Pro und Contra Digitale Agenda 2014

Das Märchen vom flächendeckenden Breitband

20.08.2014
Von  und
Malte Jeschke war bis März 2016 Leitender Redakteur bei TecChannel. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit professionellen Drucklösungen und deren Einbindung in Netzwerke. Daneben gehört seit Anbeginn sein Interesse mobilen Rechnern und Windows-Betriebssystemen. Dank kaufmännischer Herkunft sind ihm Unternehmensanwendungen nicht fremd. Vor dem Start seiner journalistischen Laufbahn realisierte er unter anderem für Großunternehmen IT-Projekte.
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Die digitale Agenda 2014 liegt endlich vor und keiner ist zufrieden. Die Redakteure Malte Jeschke und Jürgen Hill diskutieren das Pro und Contra der Agenda mit Blick auf den Breitbandausbau.

Pro Agenda 2014

Redakteur Jürgen Hill tritt pro Digitale Agenda ein.
Redakteur Jürgen Hill tritt pro Digitale Agenda ein.
Foto: Joachim Wendler

Es ist einfach zu schön - egal was in Sachen IT und Breitbandausbau hierzulande passiert - sofort kriechen die Kritiker aus ihren Löchern und sezieren die Vorschläge. Statt nur zu kritisieren, sehen wir es doch einmal anders: Die Politik hat endlich, nach dem Koalitionsvertrag, die Leitsätze für die digitale Entwicklung in den nächsten vier Jahren veröffentlicht. Und in Sachen Breitband heißt das ganz klar: Es gibt keine Bevorzugung einer bestimmten Technologie. Über diesen Mix sollen dann Geschwindigkeiten von bis zu 50 Mbit/s möglich sein. Ebenso schafft die Agenda in einem anderen Punkt Klarheit: Die Regierung hält an einem marktorientierten TK-Sektor fest und fällt nicht zurück in die Zeiten des Staatsdirigismus.

Spannend dürfte sein, welche Handlungsempfehlungen die "Netzallianz Digitales Deutschland" in ihrem für Herbst angekündigtem Handbuch geben wird. Zudem sieht man das Dilemma der ländlichen Gebiete und will hier mit Förderprogrammen dem Markt helfen. Sicherlich werden hierbei viele Aufschreien und rufen "das reicht nicht". Doch warum muss es reichen? Vielleicht sollten wir hier in Deutschland auch einmal mit dem Versuch dieser sozialistischen Gleichmacherei aufhören und akzeptieren, dass es in einer pluralistischen Gesellschaft auch Unterschiede gibt. Und dazu gehören auch unterschiedliche Lebensumstände in Stadt und Land - wie etwa teure Mieten und Breitband versus große bezahlbare Häuser ohne Breitband auf dem Land. Ist es wirklich eine Katastrophe, wenn ein Teil des Landes kein Breitband bekommt? Oder ein Teil der Bevölkerung ihren Breitband-Anschluss nicht zum Discount-Tarif bekommt? Ich finde Nein.

Contra Agenda 2014

Vom Redakteur Malte Jeschke gibt es ein dickes Contra zu den Breitbandplänen der Regierung.
Vom Redakteur Malte Jeschke gibt es ein dickes Contra zu den Breitbandplänen der Regierung.

Der Punkt "Digitale Infrastrukturen" der Digitalen Agenda, sprich unter anderem Breitbandausbau, dürfte für betroffene Privatpersonen wie Firmen höchste Priorität haben. Die Koalition will bis 2018 überall in Deutschland Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Mbit/s erreichen. Dieses Ziel besteht ja nun bereits seit geraumer Zeit, derzeit sollen 64 Prozent der Haushalte entsprechend angebunden sein, Ende 2012 sollen es 55 Prozent gewesen sein. Das entspricht dem gefühlten langsamen Fortschritt, insbesondere in den ländlichen Gebieten. Aber selbst im manchem Speckgürtel von gut erschlossenen Ballungsräumen können Endanwender wie Firmen von einer schnellen Anbindung nur träumen.

Vectoring ist eine Lösung, um 50 Mbit/s zu erreichen.
Vectoring ist eine Lösung, um 50 Mbit/s zu erreichen.
Foto: Deutsche Telekom

Leidtragende in den betroffenen Regionen mit einem unzureichenden Breitbandausbau sind insbesondere Gewerbetreibende, Handwerk und produzierende Unternehmen. Diese sind auf eine angemessene Anbindung angewiesen, um ihren Geschäften weiterhin erfolgreich nachgehen zu können - ein Standortwechsel ist meist nur schwer zu realisieren.

Längst läuft auch hier die Kommunikation zwischen Unternehmen über B2B-Online-Lösungen. Und gerade für die kleinen und mittleren Betriebe wären viele neue Online-Angebote die richtige Lösung, um ihr Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten, wenn denn die Anbindung genügen würde. Längst gibt es keinen Produktbereich mehr, dessen Marktplatz nicht das Internet ist, die zunehmende Möglichkeit der Individualisierung von Produkten wird dies eher noch verstärken.

Wenn diese Betriebe mangels Netzausbau vom Wachstum abgekoppelt werden, dürfte dies weitreichende Folgen haben. In der Digitalen Agenda heißt es, es werden Mechanismen entwickelt, die die Attraktivität der Regionen erhalten und eine hochleistungsfähige Netzausstattung gewährleisten. Man darf gespannt sein. Meiner Meinung nach hätte die Agenda da durchaus etwas konkreter werden dürfen….