Gartner Symposium 2014

Das IoT kommt langsam, aber gewaltig

03.02.2015
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
In sechs Jahren werden 25 Milliarden dedizierter physischer Objekte über Embedded Technology im Internet miteinander verbunden sein und präzise Datenanalysen ermöglichen, so Gartner. Was heute vor allem die Fertigungsindustrie betrifft, interessiert morgen auch die Versicherungen.

Versicherungen? Was haben denn Versicherungen mit dem Internet of Things (IoT) zu tun? Geht es hier nicht vor allem um Connected Cars und Sensortechnik? Tatsächlich ist die installierte Basis in der Automotive-Branche beachtlich. Sie liegt bei 200 Millionen Einheiten. Aber damit tragen die Autobauer nur einen kleinen Teil zu den derzeit 3,7 Milliarden Dingen bei, die heute Daten an das Internet abgeben, damit daraus brauchbare Informationen werden.

Wie die Gartner-Analysten Steve Prentice und Jim Tully auf der diesjährigen "Symposium/ITxpo" berichteten, ist die Versorgungsbranche vor allem wegen der Smart-Metering-Initiativen mit 778 Millionen installierten Devices derzeit die IoT-affinste Branche, gefolgt vom Fertigungs- und Rohstoffbereich (526 Millionen).

Auf dem Gartner Symposium in Barcelona waren unter anderem vernetzte Autos zu bestaunen.
Auf dem Gartner Symposium in Barcelona waren unter anderem vernetzte Autos zu bestaunen.
Foto: Gartner

Auch die öffentliche Hand trägt zur Verbreitung der Technik bei: Sie beobachtet Daten von 434 Millionen sendenden Einheiten - beispielsweise Straßenlaternen oder auch intelligenten Mülltonnen, die ihrem Füllstand mitteilen. Die Stadt Philadelphia beispielsweise spare eine Million Dollar im Jahr, weil sie die Tonnen nicht mehr 17 Mal, sondern nur noch zwei- bis dreimal in der Woche leere.

Individuelle Tarife für Autofahrer?

Und was ist mit den Versicherungen? Die wären, so Tully, brennend daran interessiert, die Daten aus den Kraftfahrzeugen oder auch von den derzeit massenhaft getragenen "Activity Trackers" zu bekommen, damit sie aufgrund der individuellen Fahrweise und/oder des Lebenswandels ihrer Kunden die Risiken besser bestimmen - und eventuell feinabgestimmte Tarife definieren - können, anstatt mit Durchschnittswerten und unsicheren Annahmen operieren zu müssen.

Auch Informationen, aus denen sich mögliche Katastrophen herleiten lassen, wären für die Assekuranzbranche hilfreich. Sie sind teilweise auch schon verfügbar, beispielsweise die Wasserstände von Flüssen in Überschwemmungsgebieten.

Der Wert liegt im Prozess

IoT ist derzeit eines der heißesten Themen in der IT, kontantierte Tully: "Wir haben rund 100 Analysten auf dem Thema - obwohl die Umsetzung erst ganz am Anfang steht." Für 2020 rechnen die Marktbeobachter mit IoT-bezogenen Services im Wert von 263 Milliarden Dollar weltweit.

Dabei kommt der Wert, den die verbundenen Objekte schaffen, nicht aus den Daten selbst. "Der Wert liegt vielmehr in ihrer Interpretation", führte Prentice aus. Mithin also in dem Prozesse, der dahinter liegt.

Insofern sei auch das im Zusammenhang mit IoT häufig diskutierte Sicherheitsthema differenziert zu betrachten, mahnte der Gartner-Fellow: "Wer die Rohdaten abzieht, hat gar nichts davon." Deshalb sei es auch nicht nötig, die Daten am Objekt selbst zu verschlüsseln. Wichtiger sei es, den Netzverkehr zu sichern. Überdies würden viele der Daten überhaupt nicht im öffentlichen Internet übertragen, sondern in IP-basierenden Privatnetzen, was das Risiko minimiere.

Wem gehören die Daten?

Neben dem Sicherheitsthema wird im Zusammenhang mit IoT auch eine andere Frage häufig gestellt: Wem gehören eigentlich die erzeugten Daten? Wenn beispielsweise auf einer Baustelle die Kräne mit Windsensoren ausgerüstet sind, könnten der Hersteller der Sensoren, der Kranproduzent oder auch der Bauherr Ansprüche anmelden.

Noch kritischer ist der Fall bei den schon angesprochenen Fitness-Daten. Hier werden noch Heerscharen von Anwälten nötig sein, um im Einzelfall eine valide Antwort zu finden

Digitaler Fußball-Coach

In der Zwischenzeit finden immer mehr Consumer-Produkte den Weg ins Netz. Die beiden Analysten hatten eine ganze Reihe von bereits vernetzten Dingen des täglichen Gebrauchs mitgebracht. Dazu zählte ein von Adidas hergestellter Fußball, der die Art und Weise, wie er behandelt wird, auswertet und damit quasi als Coach fungiert. Und wie Tully beteuerte, seien seine wertvollen Orchideen schon einmal durch ein vernetztes Blumenüberwachungs-Gerät gerettet worden. (sh)