Kritik an IT-Gipfel-Konzept

"Das ist unendlich frustrierend"

19.01.2011
Von Johannes Klostermeier

CIO.de: Was schlagen Sie also vor?

Sie müssen zwei Dinge machen: Man muss erstens trennen zwischen Fragen zum Tagesgeschäft und den Fragen zu den Vorstellungen vom Standort. Sehr viele Diskussionen betreffen kurzfristige Dinge. Die haben auf dem Gipfel nichts zu suchen. Umsetzungsthemen gehören da genau dann hin, wenn sie echte Leuchttürme für den Standort betreffen - etwa München oder Berlin insgesamt zur „Smart City" umzubauen. Das ist der zweite Punkt, den der Gipfel bisher nicht leistet - einige wenige Themen zu nehmen, ganz konkrete Vorschläge mit einer Finanzierungsidee und einem Umsetzungsrahmen auf den Tisch zu legen und dann zu schauen, wer was beitragen kann, um das hinzubekommen.

Beispiel Glasfasernetz

CIO.de: Wollen Sie nun das Visionäre in den Vordergrund stellen – oder ganz pragmatische Dinge besprechen?

Maurer: Ich glaube, es sind zu viele Interessen und Meinungen im Spiel, insbesondere, wenn es ums Tagesgeschäft geht. Ich halte es auch nicht für falsch, wenn man sich zunächst um die Visionen kümmert, um dann etwas Konkretes zu tun. Ein Beispiel: Die Diskussion in allen Foren dreht sich immer darum, wie es mit der Regulierung im heutigen Telekommunikationsnetz aussieht. Wie viel Geld darf die Telekom für die Teilnehmeranschlussleitung bekommen, und was hat das mit den Investitionsbedingungen der Wettbewerber zu tun? Das ist eine Diskussion, bei der es immer um das alte Netz geht.

Wir wissen aber, dass es dort keine neue Wertschöpfung gibt, es ist ausgereizt. Da wird zwar noch der eine oder andere ein paar Euro mit einem IPTV-Angebot verdienen, es wird aber mit dem alten Kommunikationsnetz keine neue Wertschöpfung geben. Sie sinkt im Gegenteil jedes Jahr um einige Milliarden Euro - bis 2020 um etwa 40 Prozent. Das heißt: Wir brauchen ein neues Netz. Das alte Netz ist egal. In Deutschland wird bis 2015 nach Erhebungen des Bundesverbandes Glasfaseranschluss aber nur eine Milliarde ins Glasfasernetz investiert. Das bedeutet, wir haben dann eine Penetration von 1,7 Millionen Haushalten, das sind immerhin fünf Prozent. In Japan gab es Ende 2009 jedoch schon 17 Millionen angeschlossen Haushalte, zehnmal so viel also, wie bei uns bis zum Jahr 2015 geplant sind.

Die grundsätzliche Frage lautet doch: Kann ein Standort, der in der Infrastruktur weit unten rangiert, noch wirtschaftlich bedeutend sein und bei der Verteilung von neuer Wertschöpfung mitspielen? In einer Zeit, in der alle Schlüsseltechnologien IT-getrieben sind. Die Antwort ist eindeutig: nein. Deswegen muss man ganz konkret einen Plan auf den Tisch legen, der aufzeigt, wie man in den kommenden Jahren in Deutschland eine Glasfaser-Penetration von 30 oder 50 Prozent hinbekommen kann, um dann zu diskutieren, wie man ihn umsetzt. Und nicht andersherum: Mal schauen, wie weit wir kommen, wenn wir diskutieren.