DV und Recht/Urheber: Arbeitnehmer oder Arbeitgeber?

Das Recht an der Software

11.06.2004
Wird Software im Auftrag eines Dritten entwickelt, stellt sich die Frage nach den Urheber- und Verwertungsrechten. Betroffen sind etwa angestellte Programmierer, freie Entwickler, Studenten, Unternehmen und Hochschulen. Kommen zudem Patente ins Spiel, ist die Verunsicherung perfekt. Von Sebastian Wündisch*

Im Copyright-Vermerk ((c)) von Computerprogrammen ist in der Regel nur der Name der Herstellerfirma zu lesen. Tatsächlich wird Software jedoch von einzelnen Programmierern beziehungsweise im Team geschaffen. Wird Individualsoftware erstellt oder Standardsoftware angepasst, sind zudem oftmals Mitarbeiter des Auftraggebers beteiligt. Unternehmen, deren Arbeitnehmer entweder Software entwickeln oder bei ihrer Implementierung mitwirken, sehen sich mit den Fragen konfrontiert, ob, auf welche Weise und in welchem Umfang sie die für die Nutzung und den Vertrieb der Programme erforderlichen Rechte erwerben müssen.

Ausgangspunkt ist das hierzulande für den Rechtsschutz von Computerprogrammen zentrale Urheberrechtsgesetz (UrhG). Danach gilt das Schöpferprinzip, das besagt, dass der Programmierer der Software ihr Urheber und damit zunächst der ausschließlich Berechtigte an den Verwertungsrechten dieser Arbeitsleistung ist. Nur mit seiner Zustimmung darf die Software kopiert, vertrieben und weiterentwickelt werden. Es bedarf also einer gesonderten Übertragung der für den Arbeitnehmer entstandenen Rechte auf den Arbeitgeber.

Damit unterscheidet sich das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht von dem zwischen Auftraggeber und freiem Programmierer; hier wie dort ist ein Transfer der Rechte erforderlich. In anderen Rechtsordnungen, beispielsweise in den USA, England und Japan, wird hingegen die Stellung des Programmierers als Arbeitnehmer bereits im Zeitpunkt der Entstehung eines urheberrechtlich geschützten Werks berücksichtigt. Das Urheberrecht an einem solchen Werk wächst automatisch dem Arbeitgeber zu, einer gesonderten Übertragung bedarf es nicht (Prinzip "Work made for hire").

Entscheidend ist der Arbeitsvertrag

Dennoch gilt auch in Deutschland der Grundsatz, dass das Arbeitsergebnis dem Arbeitgeber zustehen soll. Schließlich erhält der Arbeitnehmer als Gegenleistung Lohn und Gehalt. Für Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken wird dies durch Auslegung, am besten jedoch durch eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag erreicht. Der durch eine EU-Richtlinie geregelte Urheberrechtsschutz von Software sieht in Paragraf 69 b Urheberrechtsgesetz (UrhG - siehe Kasten) sogar explizit vor, dass die wirtschaftlichen Verwertungsrechte an einem im Arbeitsverhältnis geschaffenen Computerprogramm - auch ohne gesonderte Vereinbarung - kraft Gesetz auf den Arbeitgeber übertragen werden.

Voraussetzung dafür ist, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis im Rechtssinne vorliegt. Außerdem muss der Arbeitnehmer die Software in Wahrnehmung seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen haben. Auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag kommt es nicht an, entscheidend ist die persönliche Abhängigkeit des Betreffenden bei seiner Tätigkeit, womit auch formal freie Mitarbeiter Arbeitnehmer sein können, selbst wenn ihr Vertrag etwas anderes vorsieht.

Sonderfall Freiberufler

So ist nicht auszuschließen, dass der an einem bestimmten Projekt beteiligte freie Programmierer ein Arbeitnehmer ist, wenn er seine Tätigkeit und Arbeitszeit nicht frei bestimmen kann. Wenn nicht oder nicht sicher von einem Arbeitsverhältnis ausgegangen werden kann, muss die Übertragung der Rechte an Programmen vertraglich ausdrücklich vorgesehen werden. Das gilt auch für den Geschäftsführer einer GmbH, da zwischen ihm und der Gesellschaft grundsätzlich kein Arbeits-, sondern ein freies Dienstverhältnis besteht.

Von Paragraf 69 b UrhG werden nur solche Programme erfasst, die der Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen hat (Pflichtwerke). Werke, die nicht zum arbeitsvertraglichen Aufgabenkreis zählen, unterliegen dem nicht; ebenso wenig soll Software, die der Programmierer auf Anregung des Arbeitgebers beziehungsweise unter Benutzung von dessen Erfahrungen, Kenntnissen oder Betriebsmitteln geschaffen hat, von ihr erfasst sein (freie Werke).

