Green IT

Das Netz als heimlicher Stromfresser

23.10.2008
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Sparsame Glasfaser

Vor diesem Hintergrund kann die Glasfaser gleich doppelt punkten. Zum einen treten bei ihr, so 3Com-Geschäftsführer Kracke, in engen Kabelschächten keine Übertragungsfehler durch Übersprechen auf, zum anderen verbraucht sie weniger Strom, da DSP zur Fehlerkompensation entfallen kann. Pro Netzwerk-Port braucht die Glasfaser mit einem Watt, wie Cisco-Manager Roschek vorrechnet, rund sieben Watt weniger als ein klassischer Kupferkabel-Anschluss.

Allerdings ist auch beim Kupferkabel in Sachen Ethernet noch nicht das letzte Wort gesprochen: Das US-amerikanische Normierungsgremium IEEE arbeitet unter der Bezeichnung "IEEE 802.3az" an einer Erweiterung der Ethernet-Standards um das "Energy Efficient Ethernet". Davon verspricht sich etwa David Law, Chairman der IEEE-802.3, enorme Einsparmöglichkeiten

Zukunft: Energy Efficient Ethernet

Glasfaseranschlüsse benötigen pro Port rund sieben Watt weniger als ein klassischer Kuperkabelanschluss.
Glasfaseranschlüsse benötigen pro Port rund sieben Watt weniger als ein klassischer Kuperkabelanschluss.

Die Idee hinter Energy Efficient Ethernet ist, dass ein LAN-Port nur noch dann Strom verbraucht, wenn auch wirklich gerade Daten übertragen werden. Im Leerlauf sollte er dann einen Energiebedarf von annähernd null Watt aufweisen. Damit hält im LAN ein Gedanke Einzug, der im Carrier-Umfeld bei den DSL-Zugängen bereits verwirklicht ist: So verfügt ADSL2/2+ genau über eine solche Stromsparfunktion, die im DSL-Modem und im DSLAM den Energieverbrauch senkt, wenn keine Daten übertragen werden, die Geräte also in eine Art Schlafmodus schickt. Beim Energy Efficient Ethernet sollen nun die Daten in möglichst kurzer Zeit mit höchster Geschwindigkeit übertragen werden. Danach soll der Port dann in einen Schlafzustand verfallen, wo er fast keinen Strom verbraucht. Steht dann eine neue Übertragung an, werden die beteiligten Kommunikations-Ports mit einem Wecksignal wieder in den aktiven Übertragungsmodus versetzt. "Und der typische Ethernet-Port eines Endgeräts befindet sich zu 99 Prozent der Zeit im Leerlauf und benötigt heute dennoch unvermindert Energie ", erklärt Law das Potenzial der neuen Technik.

So viel versprechend der Energy-Efficent-Ethernet-Ansatz auch klingt, bei den momentanen Bemühungen, den Energiebedarf zu senken, bringt er wenig: Branchenkenner rechnen nämlich erst 2010 mit einer Verabschiedung der IEEE-Norm 802.3az. Zudem müssen die Anwender hier erst einmal kräftig investieren. "Energy Efficient Ethernet funktioniert nur", so IEEE-Mitglied Law, "wenn beide Endpunkte einer Verbindung einem Upgrade unterzogen werden - also etwa ein Switch-Port und der Netzwerk-Port eines Rechners." Für die Anwender bleibt zumindest ein Trostpflaster: Die Technik ist abwärtskompatibel zum klassischen Ethernet, so dass etwa gemischter Betrieb möglich ist und eine Einführung mit der Substitution vorhandener Notebooks und PCs durch neue Geräte erfolgen kann, denn bei kommenden Produktgenerationen dürfte IEEE 802.3az ein Standard-Feature sein.