Industrialisierter IT-Einkauf

Das neue Externen-Management

22.06.2015
Von 
Oliver Grohmann ist Leiter Supplier Management bei der metafinanz Informationssysteme GmbH in München.

Die Lösung liegt in "Services"

Smarter erscheint das Modell "Service", das vom meist synonym verwendeten Begriff "Dienstleistung" abzugrenzen ist. Bei einer "Dienstleistung" muss sich der Auftraggeber selbst um vielfältige Aktivitäten kümmern - von der Planung über die Besetzung der Aufgaben und die Steuerung bis zur Qualitätssicherung. Auch bei Haftungsfragen kann der Auftraggeber trotz Dienstleisterhaftung in der Praxis wenig erwarten, so dass Risiken wie Auslastung und Terminverzögerungen beim Auftraggeber liegen.

Im klassischen Dienstleistungsmodell ist der Auftraggeber noch eng in die Erledigung der Aufgaben wie Steuerung, Risikobewältigung und Prüfung der Ergebnisse eingebunden.
Im klassischen Dienstleistungsmodell ist der Auftraggeber noch eng in die Erledigung der Aufgaben wie Steuerung, Risikobewältigung und Prüfung der Ergebnisse eingebunden.
Foto: metafinanz Informationssysteme GmbH

Ein "Service" hingegen stellt eine klar spezifizierte Dienstleistungsart dar. Der Auftragnehmer bietet diese auf Anforderung zu einem vereinbarten Preis an, er steuert sie selber und erbringt sie in nachprüfbarer Qualität.

Das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Dienstleister lässt sich mit dem Prinzip einer Autowerkstatt vergleichen: Der Auftragnehmer kümmert sich um die gesamte Leistungserbringung in der definierten Qualität zu einem vereinbarten Preis.
Das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Dienstleister lässt sich mit dem Prinzip einer Autowerkstatt vergleichen: Der Auftragnehmer kümmert sich um die gesamte Leistungserbringung in der definierten Qualität zu einem vereinbarten Preis.
Foto: metafinanz Informationssysteme GmbH

Illustrieren lässt sich ein derartiger Services anhand eines konkreten Praxisbeispiels: In einem Softwareprojekt ging es darum, einem Kunden ein virtuelles Team von 15 Entwicklern als Kapazität zur Verfügung zu stellen. Dabei übernahm die Besetzung und die Steuerung des Teams nicht der Kunde, sondern der Servicegeber. Entsprechend der Vereinbarung erhielt dieser alle zwei Wochen ein Set an Entwicklungsaufträgen vom Kunden, das dann gemäß dem SLA abzuarbeiten war. Das SLA enthielt auch die Option der Skalierung der Auslastung um bis zu 20 Prozent nach oben oder unten.

Kooperation mit dem Einkauf

Entscheidend für den Erfolg dieses Modells im Entwicklungsumfeld ist letztlich der klar definierte Serviceauftrag und die Integration ins Kundenprojekt. In diesem Fall handelte es sich um ein klar abgegrenztes -Systemumfeld in Form einer Web-Anwendung und den notwendigen technischen Skills. Förderlich war auch der Einsatz der Entwicklungsmethode Scrum, die es ermöglicht, das Projekt in kleine Arbeitsschritte und Aufgabenpakete zu segmentieren - in sogenannte Sprints.

Koordinierter Dienstleister-Einkauf: Ein ständiger Optimierungskreislauf, der mit dem neuen Supplier beim Projekteinsatz beginnt, über die Portfolioanalyse, die Bewertung und die Kategorisierung bis zum letzten Schritt des selektiven Umsourcings geht.
Koordinierter Dienstleister-Einkauf: Ein ständiger Optimierungskreislauf, der mit dem neuen Supplier beim Projekteinsatz beginnt, über die Portfolioanalyse, die Bewertung und die Kategorisierung bis zum letzten Schritt des selektiven Umsourcings geht.
Foto: metafinanz Informationssysteme GmbH

Doch auch andere Faktoren sind beim industrialisierten Dienstleistungseinkauf entscheidend für Erfolg oder Misserfolg. Oft ziehen beispielsweise der Fachbereich und der Einkauf nicht an einem Strang, weil divergierende Interessenlagen existieren. Der Einkauf fokussiert nur Vereinfachungen und Kostensenkungen, während die Fachbereiche Nachteile wie fehlende Freiheitsgrade, Mehraufwände bei Spezifikationen sowie Bürokratie befürchten - und daher mauern. Um eine reibungslose Umsetzung sicherzustellen, sollten sich daher beide Seiten frühzeitig verständigen und die jeweiligen Vorteile herausarbeiten.

Risiken beim Sourcing

Scheinselbständigkeit und Arbeitnehmerüberlassung zählen zu den permanenten Risiken beim Einkauf externer IT-Dienstleister, die unter anderem hohe Nachzahlungen an Sozialversicherungen nach sich ziehen können. Manche Vermittler begnügen sich mit Unbedenklichkeitsbescheinigungen, andere Anbieter beraten Auftraggeber und Dienstleister über rechtliche Risiken und erarbeiten Lösungsmöglichkeiten.
In großen Unternehmen, die ihr Externen-Management noch nicht optimiert haben, arbeitet der Einkauf oft mit mehreren hundert dezentral beauftragten Lieferanten. Eine Konzentration auf ein maßgeschneidertes strategisches Netzwerk ermöglicht große Optimierungseffekte.
Durch Portfolioanalysen wird das eingesetzte Netzwerk überprüft und die Sourcing-Strategie nachjustiert. Ziel ist es, die IT-Projekte richtig zu besetzen, die passenden Anforderungsprofile zu ermitteln sowie mögliche Überqualifizierung zu vermeiden. Auf diese Weise lassen sich das Lieferantennetzwerk und die eingesetzten Berater kontinuierlich verbessern, um den passenden Berater und Service für die angeforderte Leistung zum besten Preis zu ermitteln. Ein weiteres Ziel ist in diesem Kontext die Weiterentwicklung von Dienstleistern zu Partnern.
Nachhaltige Verbesserungen des Externen-Managements erfordern die Entwicklung einer Sourcing-Strategie. Hier stehen Fragestellungen im Vordergrund wie die, welche Aufgaben über externe Dienstleistungen erbracht werden oder welche Dienstleister für welche Themen eingesetzt werden.

Fazit

Mit der Industrialisierung können Unternehmen ihr Externen-Management nachhaltig verbessern, indem sie den Wettbewerb fördern, den Lieferanten mehr Verantwortung übergeben und Risiken reduzieren. Doch auch in kleinerem Umfang lohnen sich Optimierungen auf den Evolutionsstufen 1 und 2, indem IT, Fachabteilungen und der Einkauf die Prozesse verschlanken, die Verwaltung vereinfachen und so am Ende auch die Kosten verringern. (sh)