Der im Arbeitsvertrag definierte Inhalt des Aufgabenkreises eines angestellten Programmierers ist damit entscheidendend - im Zweifel muss der Arbeitgeber beweisen, dass ein Pflichtwerk vorliegt. Allerdings unterliegt der Arbeitnehmer bezüglich seiner freien Werke wohl einer Anbietungspflicht gegenüber seinem Arbeitgeber. Er muss ihn über diese Schöpfungen informieren und ihm die Übertragung der Rechte an der Software - gegen gesonderte Vergütung - anbieten. Auch diese Anbietungspflicht sollte der Arbeitsvertrag ausdrücklich vorsehen.

Rechte an der Diplomarbeit

Angesichts der leeren öffentlichen Kassen und angeregt vom Vorbild der amerikanischen Hochschulen interessieren sich auch hiesige Universitäten stärker für das geistige Eigentum ihrer Angehörigen und Studenten. Doch Professoren, Assistenten und Mitarbeiter, die als Beamte oder Angestellte der Hochschule vom Wortlaut des Paragrafen 69 b UrhG erfasst werden, genießen weitgehende Privilegien, die bislang nur für Patente aufgehoben wurden. Auch scheidet ein automatischer Rechtserwerb an den von Studenten, Diplomanden oder Doktoranden geschaffenen Programmen durch die jeweilige Hochschule aus. Das öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen einem Studenten und der Universität und/oder einem Diplomanden oder Doktoranden mit seinem Professor ist kein Arbeitsverhältnis und begründet keinen Anspruch auf das Ergebnis. Das gilt selbst dann, wenn das Programm durch den Hochschullehrer angeregt oder ausschließlich mit Mitteln der Universität geschaffen wurde.

Urheber sind gut geschützt

Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird mit seinem Gehalt abgegolten. Dieser Grundsatz gilt auch für die Übertragung von Rechten an Software, die im Arbeitsverhältnis geschaffen wurde; allenfalls bei außergewöhnlichen oder vom Arbeitnehmer nicht zu erwartenden Leistungen ist ein Anspruch auf eine Prämie denkbar. Seit der Reform des Urhebervertragsrechtes im Jahre 2002 ist diese Regel jedoch ins Wanken geraten. Das neue Recht sieht zwingend einen gesetzlichen Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung für die Nutzung seiner Werke vor, der vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann.

Ob dieser in erster Linie zum Schutze freiberuflicher Werkschöpfer normierte Eingriff in die Vertragsfreiheit auch auf im Arbeitsverhältnis geschaffene Werke angewendet werden kann und der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer damit über das Gehalt hinaus vergüten muss, ist letztinstanzlich noch nicht entschieden worden. Vieles spricht dafür, dass Spezialregelungen wie der Paragraf 69 b UrhG weiterhin vorgehen.

Patentschutz von Computerprogrammen

Auch die heute unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Patentierbarkeit von Software wirkt sich auf die Vergütung des Arbeitnehmers aus. Für im Arbeitsverhältnis geschaffene Erfindungen gilt das Arbeitnehmererfindergesetz (ArbEG), welches den Arbeitnehmern einen zusätzlichen Anspruch auf Vergütung gewährt, wenn der Arbeitgeber die Erfindung nach Meldung durch den Arbeitnehmer in Anspruch nimmt. Bei Software ist daher nicht nur zu prüfen, ob ein Patent zu erlangen ist. Zusätzlich muss der Arbeitgeber mit Vergütungsansprüchen seiner Arbeitnehmer nach dem ArbEG rechnen; dessen Anwendung auf Softwarepatente ist jedoch derzeit umstritten.

Sollte das ArbEG auf Softwarepatente angewendet werden, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine solche Erfindung seinem Arbeitgeber zu melden. Dieser kann dann entscheiden, ob er diese Erfindung in Anspruch nehmen - und damit auch gesondert vergüten - oder sie aber freigeben will. Sofern der Arbeitgeber eine softwarebezogene Erfindung nicht in Anspruch nimmt, ergibt sich eine Konfliktsituation. Denn ungeachtet der Freigabe bleibt es bei Paragraf 69 b UrhG, wonach die urheberrechtlichen Verwertungsrechte an der Software automatisch und vergütungsfrei auf den Arbeitgeber übergehen.

Persönlichkeitsrechte an Software

Das beschriebene Schöpferprinzip und die hieraus folgende personelle Zuordnung des Urheberrechts zum Arbeitnehmer als Werkschöpfer führen zu weiteren Konsequenzen. Das Urheberrecht erschöpft sich nicht in wirtschaftlichen Verwertungsrechten; es verleiht dem Urheber darüber hinaus die Urheberpersönlichkeitsrechte. Hierbei handelt es sich um den Anspruch auf Namensnennung, den Entstellungsschutz sowie das Recht der Erstveröffentlichung. Im Gegensatz zu den verwertungsrechtlichen Befugnissen sind diese per Gesetz nicht übertragbar und bleiben daher stets beim Arbeitnehmer. Allerdings wirken sich auch hier die Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses aus.

