilchsau. Es gilt aber, den Scope realistisch zu halten. Ein Sponsor in einem New-Work-Projekt hat dieses Problem pragmatisch gelöst. Sein Statement: "Wir werden kein Problem lösen, welches es vor der Initiative schon irgendwo anders gegeben hat." Letztendlich ist alles gar nicht so magisch. Versuchen Sie, die Auswirkungen von New Work auf Mitarbeiter zu entmystifizieren, um Ängste zu nehmen. Erzählen Sie ehrliche und greifbare Geschichten, anstatt von globalgalaktischen, artifiziellen Konzepten zu berichten.

Mitarbeiterbeteiligung ist ein Schlüsselfaktor

Auch der Begriff "Mitarbeiterbeteiligung" wird häufig sehr leichtfertig in den Mund genommen. Zu Beginn einer Initiative kündigt die Unternehmenskommunikation vollmundig an: "Wir nehmen euch alle mit und ihr könnt den Veränderungsprozess aktiv mitgestalten." Konkret umgesetzt werden dann im Zweifelsfall nur homöopathische Maßnahmen, was bei Mitarbeitern nicht nur zu Missmut und Zynismus, sondern zu einer grundlegenden Abwehrhaltung gegenüber der New-Work-Initiative führen kann.

Um dies zu vermeiden, sollten sich die Projektverantwortlichen bereits im Vorfeld intensiv Gedanken darüber machen, wie die Beteiligung der Mitarbeiter konkret aussehen kann. Und auch, inwiefern sie bereits beim Start der Initiative das Thema demokratische Führungsstrukturen durch eine strukturierte Einbindung der Beschäftigten zum Leben erwecken können. Im Sinne der Nutzerzentrierung könnte zum Beispiel von Anfang an mit einer Gruppe von Mitarbeitern ein Sounding Board (Fokus Anforderungen und Feedback) und/oder Ambassadoren-Programm (Fokus Unterstützung und "Promotion") eingerichtet werden. Solche Maßnahmen gewährleisten letztlich auch, dass der Umsetzungswille für New Work als authentisch und ernsthaft angesehen wird.

Fazit

Mitarbeiter haben klare Erwartungen an ihre Arbeit, nämlich dass sie mehr Verantwortung tragen, selbstbestimmt arbeiten und von ihren Leadern (fachlich) gefördert werden; diese wird allerdings bis dato noch nicht in ausreichendem Maße erfüllt. Die Umsetzung von New-Work-Maßnahmen ist insgesamt durchaus ein Kraftakt, der sich allerdings langfristig auszahlt. Und schnelle Entscheidungsprozesse, eine demokratische Führungskultur und Creative Workspaces machen eine Firma nicht nur beliebter bei ihren Mitarbeitern, sondern steigern auch den Umsatz. (pg)

Eine Vertiefung des Themas "New Work" sowie weitere, konkrete Umsetzungshinweise finden Sie in unserem Buch "New Work - Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt".