Das magische Dreieck des Informationsmanagements

24.10.1986

Dr. Peter Kohlhammer Digital Equipment GmbH, Leiter der Geschäftsbereiche Strategische Unternehmensplanung und Aus- und Weiterbildung/ Schulungszentren

Zu den derzeit inflationären Begriffen zählt zweifelsohne Informationsmanagement. Er dient als Integrationsvehikel für eine Vielzahl kaum mehr überschaubarer Definitionen und Erklärungen. Was beinhaltet nun aber das "Managen von Informationen" als wichtigen und notwendigen Bestandteil sowohl der strategischen Unternehmensplanung (Strategieplanung) wie auch der konkreten Maßnahmenplanung (Realisierungsplanung)? Eine gültige Antwort darauf ist bisher ebensowenig gefunden worden wie die Lösung der folgenden Problemstellung: Wie kann das Unternehmen durch eine entsprechend informationsorientierte Ausrichtung und Konzentration strategische Vorteile im Wettbewerb erlangen, die wiederum ein Ergebnis konsequenter Ressourcenhandhabung (der Informationsträger/ -verarbeiter) an jedem einzelnen Arbeitsplatz darstellen?

Strategisches Info-Management nun ist, meine ich, eine Antwort darauf, wie die Informationstechnick ihre organisatorische Infrastruktur und die sie" umsetzenden" Human Ressourcen (Management/ Mitarbeiter) das Unternehmen befähigen können, seine strategische Stoßrichtung und Positionierung im Markt (Gesamtstrategie) erfolgreich zu entwickeln und durchzuführen. Und: Mit diesem Instrumentarium - so meine These -, kann die unternehmensspezifische F + E-, Produktions-, Vertriebsposition etc. im Wettbewerbsvergleich verbessert werden und damit das erreichbare Ertragspotential im Markt für das Unternehmen (langfristig) tatsächlich erschlossen werden.

Informationstechnik und ihre organisatorische Infrastruktur (technisch-organisatorisches Ressourcen-Management) sowie die entsprechenden Human-Ressourcen (Human-Ressourcen-Management) stellen das "magische Gestaltungsdreieck" des Info-Managements dar, das sich nicht nur auf der strategischen Ebene, sondern bis hinunter zur konkreten Arbeitsplatzebene widerspiegeln muß.

Der Mensch steht dabei als zentraler Leistungs- und Wertschöpfungsträger im Mittelpunkt der informationsökonomischen Betrachtung. Produktivität und Wirtschaftlichkeit des Unternehmens sind ja das Ergebnis vollbrachter Leistung an jedem Arbeitsplatz. Die Leistungseffizienz hängt nun wiederum von der Leistungsfähigkeit und -motivation des Mitarbeiters sowie von der technisch-organisatorischen Leistungsunterstützung ab.

Damit ist der qualifizierte Mitarbeiter der Leistungs

" Multiplikator" im Unternehmen. Verbesserungen der technisch-organisatorischen Infrastruktur können somit nur über entsprechend "verbesserte", sprich: qualifizierte, Mitarbeiter ihre optimale Wirkung erreichen. Der für ein Unternehmen zu optimierende "informatorische Mehrwert" ist schließlich nur über diese drei Komponenten zu erzielen.

Auf der anderen Seite kann die Notwendigkeit zur ständigen Leistungs- und Qualitätsverbesserung, die von außen (Markterfordernisse, Kundenwünsche etc.) dem Unternehmen abverlangt werden, nur durch den kontinuierlichen Leistungszuwachs der eingesetzten technisch-organisatorischen Infrastruktur gesichert werden.

Dem zu implementierenden Info-Management möchte ich mit einigen Überlegungen das Bewußtsein schärfen.

Die ständige informationstechnische Weiterentwicklung steht außer Frage und muß im Unternehmen ihren Niederschlag finden.

Von langfristigem optimalen Nutzen ist sie jedoch nur, wenn sie das Unternehmen zu einer verbesserten strategischen Positionierung im Markt befähigt und dadurch sein strategisches Ertragspotential ausschöpft. Die Human-Ressourcen können dabei nicht mehr nur einseitig als Rationalisierungspotential gesehen werden, sondern sind Optimierungspotential und gewährleisten, informatorischen Mehrwert für das Unternehmen zu erreichen.

