Das Servicegeschäft zieht an

10.01.2008
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Die Marktanalyse- und Beratungsschwerpunkte von Hartmut Lüerßen sind Digitalisierung, Trends in der IT-Beratung sowie IT-Service, Engineering Services und Personaldienstleistungen.
Die Nachfrage im deutschen Markt für IT-Beratung und IT-Services hat sich 2007 dynamisch entwickelt. Für die kommenden Jahre rechnen die Analysten von Lünendonk mit stabilem Wachstum.
Die IT-Beratungsunternehmen sehen durchaus positiv in die Zukunft. Zwischen 2007 und 2012 streben sie ein Wachstum von 10,3 Prozent an.
Die IT-Beratungsunternehmen sehen durchaus positiv in die Zukunft. Zwischen 2007 und 2012 streben sie ein Wachstum von 10,3 Prozent an.
Hartmut Lüerßen, Lünendonk, sieht die IT-Berater immer stärker in der unternehmerischen Mitverantwortung.
Hartmut Lüerßen, Lünendonk, sieht die IT-Berater immer stärker in der unternehmerischen Mitverantwortung.

Die führenden IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen in Deutschland blickten und blicken mit hohen Erwartungen in die Zukunft: Um 12,4 Prozent wollten die Unternehmen im Durchschnitt im Jahr 2007 zulegen. Der Zentralwert (Median) für die Wachstumsraten 2007 liegt zwar mit zehn Prozent unter diesem Wert, zeigt aber, dass viele Unternehmen von deutlich steigenden, überwiegend zweistelligen Wachstumsraten ausgehen. Berücksichtigt werden sollte dabei jedoch, dass sich der Fachkräftemangel inzwischen verstärkt hat und für viele Anbieter einen wachstumsbegrenzen-den Faktor darstellt.

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vor welcher Herausforderung Anwender und Dienstleister stehen; wie sich der Markt entwickelt; wie es mit Off- und Nearshore weitergeht.

Für 2007 bis 2012 prognostizieren die Unternehmen einen nicht ganz so hohen durchschnittlichen jährlichen Zuwachs ihrer Umsätze (10,3 Prozent). Der Zentralwert für die Jahre 2007 bis 2012 (zehn Prozent per annum) bestätigt jedoch für diesen Zeitraum den hohen Mittelwert. Die Erwartungen der IT-Services-Anbieter liegen für den Zeitraum 2007 bis 2012 mit durchschnittlich 5,7 Prozent (Zentralwert 4,3 Prozent) unter den Erwartungen der IT-Beratungs-Unternehmen.

Veränderungen abbilden

Die Expansion im Markt für IT-Beratung und IT-Services geht zum großen Teil auf die Wachstumsinvestitionen von Anwenderunternehmen zurück. So ist die Zahl der Unternehmensübernahmen stark gestiegen; neue internationale Standorte oder Tochterunternehmen werden gegründet. Dieser Trend hält auch im kommenden Jahr an. Die Geschwindigkeit, mit der ein Unternehmen diese Veränderungen bewältigt, wirkt sich dabei unmittelbar auf den Erfolg des Unternehmens am Markt aus. Wegen dieser kürzeren "Time to Market" ist die IT aufgefordert, weiter zur Flexibilisierung der Geschäftsprozesse beizutragen und innovativ zu agieren.

Die IT muss die Veränderungen des Unternehmens technologisch abbilden - und (mit-)gestalten. Der Aspekt der Mitgestaltung stellt dabei für die interne IT wie für die externen Beratungs- und Dienstleistungspartner eine Herausforderung mit neuer Qualität dar. Denn immer mehr Projekte werden aus den Fachbereichen des Unternehmens angestoßen und finanziert. Die Projektziele werden daher auch im Sinne von Prozessverbesserungen definiert. Die Integration verschiedener Technologien, bisher das Primärziel aus Sicht der IT, wird damit Teil des Weges zum Erfolg und tritt gegenüber dem geschäftlichen Ziel, zum Beispiel "Verringerung der Bearbeitungszeit für den Sachbearbeiter um 30 Prozent", in den Hintergrund.

Die Anforderungen steigen

Dementsprechend steigen die Anforderungen an die interne IT und die IT-Beratungsunternehmen, mehr Kompetenz für die fachlichen Themen des Unternehmens zu entwickeln. Diese Branchenkompetenz gehört zu den wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Auswahl eines Anbieterunternehmens.

Rund 52 000 Mitarbeiter waren im Jahr 2006 bei den 57 in der Lünendonk-Studie "Führende IT-Beratungs- und Service-Unternehmen in Deutschland" berücksichtigten IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen angestellt. IBM Global Business Services macht zwar keine Angaben über die Mitarbeiterzahl. Schätzungsweise dürften es jedoch rund 6300 Mitarbeiter sein. Soweit Vergleiche mit dem Vorjahr möglich sind, ergibt sich in der Summe ein Mitarbeiterzuwachs der an der Studie beteiligten Unternehmen gegenüber 2005 um rund 2100, eine Zunahme von durchschnittlich 11,9 Prozent. Die Top-10-Unternehmen - ohne IBM GBS - weisen mit 3,1 Prozent einen signifikant niedrigeren Personalzuwachs auf.