Nach dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, sich selbst oder einen anderen Arbeitnehmer als Urheber zu benennen. Den arbeitsrechtlichen Besonderheiten wird insoweit Rechnung getragen, als der Arbeitnehmer-Urheber im Einzelfall auf seine Namensnennung verzichten kann. Auch ist der Arbeitgeber berechtigt, die Namensnennung dann zu unterlassen, wenn sich die Notwendigkeit dazu aus dem Inhalt des Arbeitsvertrages ergibt.

Vor allem sind aber die branchenüblichen Gepflogenheiten zu berücksichtigen: Mit Abschluss des Arbeitsvertrages akzeptiert der Arbeitnehmer in der Regel die branchenübliche Namensnennung. Soweit die Nennung des Programmierers beispielsweise bei vielfach verkaufter Standardsoftware nicht üblich sein sollte, ist sein Anspruch auf Namensnennung ausgeschlossen. Andernfalls ist er beispielsweise in der Dokumentation beziehungsweise an geeigneter Stelle auf der Benutzeroberfläche zu nennen.

Auch der Entstellungsschutz, also der Schutz des Urhebers vor Veränderungen an seinem Werk durch andere Personen, wird vom Arbeitsverhältnis reduziert. Generell ist der Schutz vor Entstellung bei Software aber nicht so relevant wie etwa bei Kunst- oder Bauwerken, was unlängst der geplante Umbau des Olympiastadions in München gezeigt hat, der durch seinen Architekten verhindert wurde. Die Weiterentwicklung der Software durch den Arbeitgeber ist auf dieser Grundlage kaum zu blockieren.

Schließlich kann der Urheber noch bestimmen, ob, wann und in welcher Form sein Werk der Öffentlichkeit erstmals zugänglich gemacht wird. Dieses Recht soll sicherstellen, dass kein Urheber gezwungen werden kann, sein Werk überhaupt zu veröffentlichen. Da eine Nutzung des Werks durch den Arbeitgeber ohne Veröffentlichung allerdings selten wirtschaftlich sinnvoll sein wird, überlässt der Arbeitnehmer seinem Dienstherren mit Übertragung der Nutzungsrechte in der Regel auch das Veröffentlichungsrecht zur Ausübung.

Ende des Arbeitsverhältnisses

Zeitlich wirken die Rechte nach Paragraf 69 b UrhG über das Arbeitsverhältnis hinaus; dem Arbeitgeber stehen die Rechte für die gesamte Schutzdauer des Urheberrechts zu. Derzeit gilt der Schutz bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, so dass zeitlich eine umfassende Rechtsstellung des Arbeitgebers begründet wird. Soweit der Urheber bei einem neuen Arbeitnehmer "seine" Software derart weiterentwickelt, dass sie lediglich eine von der Erstschöpfung abhängige Bearbeitung darstellt, ist dies nur mit Einwilligung des vormaligen Arbeitgebers möglich. Dessen Verwertungsrechte schließen das Bearbeitungsrecht mit ein, also das Recht zur Übersetzung, Bearbeitung und zum Arrangement des Programms.

Diesen Aspekt sollten konkurrierende Unternehmen immer im Auge haben, wenn sie einen Arbeitnehmer aufgrund seines speziellen Know-hows abwerben. Zulässig ist dagegen, dass der Arbeitnehmer seine im vorherigen Betrieb erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse weiter verwendet, soweit er damit nicht speziell geschützte Betriebsgeheimnisse oder Schutzrechte verletzt. Er muss also gedanklich keine Schere im Kopf ansetzen und von "null" beginnen.

Know-how-Transfer zum neuen Job

Berücksichtigt wird hier allerdings nicht das Interesse des neuen Arbeitgebers, der von dem speziellen Know-how des Arbeitnehmers profitieren will. Vielmehr soll vor dem Hintergrund der grundgesetzlich garantierten Berufswahl- und Ausübungsfreiheit verhindert werden, dass der Arbeitnehmer langfristig an einen Arbeitgeber gebunden wird. Eine nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung, welche dem Arbeitnehmer die Verwendung der vormals erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse untersagt, ist zwar möglich; es ist aber im Einzelfall stets zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des vormaligen Arbeitgebers und dem Interesse des ausscheidenden Arbeitnehmers an seinem beruflichen Fortkommen abzuwägen. (ajf)

*Sebastian Wündisch ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz (www.noerr.de) und Lehrbeauftragter für Medien- und IT-Recht an der TU in Dresden.

Hier lesen Sie ...

- wer das Urheberrecht an Programmen hält;

- was bei Softwarepatenten zu beachten ist;

- wann Entwickler für ihre Programme gesondert entlohnt werden müssen;

- wieso es wichtig ist, den Inhalt des Aufgabenkreises der Mitarbeiter zu definieren;

- was Pflichtwerke von freien Werken unterscheidet;

- wie die Urheber in Universitäten gestellt sind.

Paragraf 69 b UrhG

"Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen"

(1) Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist.

(2) Absatz 1 ist auf Dienstverhältnisse entsprechend anzuwenden.