Allgemeine Geschäftsbedingungen bei Mikrocomputerhardware- und Softwareverträgen:

Das Kleingedruckte zieht nicht immer

15.07.1983

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden heute beinahe von jedem verwendet, der im EDV-Geschäft unternehmerisch tätig ist; jeder Käufer findet sich damit konfrontiert. Dennoch scheint bei vielen Verwenden und Verbrauchern Unklarheit darüber zu herrschen, wie solche AGB wirksam in Verträge einbezogen werden können. Nicht selten lassen sich Käufer von der Durchsetzung ihrer Rechte abhalten, indem der Verkäufer sich auf seine AGB beruft, die gar nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Umgekehrt setzen sich Verkäufer erheblichen Risiken aus, falls ihre AGB nicht Vertragsbestandteil werden. Der folgende Beitrag soll diese Problematik etwas erhellen. Dabei soll es ausschließlich um die Verwendung von AGB gegenüber Nichtkaufleuten gehen; was Kaufleute betrifft, gilt das Gesagte nur mit großen Einschränkungen.

Unter rechtlichem Gesichtspunkt läßt sich das Mikrocomputergeschäft grob in drei Bereiche gliedern.

Da sind einmal der Ladenverkauf durch Elektronik- und Computershops sowie der Bürofachhandel. Diese Gruppe wird dadurch charakterisiert, daß die meisten Geschäfte mündlich geschlossen werden.

Die zweite Gruppe bildet der Versandhandel. Über Zeitschriftenanzeigen und Prospekte werden die Kunden aufgefordert, Computer, Zubehör oder Software zu beziehen. Auf die meist schriftliche Bestellung folgt dann regelmäßig "sofort" die Zusendung der bestellten Waren oder Programme.

Die letzte Gruppe umfaßt Verträge, die schriftlich geschlossen werden. Die Vereinbarungen sind dann meist umfangreicher und erinnern an Verträge, wie sie im Bereich der Minicomputer geschlossen werden. Pflichtenhefte, Terminpläne und ausführliche Leistungsbeschreibungen kennzeichnen diese Vertrage Gruppe.

Die Einbeziehung von AGB in Verträge dieser verschiedenen Bereiche unterliegt zum Teil unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen.

AGB ändern Rechtsposition

Allgemeine Geschäftsbedingungen bezwecken dabei, die gesetzlichen Vorschriften zu ändern, die gelten würden, wäre nichts Besonderes vereinbart. Dazu sind verschiedene Motive denkbar. Meist versucht der Anwender von AGB, sich durch diese den finanziell gefährlichen Konsequenzen von Verzug oder Unmöglichkeit seiner Leistung zu entziehen oder das Gewährleistungsrecht zu modifizieren. (Gewährleistungsrecht bedeutet dabei: Minderung = Herabsetzung des Preises, Wandelung = Rückgängigmachung des Vertrages, Schadensersatz = beim Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder sonstigen Vertragsverletzungen.)

In anderen Situationen geht es lediglich darum, im Gesetz unvollkommene Regelungen durch passendere zu ergänzen oder zu ersetzen. So passen etwa die Vorschriften von Kauf, Miete/Pacht und Werk(lieferungs-) vertrag nur sehr eingeschränkt auf Geschäfte zur Übertragung und Benutzung von Software. Zwar setzt sich auch bei Gerichten nunmehr die Einsicht durch, daß Computerprogramme - zumindest wenn sie nicht ganz, trivial sind - urheberrechtlichen Schutz genießen (so jüngst OLG Karlsruhe Urteil vom 9.2.83 Az.: 6 U 150/81), aber damit ist lediglich geklärt, welche Vorschriften nun letzt endlich auf Software Anwendung finden. Die unmodifizierte Anwendung von Kaufrecht auf die Übertragung von Programmen kann zu sehr unliebsamen Konsequenzen führen. In diesem Bereich empfiehlt es sich geradezu, AGB zu verwenden.

Nicht nur das Kleingedruckte zählt

Ausgangspunkt für diese Frage ist °1 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB Gesetz).

"Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluß eines Vertrages stellt. "

Diese Vorschrift gilt, für alle Verträge, die nach dem 1.4.1977 geschlossen wurden. Es kommt dabei nicht darauf an, welchen Umfang diese AGB haben, in welcher Schriftart sie abgefaßt sind, in welcher Form der Vertrag geschlossen wird und ob sie auf der Vertragsurkunde oder separat vorliegen. Entscheidend ist, daß sie (vor)formuliert werden, um in einer Mehrzahl von Fällen eingesetzt zu werden und daß sie von einem Teil dem anderen "gestellt" werden.

Individuelle Vereinbarungen, als Gegenbegriff zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen liegen vor, wenn die jeweiligen Vertragsbedingungen einzeln ausgehandelt werden. In diesem Fall findet auch das AGB Gesetz mit seinen strengen Formvorschriften keine Anwendung.

Schutz nicht nur für Endverbraucher

Das AGB Gesetz ist ein Verbraucherschutzgesetz, das den unerfahrenen Vertragspartner vor Übervorteilung durch vorformulierte Klauseln schützen soll. Deshalb werden von diesem weitgehenden Schutz Kaufleute ausgenommen (wie diese werden als Formkaufleute auch GmbHs behandelt). Einbezogen bleiben dadurch aber alle Selbständigen, soweit sie nicht Kaufleute sind, insbesondere Angehörige der freien Berufe. EDV-Berater, Steuerberater, Architekten, Sachverständige, Apotheker oder Rechtsanwälte genießen deshalb den Schutz des AGB Gesetzes auch im beruflichen Bereich, obwohl bei diesen durchaus zweifelhaft sein kann, ob sie den Schutz durch das Gesetz Oberhaupt benötigen.

Das AGB Gesetz entfaltet seine Wirkungen auf zwei Ebenen. - Einmal wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen AGB Vertragsbestandteil werden können, und zum anderen werden die verschiedenen Klauseln einer inhaltlichen Kontrolle unterzogen. Dazu enthält das Gesetz Kataloge mit Formulierungen, die zwingend oder meist unwirksam sind. Grundsätzlich sind Klauseln unwirksam, wenn durch sie der Vertragspartner wider die Gebote von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird.

Bevor es jedoch zu einer Inhaltskontrolle kommt, müssen die AGB in den Vertrag einbezogen werden, das heißt sie müssen Bestandteil des Vertrages geworden sein. Dazu bedarf es dreierlei Voraussetzungen.

Der Vertragspartner muß

1. ausdrücklich auf die Verwendung von AGB hingewiesen werden,

2. die Möglichkeit erhalten, in zumutbarer Weise von deren Inhalt Kenntnis zu nehmen und

3. mit den AGB einverstanden sein.

Es ist erforderlich, den Kunden ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß der Vertrag unter Einbeziehung von AGB geschlossen wird. Dieser Hinweis kann mündlich oder schriftlich (zum Beispiel in der Vertragsurkunde) gegeben werden. Letzteres empfiehlt sich aber, um späteren Auseinandersetzungen über diese Frage vorzubeugen. Ein Hinweis in Preislisten oder Prospekten reicht dabei meist noch nicht aus. Er muß vielmehr unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluß erfolgen; etwa in vorgerückten Bestellscheinen oder in den Vertragsurkunden.

Fehlt es an einem wirksamen Hinweis, kann der Käufer die Rechte aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch geltend machen (womit er meist besser stehen wird).

a) Ladenverkauf (mündliche Verträge)

Eine Ausnahme von der strengen Hinweispflicht macht das AGB Gesetz, wenn "ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist". (° 2 Absatz 1 Nr. 1 AGB Gesetz). Unter dieser Voraussetzung genügt ein deutlich sichtbarer Aushang am Ort des Vertragsschlusses. Damit ist allerdings nicht jeder Verkauf in Ladengeschäften gemeint. Gedacht ist hier in erster Linie an die echten Massengeschäfte des täglichen Lebens wie die: Eintrittskarte zum Fußballspiel oder ins Kino, Straßenbahnfahrkarte oder Parkhausbenutzung. Schon in Kaufhäusern oder Selbstbedienungsläden kann zweifelhaft sein, ob ein gut sichtbarer Aushang genügt. Nicht ausreichend ist ein bloßes Hinweisschild jedenfalls dann, wenn Waren (auch Programme) verkauft werden, die nicht alltäglich gekauft werden. Dazu dürften Mikrocomputer einschließlich Software und Peripherie gehören, gleich ob es sich um einen ZX 81, VC 20 oder einen IBM-PC handelt. Juristen sind sich an diesem Punkt nicht ganz einig, wo letztlich die Grenze zu ziehen ist. Entscheidende Gesichtspunkte scheinen mir die Intensität des persönlichen Kontaktes zwischen Verkäufer und Käufer zu sein, sowie die wirtschaftliche Bedeutung des Geschäfts. Handelt es sich um völlig geringwertige Gegenstände (zum Beispiel elektronische Bauteile) oder um ein reines Selbstbedienungsgeschäft, müßte nach meiner Auffassung ein Hinweisschild genügen.

Computershops, EDV-Zubehörhandel und ähnliche dürften demnach in der Regel nicht unter diese Ausnahme von der Hinweispflicht fallen. Das bedeutet aber, daß dort ausdrücklich beim Verkaufsgespräch auf die Geltung von AGB hingewiesen werden muß, falls diese wirksam werden sollen.

b) Versandhandel

Hier erscheint es ratsam, zumindest den Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, möglichst gleichzeitig auch deren Text, auf den Bestellformularen abzudrucken und gegebenenfalls dem Kunden mitzuteilen, daß Bestellungen nur auf diesen Formularen entgegengenommen werden. Den Hinweis lediglich im Prospektmaterial zu erteilen oder der Warenlieferung beizulegen, erscheint nicht ausreichend.

c) Schriftliche Verträge

Sofern ein Vertrag schriftlich geschlossen wird, sollte dieses Schriftstück unbedingt an deutlich sichtbarer Stelle einen Hinweis auf die Verwendung von AGB enthalten. Die alleinige Wiedergabe des AGB-Textes auf, der Rückseite der Vertragsurkunde genügt nicht, es sei denn, die Unterschrift erfolgt erst nach dem Text der AGB. Dann erübrigt sich sogar ein besonderer Hinweis.

AGB müssen verständlich bleiben

Nachdem der Vertragspartner durch den entsprechenden Hinweis auf die AGB "neugierig" gemacht worden ist, muß er die Möglichkeit haben, sich ohne weitere Schwierigkeiten vom Inhalt der AGB Kenntnis zu verschaffen. Er ist jedoch nicht verpflichtet, dies zu tun. Unterläßt es der Käufer, sich die AGB anzusehen, riskiert er jedoch, bis an die Grenzen, die das AGB Gesetz aufzeigt, benachteiligt zu werden.

Damit die Kenntnisnahme tatsächlich zumutbar ist, muß der Text lesbar, verständlich und halbwegs übersichtlich sein. Juristische Verklausulierungen, die einfache Sachverhalte verschlüsseln, damit der in Rechtssachen Unerfahrene deren Bedeutung nicht mehr versteht, sind unzumutbar.

a) Ladenverkauf

Sofern der Vertrag in beiderseitiger Anwesenheit geschlossen wird, erfüllt der Verwenden diese Verpflichtung, wenn der Text der AGB aufliegt, aushängt oder auf Bitte problemlos eingesehen werden kann.