Das Wachstum dieser Branche ist untrennbar mit einer Zunahme der Mitarbeiter verbunden, da sie die eigentlichen Produktionsfaktoren in diesem Geschäft sind. Mittelfristig verlaufen deshalb Umsatz- und Mitarbeiterwachstum typischerweise parallel. Abweichungen sind nur kurzfristig durch höhere Kapazitätsauslastung oder längerfristig durch den Einsatz von externen Ressourcen (zum Beispiel Nearshore- und Offshore-Entwicklung) möglich, die sich nicht in der eigenen Mitarbeiterzahl, sondern nur in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagen.

Engpässe auf dem Arbeitsmarkt

Die wiedererstarkte Branchenkonjunktur im IT-Dienstleistungsgeschäft hat bereits zu ersten Engpässen auf dem Arbeitsmarkt geführt. Lünendonk fragte die Beratungsunternehmen, welche Basisausbildung ihre Berater beziehungsweise IT-Experten haben. Die meisten von ihnen (41 Prozent) haben ein Informatikstudium absolviert. Ein Fünftel hat Wirtschaftswissenschaften studiert und 14 Prozent Ingenieurwissenschaften. Eine naturwissenschaftliche Ausbildung haben zehn Prozent der Berater, und zwölf Prozent weisen sonstige Ausbildungsrichtungen auf.

Zwar besagt im Beratungsgeschäft die Grundausbildung eines Beraters noch lange nicht, dass er auch heute eine entsprechen-de Tätigkeit ausübt, aber durch die große Zahl der betroffenen Mitarbeiter bilden diese Zahlen eine gewisse Richtschnur.

Nicht nur durch Green Cards und andere Überlegungen, partielle Knappheiten durch "Import" von ausländischen Fachkräften zu überwinden, ist das IT-Geschäft international, und es waren schon immer Mitarbeiter verschiedener Nationalitäten bei den IT-Unternehmen in Deutschland beschäftigt.

Lünendonk fragte, wie viel Prozent der Berater beziehungsweise IT-Experten eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Der einfache arithmeti-sche Mittelwert von 10,7 Prozent wird von dem Median (5 Prozent) ganz wesentlich unterschritten, das heißt, man kann davon ausgehen, dass wesentlich weniger als jeder zehnte Berater oder IT-Experte bei den befragten IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Die Globalisierung hat dem traditionell multinationalen IT-Software- und Servicegeschäft eine neue Dimension beschert. Das Personalkostengefälle zwischen den Industriestaaten Westeuropas und Nordamerikas zu den Schwellenländern Mittel- und Osteuropas beziehungsweise Ostasiens hat zu einer Verlagerung von Entwicklungs- und Wartungsarbeiten geführt. Weniger als die Hälfte (44 Prozent) der IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen bieten ihren Kunden Nearshore- und Offshore-Kapazitäten an. Für die Top-Ten-Unternehmen ist dieses Modell inzwischen Standard-Bestandteil der Angebote, von den mittelgroßen und kleineren Unternehmen bieten 34 Prozent der Unternehmen Nearshore- oder Offshore-Leistungen an.

Offshore wächst

In der Regel beruhen solche Angebote auf eigenen Kapazitäten, in der Regel also Tochter- oder Schwestergesellschaften in diesen Regionen. Knapp ein Viertel (23 Prozent) bietet Kapazitäten eines Partners beziehungsweise eines externen Dienstleisters an.

Noch ist der Anteil von Nearshore- beziehungsweise Offshore-Kapazitäten am Projekt-umsatz überschaubar. Bei fast drei Viertel der Studienteilnehmer machen die Auslagerungen maximal fünf Prozent des Umsatzes aus. Bei sieben Prozent der Unternehmen beträgt dieser Anteil über fünf bis zehn Prozent, bei zehn Prozent über zehn bis 20 Prozent und bei weiteren zehn Prozent über 20 Prozent. Mehr als 40 Prozent der Unternehmen wollen den Anteil von Nearshore- und Offshore-Kapazitäten am eigenen Umsatz auf über fünf Prozent steigern.

Doch auch in großen Anwenderunternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern ist das Thema Nearshore- und Offshore längst angekommen. Bei 27 von Lünendonk befragten großen Unternehmen, zwölf davon aus dem Dax, liegt der Anteil von Nearshore- und Offshore-Leistungen bereits bei über zehn Prozent. Tendenz stark steigend.

Verträge verändern sich

2012 werden in den meisten Projekten nennenswerte Anteile durch Nearshore- und Offshore-Zuarbeit abgedeckt sein. Nur noch jeder fünfte Anbieter rechnet mit Anteilen von maximal fünf Prozent. Bei fast jedem dritten Projekt soll der Nearshore- und Offshore-Anteil dann mehr als 20 Prozent des Umsatzes ausmachen.

Neben der schwierigen Aufgabe, Jahr für Jahr zusätzlich fünf bis zehn Prozent qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, sind es vor allem Veränderungen in den Vertragsverhältnissen mit den Kunden, Entscheidungen über die Leistungsbreite des eigenen Angebots und die Frage der Nutzung von Möglichkeiten im Near-shore- und Offshore-Sourcing, die es zu bewältigen gilt.

(ciw)