Info-Management ist daher technisch-organisatorisches

und Human-Resource-Management.

Mit anderen Worten: Info-Management befähigt und zwingt das Unternehmen zur Qualifizierung. Ständige Qualifizierung (relative Unternehmensqualität) dient der besseren Zielerreichung (Befriedigungsgrad von Kundenbedürfnissen). Diese kann eben nicht mehr nur über die reine Produktqualität allein erreicht werden, sondern über die Gesamtbetreuungs-Qualität (Services, Training, Consulting etc.)gegenüber dem Kunden.

Damit ist auch die Investitions- und Finanzierungsrechnung für den Einsatz und Ausbau der informationstechnischen und -organisatorischen Infrastruktur nicht mehr in sich beschränkt und statisch. Sie muß vielmehr die notwendige Human-Resource-Entwicklung beinhalten und dynamisiert (mehrperiodisch) angelegt sein. Langfristige Amortisation zur vollständigen Erschließung des strategisch

möglichen Ertragspotentials heißt hier die Zielsetzung.

Welche informationstechnisch-organisatorischen "Impacts" im Sinne von Qualifizierungs-Impacts ergeben sich dann für ein Unternehmen?

Vordringlich zählt hierzu die Veränderung

-ganzer Aufgabeninhallte und Arbeitsfelder (am Arbeitsplatz);

-von Einzelanforderungen nach Art und Ausmaß;

-der Motivation (Leistungsbereitschaft) und Technik-Akzeptanz;

-der Beschäftigtenzahl;

-der Führungsstruktur;

-des Arbeitseinsatzes (wie Job-Rotation) und der Arbeitszeit;

-der Laufbahn- und Aufstiegslinlien.

Daraus ergeben sich gewandelte Forderungen an eine effiziente Personalentwicklung (Qualifizierungschance und -strategie) im Rahmen des Info-Managements. Zu ihnen rechnen die unternehmensbedarfs-und infrastrukturgeleitete (Ist/ Zukunft) Aus- und Weiterbildung sowie die curriculare Aus- und Weiterbildung nach Zielgruppen, Themenbereichen, Vermittlungsmethoden und -medien und modularen Lerneinheiten/-kontrollen.

Weiterhin stelle ich in diesen Kontext die informationsanforderungsgerechte, dynamisierte Qualifizierung, die informationsmotivations- und -akzeptanzorientierte Qualifizierung und die informationspolyvalente (breitgefächerte) Qualifizierung gemeinsam mit der informationsaufgaben-und-führungsgerechten Qualifizierung.

Damit verändern sich im Zug des strategischen Info-Managements nicht nur die Themen innerhalb der betrieblichen Personalentwicklung. Auch ihre Methoden und Prozesse zusammen mit ihrer bedarfsgeleiteten Einbindung in die Ressourcen- und Gesamtstrategie des Unternehmens erhalten neue Gestalt.

Human-Resource sind weiterhin nicht mehr nur ein strategisch sehr wichtiges "Betriebskapitel". Sie sind längerfristig das teuerste Betriebskapital, und Nicht- oder Fehlinvestitionen machen sie zum kostspieligsten Kapital. Fehlen sie nämlich, bedeutet dies im Unternehmenskonzept " Strategielosigkeit " und damit letztlich verschenktes Geld (" Nichtschließen potentioneller Ertragslücken ").

Für Unternehmen, die das strategische Info-Management realisieren wollen und müssen, kann dies nicht allein den Transfer von Informationstechnologie vom Hersteller bedeuten. Der entsprechende Know-how-Transfer, der sich von der spezifischen anwendungstechnischen Beratung bis hin zum Personalentwicklungs-Consulting und Strategie-Consulting erstrecken kann, muß hinzukommen. Qualifizierte Anbieter auf dem Sektor der Informationsverarbeitung sind künftig jene, die diesen umfassenden Anwenderservice anbieten.