b) Versandhandel

Hier empfiehlt es sich, den Text gleich dem Angebot beizufügen oder auf die Bestellformulare aufzudrucken. Auf alle Fälle sollten diese immer einen deutlichen Hinweis auf die Verwendung der beiliegenden AGB enthalten. Etwas anders liegt der Fall bei telefonischen Bestellungen. Hier könnte der Verkäufer praktisch nie seine AGB vor Vertragsschluß dem anderen Teil vorlegen. Es würde aber den Bedürfnissen des modernen Geschäftsverkehrs völlig zuwiderlaufen, wenn der Händler dann mit seinen AGB ausgeschlossen bliebe. Es wird deshalb in diesem Fall davon ausgegangen, daß der Besteller mehr oder weniger ausdrücklich auf sein Recht zur Einsichtnahme vor Vertragsschluß verzichtet. Die Verpflichtung, dennoch darauf hinzuweisen, daß AGB verwendet werden, bleibt davon selbstverständlich unberührt, da dies am Telefon durchaus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte man allerdings bedenken, daß der Verwenden im Streitfalle nachweisen muß, daß er auf die Geltung seiner AGB hingewiesen hat. Bei umfangreicheren Geschäften empfiehlt es sich deshalb, schriftliche Bestellungen und Auftragsbestätigungen zu verwenden.

c) Schriftliche Verträge

AGB sollten in das schriftliche Vertragswerk so eingearbeitet werden, daß die Unterschrift erst nach dem Text der AGB erfolgt. Anderenfalls sollte wenigstens ein Hinweis auf die Verwendung von AGB vor der Unterschrift erscheinen. Der Text sollte dann dem Vertrag beigefügt werden.

Niemand kann gezwungen werden

Sind die beiden bis jetzt behandelten Voraussetzungen erfüllt, so muß der Vertragspartner noch sein Einverständnis erklären. Regelmäßig wird dessen Vorliegen angenommen, wenn der andere Teil nicht widerspricht. Widerspricht er jedoch den AGB und kommt es dennoch zum Vertragsschluß, sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart. Liegen die AGB erstmals der Auftragsbestätigung oder der Warenlieferung bei, kann das Schweigen des Vertragspartners nicht mehr ohne weiteres als Einverständnis gewertet werden.

Erfolgt also eine Bestellung auf eine Zeitschriftenanzeige hin und werden erst der Warenlieferung die AGB beigelegt, entfalten diese keine Wirkung mehr. Liegen sie bereits der Auftragsbestätigung bei, kann unter Umständen in der vorbehaltlosen Annahme der Ware ein Einverständnis gesehen werden.

Zusammenfassend sollte man sich folgendes merken:

1. Es muß vor dem Vertragsschluß ausdrücklich auf die Verwendung von AGB hingewiesen werden. Ein deutlich sichtbarer Aushang dürfte in der Regel bei Geschäften mit EDV-Geräten nicht ausreichen. In schriftlichen Verträgen und Bestellformularen sollte dieser Hinweis bereits enthalten sein.

2. Der Vertragspartner muß vor Vertragsschluß die Möglichkeit haben, ohne Schwierigkeiten vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Die einzige Ausnahme wird bei telefonischen Bestellungen/Aufträgen zugelassen. Der Text der AGB muß vor Vertragsschluß vorliegen, in Ladengeschäften aushängen oder problemlos aushändigbar sein.

3. Widerspricht der Vertragspartner vor Vertragsschluß den AGB, werden die AGB nicht Vertragsbestandteil. Den Widerspruch muß allerdings der Widersprechende beweisen. Werden die AGB erst nach Vertragsabschluß vorgelegt, sind sie regelmäßig nicht Bestandteil des Vertrages geworden und lassen keinen Schluß auf eine stillschweigende Zustimmung zu.

4. Der Verkäufer sollte tunlichst darauf achten, daß die Erfüllung der Voraussetzungen eins bis drei erfüllt sind, wenn er Wert auf die Einbeziehung seiner AGB legt. Der Käufer sollte im Streitfall seinerseits genau überprüfen (lassen), ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers wirksam vereinbart worden sind. Andernfalls braucht er sich bei der Durchsetzung seiner Rechte nicht auf diese AGB verweisen zu lassen.

Die Begriffe Käufer und Verkäufer sind im Text meist als untechnischer Oberbegriff für alle Beteiligten an EDV Geschäften gewählt, also auch für Mieter - Vermieter und Besteller Werkunternehmer.

*Sayeed Klewitz ist Rechtsanwalt in Mannheim.

_AU:Sayeed Klewitz