Output > All?

Das Problem mit der Entwicklungsgeschwindigkeit

Kommentar  14.03.2023
Von 
Matt Asay ist Autor der US-Schwesterpublikation Infoworld.com.
Statt nur auf den Output zu fokussieren, sollten Sie lieber auf Testing und Research setzen – und bereit sein, Projekte einzustampfen, die keinen Erfolg versprechen.
Mehr Speed, mehr Waste - und weniger Durchblick?
Mehr Speed, mehr Waste - und weniger Durchblick?
Foto: Sarnia - shutterstock.com

Entwickler sind die neuen Königsmacher, heißt es. Unternehmen wenden entsprechend viel Zeit und Mühe auf, ihre Entwickler zu befähigen, (immer) schneller zu arbeiten. Der starke Fokus auf die Geschwindigkeit ist allerdings problematisch - wie auch Projektmanagement-Guru Itamar Gilad in einem Blogbeitrag unterstreicht: "Entwicklungsgeschwindigkeit und Launch Throughput sind völlig falsche Optimierungen. Wenn Sie die wie besessen verfolgen, wird Sie das von den eigentlich wichtigen Dingen ablenken und mehr schaden als nutzen.

Anders ausgedrückt: Geht es um Softwareentwicklung, ist - beziehungsweise sollte - weniger mehr sein.

"Je stärker man dem Output nachjagt, desto mehr Waste"

Softwareentwickler wissen (wahrscheinlich), welches Ziel sie erreichen wollen (zum Beispiel eine bestimmte App zu entwickeln) - haben aber oft nicht wirklich darüber nachgedacht, welche Projekte sie streichen können oder sollten, um schneller an ihr Ziel zu gelangen. Unternehmensberater und Buchautor Jeff Patton formuliert es folgendermaßen: "Eines der häufigsten Missverständnisse in der Softwareentwicklung ist es, zu versuchen, schneller mehr Ergebnisse zu erzielen. Wer das Game wirklich versteht, erkennt, dass die Aufgabe für Softwareentwickler darin besteht, den Output zu minimieren und das Ergebnis und die Wirkung zu maximieren."

Weniger Code, mehr Impact ist die Formel für Erfolg. Der allerdings nicht viele Entwicklungsteams folgen, wie Gilad beobachtet: "Ein Product-Team, das zwei Drittel des Outputs liefert, könnte eigentlich den vierfachen Impact erzielen. Fakt ist: Der Großteil unserer Arbeit ist Waste - und je stärker man dem Output nachjagt, desto mehr und schneller entsteht er."

Ihren Entwicklern die Botschaft zu übermitteln, mehr "gute" und weniger "schlechte" Dinge zu tun, ist allerdings für die Praxis wenig erfolgversprechend. Stattdessen empfiehlt Gilad, Testing und Research möglichst früh in den Entwicklungsprozess zu integrieren und Projekte zu verwerfen, die sich nicht auf Erfolgskurs befinden. Das sorge im Ergebnis für weniger Projekte, aber solche mit größerem Impact.

Weniger tun, mehr leisten

Das soll im Umkehrschluss nicht heißen, dass eine hohe Entwicklungsgeschwindigkeit unwichtig wäre. Im Juni 2022 nutzten Entwickler den GitHub Copilot, um im Schnitt 27 Prozent ihres Codes zu erstellen. Nur wenige Monate später, im Februar 2023, lag dieser Wert laut GitHub bei 46 Prozent.

Das liegt unter anderem daran, dass Entwickler schneller mehr Code bereitstellen wollen - und die mühsameren Aspekte an eine KI-Instanz auslagern. Entwicklungsgeschwindigkeit ist auch der Grund, warum Open Source weiterhin eine essenzielle Komponente der Softwareentwicklung darstellt - und der Grund dafür, dass sich viele Unternehmen an Platform-Engineering-Spezialisten wenden, um Leitplanken für ihre Developer zu schaffen.

Mike Loukides, Vice President of Content Strategy bei O'Reilly Media, gibt in einem Blogbeitrag Einblicke in die Nutzung der Lernplattform seines Arbeitgebers: "Die größte Veränderung sehen wir beim Interesse an Coding-Praktiken. Ein Wachstum um 35 Prozent im Jahresvergleich ist bemerkenswert und signalisiert, dass Softwareentwickler hochmotiviert sind, ihre Programmierpraxis zu verbessern."

Beim Blick auf die Entwicklungsgeschwindigkeit sollten wir uns darauf konzentrieren, weniger zu tun, um mehr zu leisten. Um dieses Ziel zu erreichen braucht es vor allem eines: Testing. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation Infoworld.