CW-Kolumne

Das Kostenargument greift zu kurz

03.02.2009
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Kosten senken ist das Gebot der Stunde. Da überrascht es nicht, dass die meisten Unternehmen auch mit dem Einsatz von Open-Source-Software vor allem eins im Sinn haben: Sparen. Für quelloffene Software fallen keine Lizenzkosten an, lautet die mit Abstand häufigste Begründung. Im Gegensatz zu vielen anderen Maßnahmen würden Einsparungen sofort wirksam.

Wer so argumentiert, bewegt sich auf dünnem Eis. Zum einen analysieren nur wenige Unternehmen die gesamten über die Nutzungsdauer der Systeme anfallenden Kosten, wie eine Umfrage der Computerwoche belegt (siehe Seite 12).

Zum anderen gibt es ernst zu nehmende Stimmen, die bezweifeln, dass Unternehmen mit Open-Source-Software unterm Strich überhaupt sparen können. Die Betriebskosten liegen in vielen Fällen auf ähnlich hohem Niveau wie die proprietärer Systeme, schätzt etwa Gartner.

Ohnehin sollte die Entscheidung für oder gegen quelloffene Software nicht nur aufgrund von kurzfristigen Kostenaspekten fallen. Andere Vorteile sind mindestens ebenso gewichtig, auch wenn nicht jeder Berater sie bestätigen mag. An erster Stelle steht die Unabhängigkeit von den oft geschlossenen Architekturen proprietärer Softwareanbieter. Die IT-Historie belegt eindrucksvoll, welche Probleme auf Unternehmen zukommen können, wenn sie sich auf die Infrastruktur eines Anbieters festlegen. Und Linux als plattformübergreifend einsetzbares Betriebssystem ist nur ein Beispiel von vielen, wie sich solche Abhängigkeiten verringern lassen.

Darüber hinaus gibt es durchaus Nutzer, die die Möglichkeit schätzen, den Quellcode der eingesetzten Software zu verändern. Auch an der hohen Qualität etablierter Open-Source-Systeme wie Linux, Apache oder Eclipse gibt es heute keinen Zweifel mehr. Gleiches gilt für die Supportangebote professioneller Dienstleister.

Fazit: Das Kostenargument für Open-Source-Software greift zu kurz. Die strategischen Vorteile bringen Unternehmen auf lange Sicht mehr.